Grenzkontrollen am Flughafen:US-Reisen: Werden Handys auf Antifa-Inhalte geprüft?
Die US-Regierung hat Antifa zur Terrororganisation erklärt. Was heißt das für Reisende aus Deutschland mit politischen Social-Media-Posts? Diese Regeln gelten bei der Einreise.
Handys und Computer dürfen durchsucht werden: Eine Grenzkontrolle am Flughafen von Detroit in den USA. (Archivbild)
Quelle: ImagoDie Meinungsfreiheit in den USA steht unter Druck und die Trump-Administration verschärft Maßnahmen gegen politische Gegner und Aktivisten. Nun wurde die linke Antifa-Bewegung von Präsident Donald Trump zur terroristischen Vereinigung erklärt.
Das betrifft auch Reisende in die USA. Bei der Einreise haben Grenzbeamte weitreichende Befugnisse. Eine Reise von Deutschland in die USA könnte vorbei sein, wenn am Flughafen politische Inhalte entdeckt werden.
Was hat die US-Regierung beschlossen?
Am Montag unterzeichnete Trump ein Dekret (Executive Order), mit dem die Antifa-Bewegung zu einer "inländischen terroristischen Vereinigung" erklärt wurde. Sicherheitsbehörden wurden angewiesen, "alle illegalen Aktivitäten von Antifa" zu untersuchen und zu stoppen.
Wie das praktisch ablaufen soll und welche politischen Positionen und Gruppen potenziell betroffen sein könnten, ist unklar. Bislang richten sich Anti-Terror-Regelungen in den USA vor allem gegen ausländische Gruppen.
Die US-Regierung hat die linksgerichtete Antifa-Bewegung als Terrororganisation eingestuft. Das Weiße Haus teilte mit, Präsident Trump habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet.
23.09.2025 | 0:19 min"Es gibt keine klare oder etablierte rechtliche Grundlage im US-Recht für eine Executive Order, die eine inländische Bewegung wie Antifa als terroristische Organisation einstuft", sagt Manny Schoenhuber, Anwalt der Kanzlei Nelson Mullins in Houston, Texas, der europäische Unternehmen bei US-Geschäften berät. Der US-Präsident habe zwar weitreichende Befugnisse, aber die genauen Maßnahmen bei einer dezentralisierten inländischen Bewegung stünden vor erheblichen verfassungsrechtlichen Hürden, so Schoenhuber zu ZDFheute.
"Die Fähigkeit und Bereitschaft der US-Behörden, trennscharf zwischen Antifa und anderen politischen Gruppen, Organisationen oder Ideologien zu unterscheiden, ist fraglich", betont Schoenhuber.
Reisende sollten im Zweifel nicht darauf vertrauen, dass Behörden konsistent oder präzise differenzieren. (…) Bis Gerichte die Executive Order klären oder die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde CBP spezifische Richtlinien herausgibt, bleibt die Durchsetzung unvorhersehbar.
Manny Schoenhuber, Anwalt für Zoll- und internationales Handelsrecht
Es ist nicht der einzige Bereich, der unter besonderer Beobachtung steht. Auch propalästinensischer Aktivismus und Kritik an der israelischen Regierung können zu Problemen führen.
Die sogenannte Antifa (kurz für Antifaschismus, oder antifaschistische Aktion) ist keine klar strukturierte, zentrale Organisation, sondern in den USA wie in Deutschland eine lose Bewegung ganz unterschiedlicher Gruppen und Personen aus dem linken bis linksextremen Milieu. Zu ihren Zielen gehören die Bekämpfung rechtsextremer oder faschistischer Strömungen in Politik und Gesellschaft. Seit Jahrzehnten gibt es weltweit Gruppen, die sich dieser Bezeichnung zugehörig fühlen - je nach geografischem, historischem und ideologischem Kontext können Antifa-Gruppen höchst unterschiedlich sein. Manche radikalen Gruppen halten Sabotage und Gewalt für legitim; die große Mehrheit betreibt friedlichen Aktivismus.
Gibt es unterschiedliche Regeln für Touristen oder Geschäftsreisende?
Von den Maßnahmen können alle Arten von Reisenden betroffen sein - unabhängig, ob man touristisch oder geschäftlich reist. Es spielt auch nur indirekt eine Rolle, ob man mit Visum oder über das elektronische System ESTA einreist. Am Ende entscheidet ein Beamter des Zoll- und Grenzschutzes am Flughafen über die Einreise.
"Selbst mit einem gültigen Visum können sie abgewiesen werden", betont die auf US-Einwanderungsrecht spezialisierte Anwältin Hilde Holland von der Kanzlei Wuersch Gering in New York City. Auch US-Botschaften oder Konsulate könnten im Voraus keine Garantie geben, ob man an der Grenze durchgelassen werde.
Unklar ist, ob bereits einfache Regierungskritik zur Ablehnung führen kann. Im Juni machte die Geschichte eines Norwegers weltweit Schlagzeilen. Er führte an, wegen eines Memes über Vize-Präsident JD Vance nicht ins Land gelassen worden zu sein. US-Offizielle widersprachen, der Grund sei Drogenkonsum gewesen.
Auch im Fall eines französischen Wissenschaftlers vom März gibt es unterschiedliche Darstellungen, welche Rolle Trump-kritische private Nachrichten auf seinem Handy bei der Zurückweisung an der Grenze spielten. Gewissheit gibt es hier derzeit nicht.
