Strategiewechsel im Pentagon:"Brandgefährlich": Politologin warnt vor Trumps Militär-Kurs
Über 800 Generäle und Admirale hörten US-Präsident Donald Trump und Verteidigungsminister Pete Hegseth zu. Das mächtigste Militär der Welt soll einen neuen Kurs einschlagen.
"Was auf Gegenwind gestoßen ist, sind Trumps Aussagen, US-Städte als militärisches Übungsgelände zu nutzen", so ZDF-Reporter Moritz Neuß, zum Treffen des US-Präsidenten mit Generälen in Quantico.
01.10.2025 | 4:05 minVor über 800 hochrangigen Militärangehörigen zeichneten US-Präsident Donald Trump und der selbsterklärte Kriegsminister, US-Verteidigungsminister Pete Hegseth ihre Vision der Zukunft für das mächtigste Militär der Welt. Erst in der vergangenen Woche wurde das Treffen öffentlich bekannt. Aus der ganzen Welt kamen Generäle und Admirale auf einen Militärstützpunkt in Virginia, um vor allem eines zu verstehen: Wer Trumps und Hegseths Kurswechsel nicht mit trägt, hat keinen Platz mehr im US-Militär.
Wir wurden zum 'woken' Ministerium, aber das sind wir jetzt nicht mehr.
Pete Hegseth, US-Verteidgungsminister
Die Ära der "politisch korrekten, überempfindlichen Führung, die niemanden verletzen will" sei beendet, so Pete Hegseth. Programme für Gleichstellung und Antidiskriminierung würden eingestellt. Beförderungen nach Geschlecht oder Hautfarbe seien "ideologischer Müll". Nach "Jahrzehnten des Niederganges" sei nun die einzige Mission, sich auf Krieg und Sieg vorzubereiten. Der Pentagonchef sagte weiter, falls Frauen die generellen Anforderungen nicht erfüllten, "dann sei es so".
Trump: Einsätze in US-Städte als Übung für das Militär
In diesem beispiellosen Treffen sprach US-Präsident Donald Trump über eine Stunde von einem neuen Kriegerethos: "Wir erwecken den Kriegergeist neu." Das US-Militär werde zu einer "kämpferischen und siegreichen Maschine" - auch in US-Städten? Trump sprach davon, dass ein Einsatz etwa in Chicago auch als Übung angesehen werden könnte.
Wir sollten einige dieser gefährlichen Städte als Übungsgelände für unser Militär, die Nationalgarde, aber auch das Militär nutzen.
US-Präsident Donald Trump
Im Juni hatte er bereits 4.000 Nationalgardisten und 700 Marineinfanteristen für Los Angeles mobilisiert. Er kündigte bereits an - nach Los Angeles und Washington - weitere Truppen nach Portland im Bundestaat Oregon, zu schicken.
"Ein höchst außergewöhnlicher Termin", so Expertin Ashbrook über das Treffen von US-Generälen mit Trump. Der von Trump geforderte Einsatz des Militärs im Innern sei illegal.
01.10.2025 | 5:48 minFür die Politologin Cathryn Clüver Ashbrook sind diese Szenarien ein "sehr, sehr bedenkliches Spiel". Im ZDF heute journal update betont sie, der US-Präsident sehe die USA in vielerlei Hinsicht von innen bedroht. Allerdings sei der Einsatz des Militärs wahrscheinlich illegal, was bereits Urteile in anderen Fällen gezeigt hätten.
Anfang September entschied ein US-Gericht, die Nationalgarde in Los Angeles dürfe keine Polizeiaufgaben zur Strafverfolgung übernehmen.
Hier wird mit Prozessen und Konzepten gespielt, die tatsächlich die Rolle des Militärs auch nach innen gefährden.
Cathryn Clüver Ashbrook, Politikwissenschaftlerin
Mehr als zwei Millionen Menschen dienten aktiv im amerikanischen Militär. Seitdem Pete Hegseth das US-Verteidigungsministerium führe, habe er viele Top-Positionen neu besetzt und unter anderem sehr viele Frauen ihrer Ämter enthoben.
