Grönlands Seltene Erden: Konflikt Bergbau versus Umweltschutz
Bergbau versus Umweltschutz:Grönland: Konflikt um Seltene Erden
von Henner Hebestreit
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In Südgrönland lagern riesige Vorkommen Seltener Erden. Doch der geplante Bergbau stößt auf Widerstand - aus Sorge um Umwelt und Lebensweise.
Grönland weckt mit seinen Seltenen Erden globale Interessen.
Quelle: dpa
Südgrönland, eine Region, bei der man eigentlich an eine karge Eislandschaft denkt, ist im Sommer größtenteils schnee- und eisfrei. Für wenige Monate sind die Wiesen grün, Schafe und Rinder weiden vor grandioser Bergkulisse.
Doch diese Berge haben es in sich: Rund um das Kvanefjeld bei Narsaq lagern bedeutende Vorkommen Seltener Erden - Materialien, die für moderne Technologien wie Windräder, Elektroautos und Smartphones unverzichtbar sind. Das bringt die Region immer mehr in den Fokus internationaler Rohstoffinteressen.
Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 chemischen Elementen, darunter Neodym, Dysprosium oder Terbium, die vor allem für Hochtechnologie unverzichtbar sind. Sie werden unter anderem in Permanentmagneten für Elektromotoren, Windräder, Smartphones, Sensoren und Rüstungstechnik eingesetzt.
Trotz ihres Namens sind sie geologisch nicht extrem selten, aber ihre Gewinnung ist technisch aufwendig und oft umweltschädlich. China dominiert den Weltmarkt sowohl beim Abbau als auch bei der Verarbeitung. Wegen ihrer strategischen Bedeutung gelten sie als "kritische Rohstoffe" für Europas Industrie.
Neben Metallen auch uranhaltiges Gestein
Seit 2007 zum Beispiel erforscht das australische Unternehmen Energy Transition Minerals die Region und hat laut eigenen Angaben die weltweit drittgrößten Vorkommen Seltener Erden entdeckt. Insgesamt wurden rund 75 Kilometer Bohrkerne entnommen.
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Die Lagerstätte enthält jedoch nicht nur wertvolle Metalle, sondern auch uranhaltiges Gestein - was das Projekt besonders umstritten macht, vor allem, weil das Unternehmen plant, die wertvollen Rohstoffe im offenen Tagebau zu schürfen.
Politischer Widerstand gegen Tagebauvorhaben
Im Jahr 2021 stoppte die grönländische Regierung das geplante Tagebauprojekt. Die Entscheidung wurde maßgeblich vom Widerstand der lokalen Bevölkerung beeinflusst.
Viele Menschen in Narsaq, darunter auch die Parlamentsabgeordnete Marianne Paviasen, befürchten schwerwiegende Umweltfolgen durch radioaktive Stoffe und andere gefährliche Mineralien.
Uranabbau in Grönland vor Jahren eingestellt
Die Region hat bereits Erfahrung mit Uranabbau: In den 1980er Jahren betrieb die damalige Kolonialmacht Dänemark eine Uranmine in der Nähe von Narsaq.
Grönland gehört zwar zum Königreich Dänemark, darf aber seit 2009 selbst über seine Rohstoffe bestimmen. Doch über eine der größten geplanten Minen, die Kvanefjeld-Mine, gibt es seit Jahren Streit.
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Diese wurde jedoch geschlossen, nachdem sich herausstellte, dass die Vorkommen nicht für die Energiegewinnung ausreichten - und auch, weil Dänemark damals die Nutzung von Kernenergie gesetzlich weitgehend untersagte.
Heute entscheidet Grönland selbst über die Nutzung seiner Ressourcen. Die Regierung betont, dass Bergbauprojekte den Gesetzen und Wünschen der Bevölkerung entsprechen müssen.
Bürgermeisterin Malene Vahl Rasmussen unterstreicht die Bedeutung Südgrönlands als Schatzkammer der Mineralien, macht aber gleichzeitig klar, dass Grönland über eines der weltweit strengsten Bergbaugesetze verfügt, das Respekt für Umwelt und Lebensweise der Menschen sicherstellen soll.
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Australisches Unternehmen fordert Entschädigung
Das australische Unternehmen sagt, man habe über 100 Millionen US-Dollar in die Erkundung investiert und fordert nun Entschädigung, sollte das Projekt endgültig scheitern.
Daniel Mamadou-Blanco von Energy Transition Minerals sagt dem ZDF: "Man kann nichts dagegen tun, wenn Staaten ihre Meinungen ändern".
Aber wir sind als börsennotiertes Unternehmen unseren Anlegern verpflichtet, die ein Recht auf Entschädigung haben, wenn das Projekt tatsächlich nicht realisiert werden kann.
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Daniel Mamadou-Blanco, Energy Transition Minerals
Nachhaltigkeit contra Rohstoffgewinnung
Für Landwirte wie Sofus Frederiksen steht viel auf dem Spiel. Seit fast 30 Jahren betreibt er einen Hof nur wenige Kilometer entfernt vom Kvanefjeld. Sollte das Bergbau-Projekt realisiert werden, müsste er wohl seine Landwirtschaft aufgeben.
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Zwar zeigt er sich offen für den Bergbau - will aber seinen Hof nur verkaufen unter der Bedingung, dass die Umwelt durch die Minengesellschaft nicht geschädigt wird.
Südgrönland steht an einem Scheideweg: Zwischen wirtschaftlichem Potenzial durch die reichen Rohstoffvorkommen und dem Schutz einer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft. Die Debatte um die Seltenen Erden ist ein Symbol für den globalen Wettlauf um Rohstoffe - und für den lokalen Kampf um Selbstbestimmung und Nachhaltigkeit.
Henner Hebestreit ist Leiter des ZDF-Landesstudios Schleswig-Holstein, zu dessen Berichtsgebiet Grönland gehört.