Gewählt von Stadtrat Gelsenkirchen:"Desaster" für Kommunalpolitik: AfD-Mann wird 2. Bürgermeister
von Thomas Münten
AfD-Fraktionschef Norbert Emmerich wird überraschend zum Vize-Bürgermeister von Gelsenkirchen gewählt. Die CDU spricht von einem politischen Desaster, die SPD schweigt.
Der AfD-Politiker Norbert Emmerich wurde mit der Unterstützung aus anderen Fraktionen ins Amt des Vizebürgermeisters gewählt. Fällt die Brandmauer, ausgerechnet im traditionell roten Ruhrgebiet?
11.12.2025 | 1:31 minNach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Bürgermeisterwahlen gestern im Gelsenkirchener Stadtrat herrscht erst einmal: Stille. Oberbürgermeisterin Andrea Henze (SPD) blickt neutral in die Runde. Gerade ist AfD-Fraktionschef Norbert Emmerich völlig überraschend zum 2. Bürgermeister gewählt worden - dank dreier zusätzlicher Stimmen aus anderen Fraktionen im Stadtrat.
Elf andere Parteien sitzen mit der AfD im Gelsenkirchener Parlament, welche Ratsmitglieder für Emmerich stimmten, wird wohl nie bekannt werden. Bekannt aber: Eigentlich war im Vorfeld zwischen den beiden "großen" Parteien SPD und CDU ein Personalvorschlag abgesprochen worden, um genau das zu verhindern - alles Makulatur.
Die AfD hat im ZDF-Politbarometer ihren bisher höchsten Wert erreicht - und die nächsten Wahlen stehen bevor. Was das aktuelle Stimmungsbild aussagt, analysiert ZDFheute live.
05.09.2025 | 30:51 minCDU spricht von "Desaster" nach Stadtratswahl
Nach der Wahl reagierten Vertreter von CDU und SPD mit harscher Kritik. CDU-Fraktionsvorsitzende Sascha Kurth sagte dem WDR:
Wir haben eben aus Sicht der CDU ein Desaster erlebt.
Sascha Kurth, CDU-Fraktionsvorsitzende
Die drei Mitglieder des Stadtrats, die zusätzlich für den AfD-Kandidaten gestimmt hätten, hätten damit "die politische Arbeit für die nächsten Jahre schwer beschädigt".
Bei der Generaldebatte im Bundestag wurden Themen wie der Rentenstreit und Frieden in der Ukraine heftig diskutiert. Vor allem die AfD übte scharfe Kritik am Regierungskurs.
26.11.2025 | 1:59 minGemischte Stimmen aus Bevölkerung
Auf der Straße dagegen ist das Echo heute Morgen weit weniger dramatisch. Einige sind schockiert, aber es gibt auch immer wieder Stimmen, die sagen, das die AfD für sie die einzige Wahl sei, "damit sich mal was ändert!".
Norbert Emmerich hat heute die Arbeit schon aufgenommen: Sitzung des Ältestenrates, der 72-jährige ehemalige Bankkaufmann war pünktlich, der Umgang mit der Oberbürgermeisterin "sachlich und freundlich". Gestern Abend aber, da hat es ihn geschmerzt: Zwar bekam er seinen obligatorischen Blumenstrauß, aber zuvor hatten viele Ratsmitglieder demonstrativ den Raum verlassen.
Es gab immer wieder die Aufrufe, nicht mit uns zu reden, uns nicht die Hand zu geben und daran haben sich leider auch viele gehalten.
Norbert Emmerich (AfD), 2. Bürgermeister von Gelsenkirchen
Und hofft, dass sich das jetzt ändert.
Die AfD sei eine Art Fieberthermometer der Gesellschaft, sagt Manuel Hagel, Parteichef der CDU in Baden-Württemberg. Man müsse die Probleme angehen, die die AfD stark machten.
20.10.2025 | 6:42 minEmmerich wirkt jovial, träumt aber von 80 Prozent
Der Mann wirkt wie ein intelligenter Opa aus der Fernsehwerbung, der Ruhrpott-Dialekt tut sein Übriges. Doch auf die Frage wie er alle Gelsenkirchener repräsentieren möchte, rutscht es doch heraus:
Die Menschen wollen eine andere Stadt wieder haben, die wieder freundlicher ist, in der man sich wohlfühlt. Ich denke und wenn wir mal 80 Prozent der Menschen erreichen mit unseren Möglichkeiten, dann werden wir die anderen 20 Prozent auch noch bekommen.
Norbert Emmerich, AfD-Fraktionschef
Leicht verschwurbelt, aber doch - demokratisch schwierig.
Mit der AfD reden, darf die Wirtschaft das? Unsere Hauptstadtkorrespondentin Christiane Hübscher hat mit allen gesprochen: der AfD, den anderen Parteien und Wirtschaftsexperten. Hier die Analyse.
28.11.2025 | 10:02 minHauptsächlich repräsentative Aufgaben
Ein Vize-Bürgermeister macht Geburtstagsbesuche, hält Grußworte und eröffnet irgendetwas. Das Emmerich Oberbürgermeisterin Andrea Henze wirklich mal "vertreten" muss, ist eher unwahrscheinlich. Trotzdem will sich die SPD-Frau nicht zum Thema äußern. "Termingründe" lässt sie dem Kamerateam erklären, das vor ihrem Amtszimmer um ein kurzes Statement bittet. Souveränität ist das vom Souverän eher nicht.
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