Konfliktforscher Zick: AfD-Verbotsdebatte ist "bitter notwendig"

Interview

Konfliktforscher im ZDF:Zick: AfD-Verbotsdebatte ist "bitter notwendig"

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Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch, sagt Konfliktforscher Andreas Zick im ZDF: "Wir unterschätzen das Gewaltpotenzial auch in der politischen Partei."

SGS Slomka Zick
Sehen Sie hier das Interview mit Konfliktforscher Andreas Zink in voller Länge.02.05.2025 | 6:02 min
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD nach mehrjähriger Prüfung in einem Gutachten als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die Diskussion über ein AfD-Verbotsverfahren nimmt damit wieder Fahrt auf.
Wie das Gutachten einzuordnen ist, und wie sich Extremismusforscher zu einem Verbotsverfahren positionieren, darauf hat Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick Antworten. Der Professor an der Universität Bielefeld beschäftigt sich seit Jahren mit Rechtsextremismus.
Sehen Sie oben das Gespräch im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
Im Interview mit dem ZDF heute journal betont Andreas Zick, dass ...

... vieles geprüft wird, bevor die Einstufung vorgenommen wird

Zick erklärt, dass der Verfassungsschutz zunächst prüfe, ob eine Partei eine Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstelle.
Dabei sei besonders wichtig, ob die Menschenwürde geachtet werde, ob rassistische Tendenzen oder Kampagnen vorhanden seien und inwiefern die demokratische Grundordnung anerkannt werde.
Auch die Akzeptanz des staatlichen Gewaltmonopols sowie mögliche Verbindungen zum Nationalsozialismus würden als zentrale Kriterien herangezogen.

Andreas Zick
Quelle: ZDF

... ist ein deutscher Sozialpsychologe. Er ist Professor für Sozialisation und Konfliktforschung und leitet seit April 2013 das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld.

In manchen Fällen sei deutlich erkennbar, dass rechtsextreme Gruppierungen gezielt daran arbeiteten, das demokratische System durch ein nationalsozialistisches zu ersetzen, so Zick.
Sarah Tacke im Gespräch mit Tino Chrupalla
Die AfD sei als größte Oppositionspartei von einer Behörde als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden, ohne dass Belege und Beweise vorgelegt wurden, die das begründen würden, so der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. 02.05.2025 | 4:25 min

... die Diskussion über ein Verbotsverfahren nötig ist

Mit Blick auf ein mögliches Parteiverbot verweist Zick auf unterschiedliche Positionen in der Wissenschaft. Manche Forscher warnten davor, dass ein Verbot zur Bildung neuer, möglicherweise noch radikalerer Strukturen führen könne.
Dennoch betont er: "Die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist zu schützen – da ist sich die Forschung einig." Ein Verbotsverfahren könne ein Signal setzen und der Gesellschaft verdeutlichen, dass rechtsextreme Positionen mit demokratischen Grundwerten nicht vereinbar seien.
Auch wenn ein solches Verfahren rechtlich anspruchsvoll sei und viele Hürden aufweise, sei die Diskussion darüber "bitter notwendig".
Zimmermann aus Berlin
Was bedeutet die neue Einstufung der AfD faktisch – und was politisch? ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann ordnet die Bewertung des Verfassungsschutzes und ihre möglichen Folgen ein.02.05.2025 | 1:52 min

... die Zahl der Opfer politisch motivierter Gewalt gestiegen ist

Mit Blick auf die Rolle von Gewalt betont der Konfliktforscher, dass diese nicht erst bei körperlichen Übergriffen beginne, sondern schon bei Hasskampagnen und Verleumdungen. Aus der Forschung wisse man, dass solche aggressiven Kampagnen reale Schäden bei den Betroffenen verursachten. Er warnt eindringlich:

Wir unterschätzen das Gewaltpotenzial auch in der politischen Partei.

Andreas Zick, Konfliktforscher

Die Zahl der Opfer politisch motivierter Gewalt sei gestiegen.

... der Begriff "rechtsextrem" weniger abschreckt

Die gesellschaftliche Reaktion auf den Begriff "rechtsextrem" habe sich verändert. Studien belegten, dass eine Mehrheit der AfD-Sympathisanten sich durch diese Kategorisierung nicht gestört fühle.
SGS Tacke Wehrmann
Mit der Einstufung der AfD habe der Verfassungsschutz "ganz laut gewarnt", sagt ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke. Entscheidend sei jetzt, was mit dieser Warnung gemacht werde.03.05.2025 | 2:16 min
Zick sieht darin einen Ausdruck der Normalisierung von rechtsextremen Positionen – sowohl innerhalb der Partei als auch in der Gesellschaft. Besonders kritisch betrachtet er dabei die Verharmlosung des Nationalsozialismus.

Wir haben ja von der Parteivorsitzenden gehört, Adolf Hitler sei eigentlich ein Linker.

Andreas Zick, Konfliktforscher

Das sei ein Aspekt der Verharmlosung, eine "Verkehrung von Tätern und Opfern" – ein Phänomen, das nicht nur an extremen Rändern, sondern auch in der gesellschaftlichen Mitte zunehme.
Das Interview führte Moderatorin Marietta Slomka, zusammengefasst hat es Katharina Schuster.

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Quelle: dpa

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