Wahlschlappe für Macron:Rechte in Frankreich vorne: Und jetzt?
Der rechtsnationale Rassemblement National um Le Pen ist bei der Wahl in Frankreich stärkste Kraft geworden. Präsident Macrons Plan, mit Neuwahlen zu punkten, ist gescheitert.
Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg liegt der rechtsnationale Rassemblement National (RN) bei einer Wahl in Frankreich vorne. Laut Hochrechnungen erreichte die Partei bei der vorgezogenen Parlamentswahl knapp 30 Prozent. Gemeinsam mit ihrem Bündnispartner Union de l'extrême droite kommen die Rechtspopulisten auf 33 Prozent.
Marine Le Pen vom RN erklärte dazu: "Die Franzosen haben mit der Wahl eindeutig bewiesen, dass sie ein neues Kapitel aufschlagen wollen." Das Linksbündnis kommt auf Platz zwei, mit 28 Prozent der Stimmen.
Keine Mehrheit für Politik von Emmanuel Macron
Das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron dagegen landet abgeschlagen auf Platz 3. Nach dem schlechten Abschneiden bei der Europawahl im Juni hatte er Neuwahlen ausgerufen. Mit seiner Aussage, es drohe ein Bürgerkrieg, wenn rechts oder links gewählt würden, wollte er die Mitte stärken. Doch:
Es zeigt sich mit brutaler Offenheit, dass Präsident Macron für seine Politik bei weitem keine Mehrheit mehr im Land findet.
Thomas Walde, ZDF-Studioleiter Paris
Vor allem die niedrige Kaufkraft wird von den Franzosen als Problem benannt, neben der Migration und der Rentenreform.
Themen, die den Franzosen scheinbar auf den Nägeln brennen: Die Wahlbeteiligung war mit etwa 67 Prozent so hoch wie zuletzt vor 27 Jahren - ein Zeichen, wie wichtig sie den Franzosen war.
Neue Regierung in Frankreich: Zweiter Wahlgang entscheidet
Am nächsten Sonntag entscheidet sich nun in einem zweiten Wahlgang, wer die künftige Regierung Frankreichs stellen wird.
Denn die erforderliche absolute Mehrheit, um gleich nach dem ersten Wahlgang ins Parlament einzuziehen, erreichten diesmal nur ein geringer Teil der Kandidaten. In den vielen Wahlkreisen, in denen kein Kandidat die absolute Mehrheit gewonnen hat, kommt es zur Stichwahl - in etwa der Hälfte der 577 Wahlkreise sind sogar mehr als zwei Kandidaten dafür qualifiziert. Denn teilnehmen darf, wer mehr als 12,5 Prozent der Stimmen geholt hat.
Welche Bedeutung die erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich für das Land und für Europa hat, ordnen ZDF-Korrespondenten Thomas Walde in Paris und Ulf Röller in Brüssel ein.
30.06.2024Nach Wahl in Frankreich: Bündnisse gegen rechts?
Der Wahlausgang wird auch stark davon abhängen, ob Parteien nun lokale Bündnisse schließen. Um einen Sieg des rechten Rassemblement National zu verhindern, müssten sich die anderen Parteien auf lokaler Ebene zusammentun und auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Vertreter des Linksbündnisses haben sich dazu bereit erklärt, etwa der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Raphaël Glucksmann, sprach von einem Referendum gegen rechts:
Die politischen Familien, Linke, Konservative - all das löst sich auf angesichts dieser dramatischen Frage.
Raphaël Glucksmann, Vorsitzender Place publique
Vertreter von Macrons Mitte-Lager allerdings haben sich bisher nur halbherzig über ein mögliches Bündnis mit Links geäußert - eine geeinte Haltung ist also noch nicht auszumachen. "Die klare Front gegen Rechtsaußen wackelt," fasst ZDF-Korrespondentin Anna Warsberg es zusammen.
Frankreichs Präsident Macron liebt große Gesten, Bundeskanzler Scholz bedachte Worte. Krieg, Rechtsruck und Inflation spalten Europa. Können diese Männer die EU retten?
07.05.2024 | 15:36 minBesorgte Blicke aus der EU
Ein Rechtsruck oder gar eine rechte Regierung in Europas zweitgrößter Volkswirtschaft könnte auch Konsequenzen für die EU haben. "Das ist eine andere EU, die die Rechtsnationalisten wollen als die Kräfte der Mitte. Da droht eine Spaltung, die sehr gefährlich werden kann," so Ulf Röller, ZDF-Studioleiter in Brüssel.
- Distanz zur AfD: Wie ernst meint es Le Pen?
Der Rassemblement National (RN) um Marine Le Pen fordert zwar keinen Austritt mehr aus der EU. Weniger Europa - Frankreich zuerst - ist aber Programm. Ihre geplanten Sozial-Programme lassen sich nur über neue Staatsschulden finanzieren, meinen Finanzexperten - und Frankreich ist ohnehin schon in den Top 3 der verschuldeten Länder Europas. Ein wirtschaftlich schwächeres Frankreich, so fürchtet man in Brüssel, könnte sich auf die gesamte EU auswirken.
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