Ihm gilt es Standards angeblich zu setzen, die aber dann tatsächlich nur noch gemünzt werden würden auf vornehmlich weiße Männer.
Cathryn Clüver Ashbrook, Politikwissenschaftlerin
Auch die juristische Abteilung der Streitkräfte habe Hegseth entkernt. Die Judge Advocate General's Corps agieren etwa als Ankläger und Verteidiger in militärischen Gerichtsverfahren.
Wenn der US-Verteidigungsminister ein neues Rechtssystem für das Militär einführte oder die Genfer Konvention für US-Streitkräfte aussetzen würde, sei das in der Summe "brandgefährlich", so Ashbrook.
Trump hat US-Generäle auf einen "Krieg im Innern" gegen demokratisch regierte Städte eingeschworen. Er wolle die Armee auf Linie bringen, so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.
30.09.2025 | 1:45 minUS-Militärs zu Überparteilichkeit verpflichtet
Das Militär ist zu politischer Neutralität verpflichtet. Soldaten und Soldatinnen schwören ihren Eid auf die Verfassung und nicht auf den US-Präsidenten. Bei diesem Treffen wurde daher sehr genau auf die Reaktionen im Saal geachtet. Viele blieben zurückhaltend während der Reden.
Damit hätten sie einen "sehr schwierigen Drahtseilakt gut gemeistert", analysiert Politikwissenschaftler Peter D. Feaver gegenüber The Washington Post. Die Reden hätten viele Fragen aufgeworfen, mit denen sich das Militär auseinandersetzen müsse, so Feaver.
Aber das muss nicht im Live-Fernsehen geschehen, und so hat ein sehr heikler Moment in den zivil-militärischen Beziehungen der USA nicht zu der Katastrophe geführt, die einige befürchtet hatten.
Peter D. Feaver, Politikwissenschaftler an der Duke University
Doch gerade die Überparteilichkeit sieht Politikwissenschaftlerin Risa Brooks in Gefahr. Das Treffen sei ein Signal an alle Generäle und Admirale: "Eine offene ideologische Übereinstimmung mit der Regierung ist nicht nur angemessen, sondern auch entscheidend für ihre berufliche Weiterentwicklung und den Schutz ihrer Einheiten und Kommandos."
In Quantico ordnen Trump und Verteidigungsminister Hegseth eine ideologische Kehrtwende der US-Armee vor führenden Militärs an. Claudia Bates berichtet vor Ort.
30.09.2025 | 1:11 minEs gebe einen Grund dafür, zwischen Militär und Polizei zu unterscheiden. Das Militär sei nicht dafür da, so Brooks, lokale Polizeiaufgaben zu übernehmen. Wer sei der Gegner: "Ist es China? Ist es Russland? Oder geht es darum, dass sie ein gewisses Maß an Kontrolle über die amerikanische Öffentlichkeit ausüben können?"
Das haben sie heute nicht laut ausgesprochen, aber wenn man genau hinschaut, steht es zweifellos zwischen den Zeilen.
Risa Brooks, Politikwissenschaftlerin an der Marqutte University
Trump will Soldaten nach Portland schicken
Die ersten, die den neuen Kurs des US-Militärs erfahren könnten, könnten die Einwohner von Portland sein. US-Präsident Trump hat einen Militäreinsatz dort im US-Bundesstaat Oregon angekündigt.
Der Veteran und Mitglied der Nationalgarde, Eric Zimmerman, sitzt im Stadtrat von Portland. Er hatte öffentlich zum Protest aufgerufen. Im Sender CNN sagte er, Bürger fürchten, die Razzien der Einwanderungsbehörde könnten zunehmen. Die Angst sei, dass "Menschen vor allem aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres vermeintlichen Status und nicht aufgrund eines ordentlichen Verfahrens festgenommen und verhaftet werden."
Er sei für einen friedlichen Widerstand, damit kein Vorfall als Katalysator für einen größeren Einsatz von Bundestrupppen genutzt werden könnte.
Geben wir ihnen nicht das, was meiner Meinung nach einige Bundesberater suchen.
Eric Zimmerman, Portland Stadtrat
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