Gericht stoppt Trumps Nationalgarde - Portland kontert Vorwürfe

Militäreinsatz sorgt für Empörung:Gericht stoppt Trumps Nationalgarde - Portland wehrt sich

von Beatrice Steineke, Portland, Oregon
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Ein Gericht blockiert erneut den Militäreinsatz in Oregon. Trump sagt, Portland brenne bis auf die Grundmauern nieder. Was die Portländer selbst dazu sagen - eine Reportage.

 Polizisten und Bundesbeamte werfen Gaskanister, um Demonstranten in der Nähe einer Einrichtung der US-Einwanderungs- und Zollbehörde in Portland zu vertreiben.

US-Präsident Trump hat rund 200 Soldaten der Nationalgarde nach Portland geschickt. Ein US-Bundesgericht stoppte Trumps Vorhaben erneut per einstweiliger Verfügung.

06.10.2025 | 0:23 min

"Das ist unamerikanisch. Das ist verfassungswidrig. Das ist ineffektiv und entspricht nicht der Realität", während Jared Anderson spricht, kommen ihm die Tränen. In seinen zitternden Händen hält er die Leine seiner Hündin, fast als klammere er sich an seine Gefährtin.

Jared Anderson lebt mit seinem Mann und seinem Teenagersohn seit mehr als 20 Jahren in Portland an der Westküste. Am Abend vorher haben ihn seine Eltern angerufen. Sie hätten verstörende Bilder von Protesten in seiner Stadt im US-Sender Fox News gesehen. "Ich bin hierhergekommen, um für sie ein Video zu drehen. Es gibt keinen Aufstand in Portland."

Der Einsatz bewaffneter Truppen wird niemals das Problem der Kriminalität lösen.

Jared Anderson, wohnt seit mehr als 20 Jahren in Portland

Im Süden der Stadt konzentrieren sich seit Monaten Proteste an einem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde, ICE. Dort stehen an diesem verregneten Tag neben Jared einige Kamerateams, eine Handvoll Demonstrierende und Freiwillige einer Hilfsorganisation. Letzteren winken immer wieder Autofahrer zu. Sie hupen auch, um zu sagen: "Macht weiter".

Tagsüber passiert mehr nicht. Abends kochen die Spannungen hoch. Dann stehen sich Demonstrierende und ICE-Agenten gegenüber. Dann entstehen die Bilder, die US-Präsident Donald Trump zum Anlass nimmt, um das Militär zu schicken.

Vier Personen sichern ein Gebäude der Einwanderungsbehörde in Portland von einem Dach aus.

Ein US-Gericht hat den von Trump geplanten Einsatz der Nationalgarde in Portland vorläufig gestoppt. Unterdessen will der US-Präsident Nationalgardisten auch in Chicago einsetzen.

05.10.2025 | 0:27 min

Tränengas und Festnahmen bei Protesten in Portland

Abend für Abend kommt eine Mischung aus verschiedenen Gruppen vor dem Gebäude zusammen - in einem Viertel mit Industriegebäuden und Appartementhäusern. In einem Bürofenster hängt ein Schild: "Bitte keine Sachbeschädigung. Wir sind eine gemeinnützige Organisation. Wir stehen in keiner Verbindung zum ICE-Gebäude. Wir glauben, dass jeder ein Zuhause verdient."

Aufnahmen aus vergangenen Nächten zeigen den Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen durch Bundesbeamte. Lautstarke Provokationen aus den Reihen der Protestierenden. Es gab mehrere Festnahmen - auch durch lokale Polizeieinheiten.

Beamte nehmen einen Demonstranten bei Protesten fest - an einem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde in Portland.

Beamte nehmen einen Demonstranten bei Protesten fest - an einem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde in Portland.

Quelle: AP

An diesem Abend filmen Scharfschützen auf dem Dach die teils mit Gasmasken und Tüchern vermummten Demonstrierenden. Es sind etwa 40 Personen. Mehrmals rückt aus dem Gebäude eine Gruppe ICE-Agenten aus, blockiert die Straße, lassen Fahrzeuge rein oder raus, danach ziehen sie sich wieder zurück.

Als ein Krankenwagen herausfährt, ruft eine Demonstrantin: "Wer ist da drin? Gebt uns einen Namen!" Blogger streamen live die kleinsten Bewegungen der gesamten Szenerie.

Ein Mann in einem Hühnerkostum sitzt vor einem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde in Portland.

Jack Dickinson protestiert seit Monaten vor einem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde, ICE, in Portland.

Quelle: AFP

Auf dem Boden vor dem Tor sitzt Jack Dickinson. Mit seinem gelben Hühnerkostüm und der amerikanischen Flagge auf dem Rücken wurde der 26-Jährige bekannt. Seit Monaten ist er fast täglich hier. Die lauten Wortgefechte um ihn herum stören ihn nicht. Ein paar Stunden zuvor erzählte er uns:

Sie versuchen, es als eine organisierte radikale Gruppe von einheimischen Terroristen darzustellen. Das lässt sich schwer verkaufen, wenn Leute wie ich in einem Hühnerkostüm da sind.

