GPS-Störung bei Von-der-Leyen-Flug: Steckt Russland dahinter?

Bulgarien beschuldigt Russland:Von der Leyens Flugzeug Ziel von GPS-Störung

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Bei einem Flug nach Bulgarien wurde das Flugzeug von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ziel einer GPS-Störung - mutmaßlich aus Russland. Ähnliche Vorfälle häufen sich.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Litauen

Das Flugzeug der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wurde auf dem Weg nach Bulgarien Ziel einer GPS-Störung. Bulgarische Behörden vermuten einen Angriff aus Russland.

01.09.2025 | 1:42 min

Ein Flugzeug mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an Bord ist am Sonntag vor der Landung in Bulgarien von einer GPS-Störung mutmaßlich russischen Ursprungs betroffen gewesen. Am Montag bestätigte die Behörde in Brüssel einen Vorfall:

Wir können tatsächlich bestätigen, dass es GPS-Störungen gegeben hat.

Sprecherin der EU-Kommission

Bulgarische Behörden hätten die Vermutung geäußert, dass die Störung "auf eine unverhohlene Einmischung Russlands zurückzuführen ist", fügte Kommissionssprecherin Arianna Podesta hinzu. Schäden hat der Vorfall keine verursacht, die Flugroute habe nicht angepasst werden müssen. Die EU sei "an die Drohungen und Einschüchterungen gewöhnt, die regelmäßig Bestandteil des feindseligen Verhaltens Russlands" seien, sagte Podesta.

Wladimir Putins Kopf vor einem Flugzeug.

Eine Maschine mit Ursula von der Leyen an Bord ist Ziel eines Störangriffs auf das GPS-System geworden. Wer steckt dahinter? Luftfahrtexperte Großbongardt bei ZDFheute live.

01.09.2025 | 7:20 min

War die GPS-Störung ein gezielter Angriff?

Obwohl die EU Russland verantwortlich macht, gibt es bislang keine Klarheit, ob es sich um eine gezielte Attacke auf den Flug der Kommissionspräsidentin oder eine zufällige Beeinträchtigung handelte.

Links sieht man die direkte Flugroute von Warschau nach Plowdiw, rechts im Vergleich dagegen die Flugschleifen, die die Maschine um Plodwiw geflogen ist.

Links sieht man die direkte Flugroute von Warschau nach Plowdiw, rechts im Vergleich dagegen die Flugschleifen, die die Maschine um Plodwiw geflogen ist.

Quelle: ZDF und flightradar24

Im Ukraine-Krieg aber auch in anderen Konflikten weltweit werden Kommunikations- und Funk-Systeme oft großflächig gestört, um gegnerische Operationen zu erschweren. Auch viele Waffensysteme greifen auf GPS zurück. Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sieht den Vorfall als Teil einer hybriden Kriegsführung Russlands.

In diesem Bereich im westlichen Schwarzen Meer - und insbesondere in diesem Fall war das eine ziemlich gezielte Attacke.

Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte

ZDF-Korrespondent Andreas Stamm berichtet aus Brüssel.

Die Fraktionschefs von Union und SPD, Jens Spahn und Matthias Miersch, sind in die Ukraine gereist. Währenddessen plane auch die EU-Kommission weitere Unterstützung, berichtet Andreas Stamm.

01.09.2025 | 1:26 min

Ist so eine GPS-Störung gefährlich für Flugzeuge?

Für sich genommen ist eine Störung der GPS-Navigationsgeräte an Bord nicht automatisch gefährlich. "Piloten wissen inzwischen damit umzugehen. Sie merken, wenn eine falsche Position angezeigt wird. Sie kennen inzwischen auch die Bereiche, in denen es kritisch ist", erklärte Großbongardt bei ZDFheute live. Man schalte dann auf die Navigationssysteme um, mit denen man vor zehn Jahren noch standardmäßig geflogen sei, erklärt Großbongardt. Etwa auf bodengestützte Systeme wie Ultrakurzwellen-Funkfeuer oder die bordeigene Trägheitsnavigation.

Piloten sind geschult, alles auch von Hand fliegen zu können.

Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte

Gefährlich könne es dann werden, wenn ein Flugzeug zusätzlich weitere technische Schwierigkeiten hat, die die Besatzung beanspruchen, so Großbongardt. Zum Beispiel ein Feuer oder einen größeren Systemausfall an Bord zu bearbeiten – "und dann kommt so etwas dazu. Dann könnte das durchaus gefährlich werden."

