Supreme Court stärkt Trump

FAQ

Oberstes US-Gericht stärkt Trump:Supreme Court schränkt Befugnisse einzelner Richter ein

von Beatrice Steineke, Washington, D.C.
|

Ein monumentaler Sieg, so sieht es US-Präsident Trump. Der Oberste Gerichtshof schränkt die Möglichkeit einzelner Richter ein, Trumps Entscheidungen zu blockieren. Ist es ein Sieg?

Portal des US Supreme Court in Washington D.C. mit dem Schriftzug "Equal Justice Under Law".
Das Oberste US-Gericht steht hinter US-Präsident Trump.
Quelle: Imago

Kurz nach seiner Amtseinführung hatte US-Präsident Donald Trump ein Dekret unterschrieben: Er will das in der Verfassung festgeschriebene Geburtsortprinzip ändern, heißt keine automatische US-Staatsbürgerschaft per Geburt sollten die Eltern auch keine haben. Eine mehr als 150 Jahre geltene Regelung greift Trump an.
Nicht nur ein Bundesgericht blockierte dieses Dekret. 22 Bundesstaaten und mehrere Organisationen hatten geklagt. Die US-Regierung brachte den Fall vor den Obersten Gerichtshof. Die Richter trafen nun eine Entscheidung, nicht direkt zum Geburtsrecht, aber zu einer weitaus grundlegenderen Regelung - wie weit können untere Gerichte die Macht des US-Präsidenten einschränken? Oder ist es umgekehrt?

Was hat der Oberste Gerichtshof entschieden?

Immer wieder wurden Dekrete von US-Präsident Donald Trump von einzelnen Bundesrichtern blockiert und vorläufig ausgesetzt. Dagegen klagte die US-Regierung und argumentierte: Diese vorläufigen Stopps mit Auswirkungen auf die gesamte USA würden die Exekutive zu sehr einschränken. Dem stimmt die Entscheidung des Supreme Courts in Teilen zu, daher sehen US-Präsident Donald Trump und Justizministerin Pam Bondi es als "monumentalen Sieg".

Wir werden nicht länger Richter haben, die eigenmächtig handeln und Präsident Trumps Politik landesweit aufheben.

Pam Bondi, US-Justizministerin

Der Oberste Gerichtshof setzte die Anordnungen von Bundesrichtern teilweise aus, die ein Dekret Trumps vorläufig landesweit gestoppt hatten. Eine konservative Mehrheit von sechs zu drei Bundesverfassungsrichtern entschied, untere Instanzen hätten wahrscheinlich ihre Befugnisse überschritten.

Universelle einstweilige Verfügungen überschreiten wahrscheinlich die Billigkeitsbefugnisse, die der Kongress den Bundesgerichten eingeräumt hat.

Auszug aus der Bergündung des Obersten Gerichtshofs

Der Supreme Court hat Richtern Grenzen gesetzt: Einstweilige Verfügungen gelten künftig nicht mehr landesweit. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen berichtet.
Der Supreme Court hat Richtern Grenzen gesetzt: Einstweilige Verfügungen gelten künftig nicht mehr landesweit. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen berichtet.27.06.2025 | 1:33 min
Tatsächlich wird bereits seit Jahren in den USA diskutiert, wie weitreichend die Entscheidungen unterer Gerichte greifen. Der US-Verfassungsrechtler Samuel Issacharoff erklärt im ZDFheute-Gespräch, dass sehr viele Maßnahmen der Exekutive vor einem "wohlgesinnten Gericht" angefochten werden, um eine oft landesweite einstweilige Verfügung zu erwirken. "Diese Praxis entwickelte sich während der Obama-Präsidentschaft und nahm unter den Regierungen Biden und Trump stark zu.", so Issacharoff.

Der Oberste Gerichtshof hat heute darauf hingewiesen, dass der Umfang einstweiliger Verfügungen auf Kläger und Beklagte vor Gericht beschränkt sein sollte.

Samuel Issacharoff, US-Verfassungsrechtler

Wie begründen die Bundesrichter ihre Entscheidung?

Die sechs konservativen Bundesverfassungrichter bilden die Mehrheit am Obersten Gerichtshof. Für sie sprach Richterin Amy Coney Barrett, die von Donald Trump ernannt wurde: "Bundesgerichte üben keine allgemeine Aufsicht über die Exekutive aus; sie entscheiden über Fälle und Streitigkeiten im Rahmen der Befugnisse, die ihnen vom Kongress verliehen wurden."

Wenn ein Gericht zu dem Schluss kommt, dass die Exekutive rechtswidrig gehandelt hat, darf das Gericht nicht auch noch seine Befugnisse überschreiten.

Amy Coney Barrett, Bundesverfassungsrichterin am Supreme Court

Diese Entscheidung konzentriere sich ausschließlich auf die Befugnisse von Bundesgerichten, aber ignoriere, ob das Dekret des Präsidenten verfassungsgemäß sei, so Richterin Sonia Sotomayor. Sie gehört zur liberalen Minderheit unter den neun Bundesverfassungsrichtern am Obersten Gerichtshof und wurde von Ex-Präsident Barack Obama ernannt

Die Entscheidung des Gerichts ist nichts weniger als eine offene Einladung an die Regierung, die Verfassung zu umgehen.

