Interview
Zwischenbilanz der COP29:Klimakonferenz: Trump ist nicht das Problem
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Die Stimmung ist nicht hoffnungsvoll zur Halbzeit der Klimakonferenz in Baku. Das Hauptproblem ist allerdings nicht die Wahl Trumps, der beharrlich den Klimawandel leugnet.
Zwei lange Reihen von Protestierenden sitzen summend vor dem Plenarsaal. Sprechen dürfen sie auf dieser Demo nicht, es sind die strengen Regeln des Protests auf einer UN-Konferenz. Doch draußen im autoritären Baku zu demonstrieren wäre komplett undenkbar.
Es ist eine Klimakonferenz unter schwierigen Voraussetzungen, nicht nur weil sie im illiberalen Petro-Staat Aserbaidschan stattfindet. Die Weltlage ist düster, die Wahl des Klimawandelleugners Donald Trump hat die Situation nicht einfacher gemacht.
Klimakonferenz unter Trumps Schatten
Trumps Schatten und seine Drohungen, nicht nur aus dem Pariser Klimaabkommen, sondern sogar aus der UN-Klimarahmenkonvention auszusteigen, hängen zwar über der Konferenz. Auf die Wahl Trumps haben sich aber die meisten hier vorbereitet.
Bisher hat Donald Trumps Wahlerfolg wenig Auswirkungen auf die Verhandlungen.
Andreas Sieber, Klimaschutzorganisation 350.org
Im Gegenteil, fortschrittliche Allianzen für den Klimaschutz würden an Stärke und Mitgliedern gewinnen, so Sieber.
Die Klimapolitik von Trump werde in den nächsten Jahren zur globalen Erderwärmung beitragen. Allerdings bliebe dieser Beitrag auf zusätzliche 0,04 Grad begrenzt, wenn sich seine Politik nicht massiv auf andere Länder auswirke, so die neue Analyse des Climate Action Trackers.
Die Erneuerbaren würden auch in den USA in den meisten Fällen die günstigste Energiequelle bleiben und sich durchsetzen, äußerte sich Abby Hopper vom US-Solarverband gegenüber ZDFheute optimistisch.
Auch Wissenschaftler wie Niklas Höhne vom New Climate Institute gehen davon aus, dass der jüngste Fall der Kosten der Erneuerbaren zu sinkenden Emissionen weltweit führen werde. Bisher steigen die Emissionen aber noch und die Welt laufe auch mit Klimazielen auf einen Temperaturanstieg von 2,7 Grad zu.
Frustration bei großem Streitpunkt
Wirklich schwierig sieht es auch beim Hauptziel dieser Konferenz aus: Die Verhandlungen über ein neues Finanzierungsziel für weltweiten Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel sowie die Bezahlung von Klimaschäden und Verlusten liefen bereits in der ersten Woche bis in die Abendstunden und machten keine Fortschritte.
Der Globale Süden, also die oftmals hoch verschuldeten Entwicklungsländer, fordern Unterstützung vom globalen Norden, also den reicheren Industrieländern, die die Klimakrise befeuert haben. Historisch am meisten Emissionen ausgestoßen haben die USA, China und Russland sowie auf Platz vier Deutschland.
Summe von einer Billion US-Dollar steht im Raum
Mindestens eine Billion US-Dollar, so hoch wird der Bedarf des Globalen Südens geschätzt. Die Industrieländer argumentieren, das Geld sei nicht allein aus öffentlichen Kassen zu stemmen und wollen die Bedingungen verbessern, sodass mehr Geld der Privatwirtschaft in den Klimaschutz weltweit fließt.
Auch die globalen Entwicklungsbanken, wie etwa die Weltbank, sollen mehr Klimageld zahlen. Im Raum stehen auch weitere Ideen, wie etwa eine globale Steuer für klimaschädliche Ausgaben von Superreichen, eine Steuer auf die internationale Schifffahrt oder auf die milliardenschweren Gewinne der Ölindustrie.
Weltweit summieren sich direkte und indirekte umweltschädliche Subventionen aus Steuergeld laut Weltbank aktuell auf sieben Billionen US-Dollar. Bereits im Abschlusstext der vergangenen Klimakonferenz in Dubai steht, dass diese Subventionen abgebaut werden sollen. Entscheiden können dies aber nur die Länder selbst.
Baku schaut nach Brasilien
Aus Baku wird auch auf den anstehenden G20-Gipfel in Brasilien geschaut. "Fortschritte bei der Klimafinanzierung außerhalb unseres Prozesses sind ebenso wichtig", sagt etwa der Leiter des UN-Klimasekretariat Simon Stiell. "Die Rolle der G20 ist von entscheidender Bedeutung." Gerade die Reform der Entwicklungsbanken, aber auch Schuldenschnitte für ärmere Länder, die gar keine Mittel mehr für Klimainvestitionen haben, sollten dort vorangebracht werden, fordert Stiell.
Brasilien wird gleichzeitig der Gastgeber der kommenden Klimakonferenz 2025, auf der große Hoffnungen liegen. Obwohl Brasilien selbst ein öl-exportierendes Land ist, strebt der aktuelle Präsident Lula da Silva auch öffentlichkeitswirksam Fortschritte beim Klimaschutz und beim Stopp der Entwaldung des Amazonas an - auch in seinem neu bei der UN eingereichten Klimaziel.
Durchbruch bei CO2-Kompensation?
Eine kleine Entscheidung gab es bereits am Anfang der Konferenz. Der sogenannte Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens wurde weiter ausformuliert. In diesem stehen Regeln für CO2-Kompensationen, etwa durch Aufforstungsprojekte in Entwicklungsländern. Doch die Entscheidung wird kritisch gesehen, auch weil ausreichende Debatten auf dieser Konferenz fehlten. Sind die Regeln zu lasch, droht Greenwashing. Aus der Vergangenheit sind zahlreiche Fälle von Schwindel mit CO2-Zertifikaten bekannt.
Martin Kaiser, Vorstand von Greenpeace Deutschland, nennt dieses Teil-Ergebnis der COP daher völlig unzureichend: "Falsche Lösungen tragen nicht zur eigentlichen Aufgabe bei: Die Emissionen müssen sinken, nur so haben wir eine Chance, die längst tödlichen Folgen der Klimakrise einzudämmen."
Um den Einfluss der verschiedenen Gastgeberländer etwas gleichmäßiger zu verteilen, wird die Klimakonferenz jedes Jahr in einer anderen Weltregion ausgetragen. Dieses Jahr sind die Länder der früheren Sowjetunion an der Reihe. EU-Länder als Austragungsort waren für Russland keine Option, Russland und Belarus wiederum für die EU-Länder nicht. Gegen den Bewerber Aserbaidschan gab es kein Veto.
Elisa Miebach ist Reporterin der ZDF-Umweltredaktion.
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