Der US-Präsident übt vor den UN heftige Kritik an der Organisation. Gleichzeitig zeigt er sich zuversichtlich, dass die Ukraine die russisch besetzten Gebiete zurückerobern kann.
24.09.2025 | 2:12 minWas dürfen die US-Behörden bei der Einreise kontrollieren?
Schon vor dem Flug in die USA sammeln die Behörden Informationen über Reisende. Bei einem Visa-Antrag müssen etwa Profile in den sozialen Medien angegeben werden.
"Ich gehe davon aus, dass die Behörden Algorithmen entwickelt haben, um dort schneller auf relevante Informationen zu stoßen", berichtet Holland. "Und sollten Behörden potenziell relevante Dinge gefunden haben - selbst wenn es nur Äußerungen von Sympathisanten sind, die eigentlich vom ersten Verfassungszusatz geschützt sind - die Beamten werden in dem Fall weiter nachfragen und technische Geräte am Flughafen genau untersuchen."
Sie müssen zwingend alles offenlegen, wonach gefragt wird, auch Passwörter und Zugangsdaten. Sollten Sie dazu nicht bereit sein, sollten Sie gerade gar nicht erst in Erwägung ziehen, in die USA zu reisen.
Hilde Holland, Anwältin für US-Einwanderungsrecht
Anwalt Schoenhuber betont, dass solche sekundären Inspektionen derzeit rund ein bis zwei Prozent aller Reisenden beträfen - basierend auf Risikobewertungen des sogenannten Automated Targeting Systems, das etwa Zugriff auf Reise-, Visa- und Biometriedaten hat. "Politische Inhalte werden nicht systematisch gejagt, sondern kontextuell bewertet", so Schoenhuber.
Mit einem Appell für Meinungsfreiheit ist Moderator Jimmy Kimmel ins US-Fernsehen zurückgekehrt. Der Sender ABC hatte die Show abgesetzt, nach einer Woche aber wieder aufgenommen.
24.09.2025 | 0:20 minWie kann man sich vorbereiten?
Beide Experten empfehlen Reisenden, ihre digitalen Spuren im Blick zu haben. "Personen mit aktuellen oder zurückliegenden politischen Aktivitäten oder die mit Antifa oder palästinensischen Organisationen sympathisieren, rate ich, ihre Profile in den sozialen Medien vorab zu reinigen; Inhalte zu löschen", sagt Holland.
Reisende sollten davon ausgehen, dass jegliche Inhalte mit politischem Aktivismus - links, rechts oder anders - bei Gerätekontrollen Risiken bergen. (…) Reisende sollten vorsichtig sein und ihre digitalen Spuren minimieren.
Manny Schoenhuber, Anwalt für Zoll- und internationales Handelsrecht
Schoenhuber rät: "Beantworten Sie alle Fragen ehrlich, insbesondere zu kriminellen Vorstrafen, Terrorismus oder sittliche Verfehlungen." ESTA mindestens 72 Stunden im Voraus zu beantragen und sogenannte Trusted Traveler Programme zu nutzen, könne die Abfertigung beschleunigen, was Suchen reduziere.
"Hier entsteht eine neue Verfolgungsdynamik, wie wir sie aus dem Amerika der 1950er Jahre kennen", sagt Politologin Clüver Ashbrook zur Situation nach dem Kirk-Attentat in den USA.
18.09.2025 | 5:03 minWas kann man tun, wenn die Einreise verweigert wird?
Wurde einem Reisenden gleich aus welchem Grund die Einreise verweigert, gibt es nur wenige Handlungsoptionen. "Es gibt keinen formellen Appeal-Prozess für Einreiseverweigerungen an der Grenze", erklärt Schoenhuber. "Bleiben Sie ruhig, kooperieren Sie nicht über das Notwendige hinaus und fordern Sie einen Anwalt oder Konsulatsvertreter."
Auf seine begrenzten Rechte zu bestehen, kann womöglich ungewollte Folgen nach sich ziehen: "Bei einem Einreiseversuch mit Visum haben Sie bei Ablehnung das Recht, von einem Immigrationsrichter gesehen zu werden. Das beinhaltet aber, dass Sie vermutlich in Haft genommen werden und es völlig unklar ist, wie schnell ein Richter Sie anhören kann. Das kann Tage oder Wochen dauern", erklärt Anwältin Holland.
Sollte man Ihnen die Einreise unter Verweis auf Sicherheitsgründe verweigern, würde ich von meinem Antrag auf Einreise freiwillig zurücktreten. Man kehrt um und nimmt den nächsten Flieger nach Hause.
Hilde Holland, Anwältin für US-Einwanderungsrecht
Andernfalls könnte die Abweisung auch als Abschiebung gewertet werden, so Holland. Dann hätte man für lange Zeit keine Chance mehr auf Einreise.
Wie viele Reisende bereits von solchen Zurückweisungen betroffen waren, ist nicht bekannt, eine Statistik gibt es nicht. Die tatsächlichen Gründe für eine Ablehnung würden oft nicht mitgeteilt, sagt Holland. "Ich erlebe gerade täglich, wie groß die Unsicherheit bei Reisenden ist. Gerade ist das eine sehr persönliche Entscheidung, ob man das Risiko eingehen möchte, in die USA zu reisen."
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