Drei Jahre hat es gedauert - nun steht ein historischer Pandemievertrag der WHO-Mitgliedstaaten. Er soll die Welt besser auf den Kampf gegen neue Krankheitserreger vorbereiten.
Die WHO-Mitgliedsstaaten haben ein internationales Pandemieabkommen beschlossen. Es soll für schnellere Reaktionen bei künftigen Gesundheitskrisen sorgen.21.05.2025 | 2:30 min
Fünf Jahre nach dem Corona-Ausbruch haben die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf ihrem Jahrestreffen einem historischen Abkommen zugestimmt, mit dem sie sich besser auf künftige Pandemien vorbereiten wollen.
Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, zeigte sich erfreut über den lange erwarteten Schritt. Man könne zwar niemals genug vorbereitet sein, sagte er heute in Genf. "Aber mit diesem Abkommen sind wir besser auf eine Pandemie vorbereitet als jede andere Generation vor uns in der Geschichte der Menschheit." Auch die deutsche Gesundheitsministerin Nina Warken lobte das Abkommen: "Gesundheit macht nicht Halt an Ländergrenzen."
Die Coronapandemie hat viele Schwächen im weltweiten Krisenmanagement offengelegt. Was sich durch das neue Abkommen ändern soll – und welche Fragen offen bleiben.21.05.2025 | 7:00 min
Gesundheitssysteme nicht auf Corona-Pandemie vorbereitet
Im Zusammenhang mit dem Coronavirus starben nach Angaben der UN-Organisation weltweit mindestens sieben Millionen Menschen. Gegenmaßnahmen wie Lockdowns und Reisebeschränkungen brachten schwere wirtschaftliche Schäden mit sich. Auch die Gesundheitssysteme waren nicht auf die Pandemie vorbereitet: So behinderte lange ein Mangel an Impfstoff den Kampf gegen das Coronavirus.
Das jetzt beschlossene Abkommen soll dafür sorgen, dass Informationen schneller geteilt werden und man so auf gesundheitliche Bedrohungen schneller und gezielter reagieren kann.
Mit einem Abkommen der WHO soll die Menschheit die nächste Pandemie besser bewältigen können. Das Grafikvideo erklärt die zentralen Punkte.19.05.2025 | 1:15 min
So ist das Abkommen auch für das erst vor wenigen Jahren neu gegründete WHO-Zentrum für Pandemie- und Epidemieaufklärung in Berlin von großer Bedeutung. Experten aus aller Welt aus Forschung, Entwicklung und Praxis arbeiten hier gemeinsam an neuen Instrumenten zur Pandemiebekämpfung.
Unsichtbare Viren lauern überall. Mit modernster Datenanalyse bereiten sich Experten darauf vor, neue Ausbrüche früh zu erkennen und eine schnelle Ausbreitung zu verhindern.20.05.2025 | 5:28 min
WHO: Sind gespannt auf Wirkung von Pandemie-Abkommen
Sara Hersey, Direktorin für Collaborative Intelligence bei der WHO, freut sich: "Wir sind sehr gespannt auf die Wirkung, die das Abkommen auf den Zugang und den internationalen Austausch von Daten haben wird", erklärte sie Mitte Mai in Berlin.
Bisher gibt es keine festen Strukturen, die das zwischen den Ländern ermöglichen.
Lehren aus der Corona-Krise: Die WHO will mehr internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen künftige Pandemien. Worauf sich die Mitgliedstaaten geeinigt haben - ein Überblick.
FAQ
USA nicht beteiligt - Trump steigt aus WHO aus
Allerdings hat das Abkommen schon jetzt einen Schwachpunkt: Die USA sind nicht dabei - Präsident Donald Trump hatte nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus den Rückzug seines Landes aus der WHO erklärt - er wird im Januar 2026 wirksam. Das wird vor allem für die Verfügbarkeit von Medikamenten zum Problem, erklärt Michael Stolpe vom Kiel Institut für Weltwirtschaft:
Heute schon ist es so, dass 50 Prozent aller patentgeschützten Pharmaka in den USA hergestellt werden.
