GPS-Störung: Wirrwarr um Von-der-Leyen-Flug - war Russland schuld?

Analyse

War Russland schuld?:GPS-Störung: Wirrwarr um Von-der-Leyen-Flug

Andreas Stamm, Baku
von Andreas Stamm
|

Eine Politikerin auf Reisen, eine Störung und eine Story, die die Runde macht: Wurde die Maschine der EU-Kommissionspräsidentin Opfer einer gezielten Störattacke - oder doch nicht?

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, spricht während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda in der Grenzschutzschule nahe der litauisch-weißrussischen Grenze, in der Nähe des Dorfes Medininkai, östlich der Hauptstadt Vilnius, Litauen, am Montag, 1. September 2025.

Nach der GPS-Störung während eines Flugs von Ursula von der Leyen wird der Vorfall nicht weiter untersucht. (Archivbild)

Quelle: AP

31. August, ein Routineflug, der zum internationalen Politikum wird: Kurz vor der Landung im bulgarischen Plowdiw melden die Piloten einen Ausfall des GPS-Signals. Nahe zur Ukraine und Russland. An Bord: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Relativ schnell steht ein Verdacht im Raum - war es ein Sabotageakt Russlands? Vieles deutet erstmal darauf hin, doch es mehren sich Zweifel.

Widersprüchliche Darstellungen

Am Tag danach berichteten internationale Medien, die Maschine habe rund eine Stunde über Plowdiw kreisen müssen und sei schließlich mit "Papierkarten" gelandet. Die Angabe bezieht sich auf den Bericht eines im Flugzeug mitreisenden Journalisten der "Financial Times". Diese Darstellung wurde vielfach aufgegriffen - auch von ZDFheute.

Weltweit entstanden Schlagzeilen, in denen teils das Bild von dramatischen Umständen gezeichnet wird.

Kurz darauf widersprachen allerdings Flugtrackingdienste. Laut ihren Daten verlief der Flug im vorgesehenen Zeitrahmen von rund 1 Stunde und 57 Minuten mit nur leichter Verspätung. Auch die Transpondersignale hätten durchgehend gute Qualität gemeldet, was auf eine weniger gravierende Beeinträchtigung schließen lässt. Fachleute wiesen zudem darauf hin, dass moderne Flugzeuge grundsätzlich jederzeit über redundante Navigationsmethoden verfügen. Für eine sichere Landung sei man nicht auf Papierkarten angewiesen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Litauen

Stand vom 1. September: Das Flugzeug der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte auf dem Weg nach Bulgarien eine GPS-Störung. Bulgarische Behörden vermuteten einen Angriff aus Russland.

01.09.2025 | 1:42 min

Russland als Verursacher von GPS-Ausfall ins Spiel gebracht

Die EU-Kommission brachte noch am selben Tag die Möglichkeit ins Spiel, dass Russland hinter dem GPS-Ausfall stehen könnte. Eine Sprecherin bezog sich dabei aber ausschließlich auf die Aussagen der bulgarischen Behörden, dies seien deren erste Erkenntnisse.

Was ins große Bild zu passen scheint: Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mehren sich Berichte über gezielte Störmanöver gegen Satellitennavigation in Osteuropa und im Ostseeraum.

GPS-Jamming - also das Überlagern des Signals durch starke Funkwellen - kann den Empfang empfindlich stören oder gar völlig lahmlegen. Im EU-Kontext werde deshalb schon länger geprüft, wie man sich besser gegen solche Angriffe wappnen könne, ergänzt die EU-Sprecherin.

Vorfall wird nicht untersucht

Moskau wies die Vorwürfe umgehend zurück. Sprach von "westlicher Paranoia" und einer "künstlichen Skandalisierung". 24 Stunden später ruderte auch Bulgarien zurück. Ministerpräsident Rossen Scheljaskow erklärte, dass es sich wohl eher nicht um eine gezielte Störung seitens Russland gehandelt haben könnte. Und bezeichnete den Vorfall als Routinestörung, die mit den breiteren Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zusammenhängt.

"Es besteht keine Notwendigkeit, die Situation zu untersuchen", so Scheljaskow, "denn diese Störungen sind weder hybride noch Cyberbedrohungen". Solche Störungen seien seit Beginn des Ukraine-Kriegs an der Tagesordnung.

Leider ist dies eine der nebensächlichen - aber nicht unbedeutenden - Folgen solcher Konflikte.

Rossen Scheljaskow, Ministerpräsident Bulgariens

Auch die EU-Kommission bestätigte, dass der Vorfall nicht weiter untersucht werde. Man selbst habe, so eine Sprecherin nochmal zwei Tage später, zu keinem Zeitpunkt Russland direkt beschuldigt.

Der Vorfall zeigt, wie schnell sich ein erstmal technisches Problem in eine politisch aufgeladene Erzählung verwandeln kann. Es wirkt ein wenig wie stille Post in heiklen Zeiten.

Gradnetz

Das Gradnetz der Erde spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des Standorts.

22.11.2021 | 4:29 min

Mehr Nachrichten von der Europäischen Union