Sonia Sotomayor, Bundesverfassungsrichterin am Supreme Court

Die Exekutive könne nun Maßnahmen durchsetzen, die geltendes Recht missachten und die verfassungsmäßigen Rechte vieler Menschen verletzen würde, so Richterin Sotomayor, und Bundesgerichte seien weitgehend machtlos, um vollständig Einhalt zu gebieten.
Rechtsexperte Prof. Kirk Junker
Trump macht Dinge, als ob sie nicht gesetzwidrig wären. Selbst wenn sie von einem Gericht gestoppt werden, hat er in der Zwischenzeit seine Ziele erreicht, sagt Kirk Junker.10.06.2025 | 10:18 min

Was bedeutet diese Entscheidung für das Geburtsortprinzip?

Im 14. Zusatzartikel der US-Verfassung ist seit 1868 festgeschrieben: Jeder, der auf US-amerikanischem Boden geboren wird, ist automatisch US-Staatsbürger. So will es das Geburtsortsprinzip ("Birthright Citizenship"). Kurz nach seiner Amtseinführung unterschrieb US-Präsident Donald Trump ein Dekret, um das Geburtsortprinzip einzuschränken. Wenn die Mutter bei der Geburt widerrechtlich oder nur temporär in den USA gewesen ist, soll das Kind nicht die US-Staatsbügerschaft erhalten.
Gegen Trumps Dekret reichten 22 Bundesstaaten und Bürgerrechtsorganisationen Klagen ein und einige Bundesgerichte setzten das Dekret per einstweiliger Verfügung landesweit außer Kraft. Nach der Entscheidung des Supreme Courts könnte Trumps Dekret allerdings in den Staaten in 30 Tagen in Kraft treten, die nicht geklagt hatten. So schreibt es die "New York Times".
Mit der Frage des Geburtsortprinzip habe sich der Oberste Gerichtshof nicht befasst, sagt US-Verfassungsrechtler Samuel Issacharoff gegenüber ZDFheute. Die Mehrheit des Gerichts habe diese Frage auf einen späteren Zeitpunkt vertagt.
heute journal - der Podcast mit Helene Reiner und Christian Sievers
Donald Trump hat diese Woche eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran verkündet, und zwar per Social Media. Kann so Frieden entstehen? 27.06.2025 | 45:25 min

Ein Triumph für Trump?

US-Verfassungsrechtler Samuel Issacharoff sieht keinen großen Triumph für US-Präsident Donald Trump. Das Gericht habe sich lediglich mit technischen und verfahrenstechnischen Fragen befasst.

Dies ist kein großer Sieg für Präsident Trump – und möglicherweise überhaupt kein Sieg.

Samuel Issacharoff, US-Verfassungsrechtler

Aber bemerkenswert sei, der Supreme Court habe eine erweiterte Nutzung von Sammelklagen angeregt, um letztendlich wirklich umfassende Urteile zu erreichen. Diese Möglichkeit haben Kläger landesweit nach wie vor. Bei Sammelklagen können Gerichte Entscheidungen fällen, die über die eigentlichen Kläger hinaus, eine weitreichende Gültigkeit haben. Amerikanische Bürgerrechtsorganisationen haben bereits angekündigt, diesen Weg gehen zu wollen.
Damit hätten die US-Bundesverfassungsrichter eine Tür offen gelassen, so Margo Schlanger, Jura-Professorin an der University of Michigan im US-Magazin "Politico". Jetzt hätten untere Gerichte 30 Tage Zeit, ihre landesweiten Verfügungen zu überprüfen, ob und wie sie eingeschränkt werden müssten, nach dem Urteil des Supreme Court. "Das Urteil hat den Weg für einstweilige Verfügungen verengt, aber nicht vollständig versperrt", schätzt Jura-Professorin Schlanger. Vorerst würden in den USA geborene Kinder weiterhin als Staatsbürger gelten.
heute journal - der Podcast mit Helene Reiner und Christian Sievers
Donald Trump hat diese Woche eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran verkündet, und zwar per Social Media. Kann so Frieden entstehen? 27.06.2025 | 45:25 min
Während Republikaner die Entscheidung des Supreme Court begrüßen, warnt der Minderheitenführer der Demokraten im US-Senat vor einem "erschreckenden Schritt in Richtung Autoritarismus".
Ein Klick für den Datenschutz
Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von X nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von X übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von X informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Die ersten Protestierenden gegen diese und weitere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs kamen bereits vor dem Gerichtsgebäude zusammen. Weitere sind angekündigt. Denn es ist klar, dieses Urteil hat nicht nur Auswirkungen für die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, sondern gilt auch für alle zukünftigen Präsidentinnen und Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Beatrice Steineke ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington, D.C.
Quelle: Mit Material von dpa, Reuters

Mehr zur US-Präsident Donald Trump und die Justiz