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Michael Stolpe, Kiel Institut für Weltwirtschaft
Stolpe weiter: "Wenn jetzt die USA bei diesem Pandemie-Abkommen nicht dabei sind, ist dann das Ziel dieses Pandemie-Abkommens, bis zu 20 Prozent der neuen Impfstoffe der WHO zur Verteilung in Ländern mit niedrigem Einkommen zur Verfügung zu stellen, natürlich nicht mehr allzu relevant".
Fünf Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie wird über die Maßnahmen diskutiert. Viele fordern eine Aufarbeitung. ZDFheute live zu den Lehren für Politik und Wissenschaft.19.03.2025 | 31:43 min
Pandemie-Abkommen "eher ein Ausdruck des Willens"
Die Anordnung für Lockdowns, Reisebeschränkungen oder Impfungen liegen außerdem weiterhin bei den Ländern - die WHO kann weder Maßnahmen anweisen noch sanktionieren.
Was soll mit dem Pandemievertrag anders werden?
In dem Abkommen werden alle WHO-Mitgliedstaaten aufgerufen, ihre Kapazitäten zur Prävention und Kontrolle von Pandemien auszubauen.
Dazu zählt, Infektionskrankheiten und deren Wiederauftreten systematisch zu überwachen, Maßnahmen zur Früherkennung und Begrenzung von Krankheiten zu stärken, Impfkampagnen auszuweiten und biologische Risiken aus Laboren strikt zu kontrollieren.
Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf möglichen Übertragungswegen von Krankheiten zwischen Tieren und Menschen liegen.
Eine gerechtere geografische Verteilung von medizinischen Produkten ist ein weiteres Anliegen des Abkommens. Deshalb soll die weltweite Produktion von pandemiebezogenen Gesundheitsprodukten insgesamt gesteigert und lokaler werden.
Durch den Ausbau weltweiter Produktionskapazitäten, etwa von Impfstoffen, Medikamenten und Tests, könnte in einem pandemiebedingten Notfall die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage geschlossen werden.
Gesundheitspersonal soll weltweit zuerst versorgt werden.
Pharmafirmen sollen ihr Know-how teilen, damit auch in anderen Ländern Medikamente und Impfstoffe produziert werden können.
Einige Länder - vor allem Produzenten dieser Produkte - lehnten zunächst jede Verpflichtung zur Weitergabe von Wissen und Technologien ab. Die Differenzen konnten jedoch überwunden werden, indem hinzugefügt wurde, dass jeglicher Technologietransfer "in beidseitigem Einverständnis" erfolgen müsse.
DNA-Sequenzen von Pathogenen - also etwa Viren, Bakterien oder anderen Mikroorganismen - sollen für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen frei zur Verfügung gestellt werden.
Im Gegenzug sollen Impfstofffirmen der WHO zehn Prozent ihrer Produktion zur Verteilung in ärmeren Ländern spenden und weitere zehn Prozent zu günstigen Preisen abgeben - das sogenannte Pabs-System. Quelle: AFP, dpa
Das Abkommen sei daher "eher ein Ausdruck des Willens, eine Absichtserklärung", so Stolpe. Die Verbindlichkeit sei stark eingeschränkt durch die Formulierung, dass die Maßnahmen "im Rahmen der nationalen Gesetze" umgesetzt werden sollen.
Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie fordert Bundespräsident Steinmeier eine Aufarbeitung der Maßnahmen. Dazu traf er heute Betroffene im Schloss Bellevue.14.03.2025 | 1:45 min
Mindestens 60 Länderparlamente müssen dem Vertrag außerdem jetzt noch zustimmen - und das könnte noch einige Monate oder sogar Jahre dauern.