Für die kommerzielle Luftfahrt in Europa ist diese zunehmende Beeinträchtigung von GPS-Systemen ein Ärgernis im täglichen Betrieb. Vor allem bei großflächigen Störungen auf stark frequentierten Verbindungen oder nahe großer Flughäfen kann schnell Chaos entstehen, das zu Verzögerungen führt.

Putin ist auf einem Bild mit Bahngleisen eingefügt.. Ein Fadenkreuz rahmt das Bild ein.

Drei Ukrainer wurden festgenommen, die offenbar für den Kreml Anschläge auf Gütertransporte verüben sollten. Wie Putin Wegwerfagenten einsetzt, analysiert ZDFheute live.

14.05.2025 | 16:12 min

Warum ist eine Verantwortung Russlands wahrscheinlich?

"Wir beobachten diese Vorfälle seit Beginn des Ukraine-Krieges im Baltikum, aber auch ganz stark im westlichen Schwarzen Meer", sagt Großbongardt. Außer Russland gebe es niemanden in diesem Bereich, der über die Fähigkeiten verfüge und für den es einen Nutzen hätte.

"Das funktioniert über große Entfernungen. Das Bittere ist, dass man den Störsender in der Regel nicht lokalisieren kann. Das ist in diesem Fall womöglich ein Schiff im Schwarzen Meer gewesen", so der Experte. Auch in der Ostsee und im Bereich Kaliningrad habe man schon Sender verorten können. Auch die Schifffahrt auf der Ostsee ist davon betroffen.

Es gibt dabei verschiedene Methoden der GPS-Störung - um welche es sich hier handelte, ist bislang nicht öffentlich bekannt. Beim sogenannten Jamming wird das Signal unterdrückt, beim sogenannten Spoofing wird hingegen eine falsche Position vorgegeben. Ein Signal zu jammen funktioniert üblicherweise so, dass ein anderes, sehr viel stärkeres Signal eingesetzt wird, um die ursprüngliche Kommunikation zu überlagern.

"Spoofing ist das sehr viel gefährlichere", betont Experte Heinrich Großbongardt - das sei auch deutlich komplizierter. "Aber auch das gibt es seit Ausbruch des Ukraine-Krieges und auch im Mittleren Osten inzwischen täglich."


Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA warnt die Luftfahrt offiziell vor zunehmenden Gefahren durch GPS-Störungen in Folge des Ukraine-Krieges. Im März war etwa der britische Verteidigungsminister Grant Shapps bei einem Flug von einem vergleichbaren Vorfall betroffen.

In einer ersten Stellungnahme wies Kreml-Sprecher Dmitri Peskow eine Verantwortung Moskaus für den Vorfall zurück. "Ihre Informationen sind falsch", sagte Peskow gegenüber der britischen Zeitung "Financial Times", die zuerst über das Ereignis berichtete.

Sicherheitsexperte Hans-Jakob Schindler.

Seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine sei dann auch die russische Spionage mit Drohnen in Deutschland häufiger geworden, erklärt Sicherheitsexperte Schindler.

30.08.2025 | 14:59 min

Wo ereignete sich der Vorfall?

Die Kommissionspräsidentin schließt am Montag eine mehrtägige Reise durch sieben EU-Staaten ab, die an Russland oder Belarus grenzen. Damit wolle sie den Mitgliedsländern "die uneingeschränkte Solidarität der EU" bekunden. Von der Leyen begann ihre Reise am Freitag in Lettland und besucht zum Abschluss am Montag Litauen und Rumänien.

Das Flugzeug mit von der Leyen an Bord war unterwegs zum bulgarischen Flughafen Plowdiw, rund 130 Kilometer westlich von der Hauptstadt Sofia. Das Flugzeug konnte dort sicher landen. Der "Financial Times" zufolge mussten die Piloten beim Anflug auf Papierkarten zurückgreifen.

Immer mehr Störungen im Luftraum
:Russland greift offenbar das GPS-System an

Russland betreibt offenbar GPS-Störsender und gefährdet damit die Luftfahrt. Baltische Politiker warnen vor einer Katastrophe. Auch in Deutschland sind die Auswirkungen zu spüren.
von Oliver Klein
Airbus A340-300 von Finnair
mit Video
Quelle: Reuters, dpa, ZDF

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