Jack Dickinson, Demonstrant

Als demokratisch regierte Stadt sei Portland mindestens seit 2020 im Visier von Donald Trump. Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt gingen Zehntausende in Portland auf die Straße. Vereinzelt kam es zu Plünderungen.

Jetzt verwenden sie Bilder und Videos aus dem Jahr 2020, um so zu tun, als würde das hier immer noch so weitergehen.

Jack Dickinson, Demonstrant

Trump-Military-Portland-Oregon

US-Präsident Trump hat einen Militäreinsatz in Portland angekündigt. Die Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek, weist das zurück. Es gebe keine Bedrohung der nationalen Sicherheit.

28.09.2025 | 2:12 min

Portlands Polizei: Lage nicht vergleichbar mit 2020

Im Magazin "The Oregonian" schreibt Polizeichef Bob Day, seine lokalen Einsatzkräfte würden mit der Lage alleine fertig. "Portland ist 375 Quadratkilometer groß, doch ein Häuserblock hat überproportional Aufmerksamkeit auf sich gezogen."

Virale Clips – manchmal Monate oder Jahre alt – zeichnen ein Bild, das nicht mit dem Portland übereinstimmt, das wir jeden Tag sehen.

Bob Day, Polizeichef von Portland

Nach 2020 seien Reformen umgesetzt, die öffentliche Sicherheit verbessert worden und die Zahlen der Gewaltverbrechen seien gesunken.

Offizielle Daten des FBI und der Polizei in Portland zeigen: Gewaltverbrechen und Tötungsdelikte sind nach einem Anstieg seit 2021 bzw. 2022 zurückgegangen. Brandstiftungen und Drogendelikte nahmen im Vergleich zum Vorjahr zu.

Rund 250 Organisationen helfen Wohnungslosen

Am Donnerstagabend ist "Night Strike" unter einer Brücke am Fluss. Es gibt warmes Essen, Bücher, Kleidung, Hygieneartikel, eine Nähstube, einen mobilen Friseur, Musik und frisches Popcorn. Unter den mehr als 635.000 Einwohnern Portlands gibt es eine starke Community, die sich um Wohnungslose und Drogenabhängige kümmert. Eine von rund 250 Hilfsorganisationen ist das "CityTeam Portland".

Max Kinsella ist hier inzwischen ein Mentor für andere Ehrenamtler geworden. Mit Hilfe der kirchlichen Organisation habe er seine Abhängigkeit überwunden.

Ich war schon in anderen Großstädten obdachlos und drogenabhängig. Portland ist eigentlich ziemlich mild, was die Zahl der Obdachlosen angeht.

Max Kinsella, Ehrenamtler bei CityTeam Portland

Max wünscht sich mehr Notunterkünfte in Portland. Andere Freiwillige stimmen ihm zu. Was ist mit der Nationalgarde, die Trump schicken will? Wie sehen sie den geplanten Militäreinsatz in ihrer Stadt? Die Truppen könnten die aktuelle Lage nur anheizen.

Gericht stoppt Nationalgarde-Einsatz in Oregon

Laut der demokratischen Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek, sind bereits 101 kalifornische Nationalgardisten in einem Camp in der Nähe angekommen. Dass Hunderte weitere auf dem Weg seien, bestätigte auch der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom. Beide Bundesstaaten reichten Klagen ein.

Am Wochenende hat US-Richterin Karin Immergut in zwei einstweiligen Verfügungen den Einsatz von Nationalgardisten im Bundesstaat Oregon vorläufig gestoppt.

Doch der republikanische Gouverneur Greg Abbott kündigte danach an, er werde bis zu 400 texanische Nationalgardisten für Einsätze in Oregon, Illinois und weitere Bundesstaaten aktivieren.

Und dass Trump - trotz Gerichtsentscheidung - Portland nicht aus dem Fokus verlieren wird, dafür spricht seine Aussage am Sonntag:

Portland brennt bis auf die Grundmauern nieder. Es gibt Unruhestifter und Aufständische.

US-Präsident Donald Trump, 5.10.2025

Egal, wann Militär vor dem Gebäude der US-Einwanderungsbehörde stehen könnte. Die Hilfsorganisation "Portland Immigrant Rights Coalition" will weiter tagsüber dort präsent sein. Sie sprechen Migranten an, die einen Pflichttermin im ICE-Gebäude wahrnehmen müssen.

Sie sammeln Kontaktdaten von Angehörigen, rufen im Notfall Anwälte an. Wer nach zwei Stunden nicht wieder rauskommt, sagen sie uns, ist wahrscheinlich auf direktem Weg in das nächste Abschiebegefängnis.

Beatrice Steineke ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington, D.C.

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