Nationalgarde in LA: Warum Trumps Entscheidung so heikel ist

Nationalgarde in Los Angeles:Warum Trumps Entscheidung so heikel ist

Oliver Klein
von Oliver Klein
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Trump will die Nationalgarde gegen Proteste in Los Angeles einsetzen. Was die Truppe darf, wie sie funktioniert und warum der Einsatz für heftige Kritik sorgt.

Feuerwehrleute stehen neben einem brennenden Auto während einer Demonstration in Compton, nachdem die Bundeseinwanderungsbehörden Operationen durchgeführt hatten.
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Nun soll also die Nationalgarde helfen, die teils gewaltsamen Proteste gegen die Abschiebung von Migranten in Los Angeles zu bekämpfen - so will es US-Präsident Donald Trump. Am Sonntag erreichten die ersten Mitglieder der Nationalgarde den Raum Los Angeles. Es ist eine hoch umstrittene Entscheidung.
Was genau ist die US-Nationalgarde? Wie unterscheidet sie sich vom regulären Militär und warum wird Trump für ihren Einsatz heftig kritisiert? ZDFheute mit einem Überblick.

Was ist die Nationalgarde?

Die Nationalgarde der USA ist ein militärischer Reservistenverband. Sie gehört zu den Reservekomponenten der US-Streitkräfte und bildet zugleich die organisierte Miliz der US-Bundesstaaten. Somit haben die Angehörigen der Nationalgarde eine doppelte Zugehörigkeit: sowohl zur Nationalgarde des jeweiligen Bundesstaates als auch zur US-Armee beziehungsweise US-Luftwaffe.
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Was ist der Unterschied zum regulären Militär?

Die Nationalgarde kann auch im Inland eingesetzt werden, etwa bei Naturkatastrophen oder Unruhen - das darf das reguläre Militär in der Regel nicht. Aber der größte Unterschied ist die Kommandostruktur: Normalerweise untersteht die Nationalgarde eines Bundesstaates dem jeweiligen Gouverneur, der sie bei innerstaatlichen Notlagen einsetzen kann.
In Ausnahmefällen kann auch der US-Präsident die Kontrolle übernehmen, beispielsweise bei nationalen Krisen. Dann wird die Einheit "federalisiert" und untersteht dem Verteidigungsministerium, wie jede andere militärische Einheit.
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Warum wird Trumps Einsatz der Nationalgarde kritisiert?

Generell kann es politisch heikel sein, wenn der US-Präsident die Kontrolle über die Nationalgarde übernimmt. Insbesondere wenn er gegen den Willen eines Gouverneurs eingreift, ist Streit programmiert. Darum wird Trumps Entscheidung als eine bewusste, massive Eskalation der Lage gewertet. Kritiker werfen ihm vor, mit einem autoritären Schritt die Nationalgarde als innenpolitisches Druckmittel zu benutzen und damit das föderale Gleichgewicht zu gefährden.
Dass der US-Präsident offenbar wenig Interesse an Deeskalation hat, zeigt er auf seinem Netzwerk Truth Social: Dort beleidigte Trump den kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom, der sein Vorgehen kritisierte. In einem Posting schrieb Trump, der Gouverneur wäre nicht in der Lage, seinen Job zu machen. Dabei bezeichnete er den Demokraten Newsom als "Newscum" - "Scum" heißt auf Deutsch "Abschaum".
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Wann kam ein solcher Schritt in der US-Geschichte vor?

Bislang gibt es nur relativ wenige Fälle, in denen US-Präsidenten die Nationalgarde aktivierten. Einige Beispiele aus der jüngeren US-Geschichte:
  • Durchsetzung von Bürgerrechten: In den 50er- und 60er-Jahren übernahmen US-Präsidenten wiederholt die Kontrolle über die Nationalgarde, um zentrale Gerichtsentscheidungen zur Aufhebung der Rassentrennung durchzusetzen. Präsident Dwight D. Eisenhower übernahm 1957 in Little Rock erstmals die Arkansas Nationalgarde, um afroamerikanischen Schülern unter militärischem Schutz den Schulbesuch zu ermöglichen. Sein Nachfolger John F. Kennedy folgte diesem Beispiel in ähnlichen Krisen bei der Integration schwarzer Studenten an Universitäten in Mississippi und Alabama.
  • Einsatz bei Rassenunruhen: 1965 nutzte Präsident Lyndon B. Johnson seine Befugnis, um den Selma-Marsch für Bürgerrechte vor Gegendemonstranten zu schützen, indem er Bundestruppen einsetzte. Auch bei schweren Rassenunruhen in Detroit 1967 und nach der Ermordung Martin Luther Kings 1968 setzte Präsident Johnson Soldaten und Nationalgardisten ein, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen.
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  • Einsatz gegen Unruhen in Los Angeles 1992: Der Freispruch mehrerer Polizisten, die den Afroamerikaner Rodney King misshandelt hatten, führte zu gewaltsamen Ausschreitungen. Auf den Appell des republikanischen Gouverneurs Pete Wilson hin griff US-Präsident George Bush ein und unterstellte die California National Guard dem Bundeskommando, um die Ordnung wiederherzustellen.
  • Debatte um Einsatz gegen Black-Lives-Matter-Proteste 2020: Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt kam es 2020 in vielen US-Städten zu Unruhen. Präsident Trump drohte damit, militärische Bundeskräfte und die Nationalgarde notfalls auch ohne Zustimmung der Gouverneure einzusetzen. In Washington D.C. - wo ihm die Nationalgarde direkt untersteht - ließ Trump Gardeeinheiten in großer Zahl aufmarschieren, was landesweit für heftige Kritik sorgte.
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