Befragung :Antisemitische Vorfälle an vielen Hochschulen
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Seit dem Überfall der Hamas auf Israel hat es an etwa 40 Prozent der Hochschulen in Deutschland antisemitische Vorfälle gegeben. Das geht aus einer neuen Befragung hervor.
Antisemitische Vorfälle gab es an vielen Hochschulen - wie hier an der TU München.
Quelle: picture alliance / SZ Photo
Viele Hochschulen in Deutschland berichten in einer aktuellen Studie von antisemitischen Vorfällen. Demnach gab es an 33 Prozent der Hochschulen gegen Juden gerichtete Graffiti, Aufkleber oder Plakate und an 10 Prozent antisemitische Parolen auf Demonstrationen. Vereinzelt kam es zu verbalen oder sogar körperlichen Angriffen auf jüdische Studierende oder zu verbalen Angriffen auf jüdische Lehrende.
Das geht aus einer in Berlin vorgestellten Studie der Universität Konstanz zu Antisemitismus an Hochschulen im Auftrag des Bundesforschungsministeriums hervor. Daran nahmen 94 von 271 Mitgliedshochschulen der Hochschulrektorenkonferenz teil. Zudem wurden im Dezember 2024 und Januar 2025 fast 1.900 Studierende an deutschen Hochschulen befragt.
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Özdemir: Antisemitismus nicht tolerieren
Antisemitische Vorfälle an deutschen Hochschulen haben seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 und der anschließenden militärischen Reaktion Israels immer wieder für Schlagzeilen gesorgt.
"Gerade auch an unseren Hochschulen muss klar sein: Antisemitismus und Israelfeindlichkeit dürfen hier nicht toleriert werden", sagte der geschäftsführende Bundesforschungsminister Cem Özdemir.
Jüdische Studierende und Lehrende müssen sich jederzeit an allen unseren Hochschulen sicher fühlen.
„
Cem Özdemir, geschäftsführender Forschungsminister
Diese Selbstverständlichkeit sei ein bleibender Auftrag.
Antisemitismus unter Studierenden weniger ausgeprägt als in Gesamtbevölkerung
Im Vergleich zu einer ersten Befragung im Dezember 2023 blieben antisemitische Einstellungen unter Studierenden nahezu unverändert. Mit einem Anteil von 6 Prozent seien sie weiterhin weniger stark verbreitet als in der Gesamtbevölkerung mit 20 Prozent. Bei israelbezogenem Antisemitismus fiel der Unterschied mit 7 gegenüber 10 Prozent kleiner aus.
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Wie schon in der ersten Erhebung zeige sich, dass antisemitische Haltungen auch mit muslimischer Religionszugehörigkeit und religiösem Fundamentalismus einhergingen, hieß es.
Bei einer unverändert großen Mehrheit der Studierenden (83 Prozent) wurden keine antisemitischen Tendenzen festgestellt. In dem Bericht heißt es dennoch:
Es ist weiterhin hohe Wachsamkeit angezeigt - insbesondere gegenüber israelbezogenem Antisemitismus.
„
aus dem Bericht
In absoluten Studierendenzahlen dominiere der linke Antisemitismus den rechten Antisemitismus an Hochschulen.
Israels Militäreinsatz deutlich kritischer bewertet
Um zu messen, wie sehr antisemitische Einstellungen verbreitet sind, wurden den Befragten Aussagen zur Ablehnung oder Zustimmung vorlegt, die in der Antisemitismusforschung zum Einsatz kommen, etwa: "Viele Juden versuchen, aus der Vergangenheit des Dritten Reiches heute ihren Vorteil zu ziehen" oder "Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben."
Unverändert sind rund 70 Prozent der Befragten der Ansicht, der Überfall der Hamas sei ein verabscheuungswürdiger Terrorakt gewesen. Deutlich kritischer wird inzwischen aber der israelische Militäreinsatz in Reaktion auf den Angriff gesehen. 65 Prozent stimmen jetzt der Aussage zu, dieser führe "vor allem zu unermesslichem Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung" (2024: 58 Prozent). Gestiegen ist laut Studie auch der Anteil derer, die einen über die militärische Zusammenarbeit hinausgehenden, breiteren Boykott Israels zumindest tendenziell unterstützen.
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