Abschiebung: Meloni-Auffanglager in Albanien am Scheitern
Kampf um Abschiebung:Scheitert Melonis Albanien-Modell?
von Barbara Lueg, Rom
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Die beiden Auffanglager in Albanien hängen der italienischen Ministerpräsidentin inzwischen wie ein Klotz am Bein. Heute verhandelt der Europäische Gerichtshof erstmals darüber.
Italiens Ministerpräsidentin Meloni will ihr Modell zur Unterbringung von Flüchtlingen außerhalb der EU retten.22.10.2024 | 1:30 min
Im Kern geht es um diese Fragen: Wer bestimmt, welche Herkunftsländer von Asylbewerbern "sicher" sind - die EU oder die Mitgliedstaaten? Und: Darf eine Regierung darüber eigenmächtig entscheiden? Für Giorgia Meloni geht es um viel. Denn Italiens Regierungschefin hat den Kampf gegen illegale Migration zur Chefsache erklärt.
Melonis Abschiebepläne auf der Kippe
Als erstes Land in der Europäischen Union hatte sie Auffanglager in einem Drittstaat, dem Nicht-EU-Land Albanien bauen lassen, um Asylverfahren schnell abzuwickeln, bevor die Flüchtlinge die EU überhaupt betreten haben. Beide Lager sind vor allem für Männer gedacht, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen. Das Abkommen wurde 2023 von Italien und Albanien unterzeichnet.
Zwei von Italien betriebene Migrationszentren in Albanien sind nach Monaten Verzögerung fertiggestellt. Zehntausende Menschen pro Jahr sollen in den Einrichtungen unterkommen.11.10.2024 | 2:10 min
Bis zu 36.000 irreguläre Migranten jährlich sollten hier für die Dauer ihrer Asylverfahren untergebracht werden. Doch beide Aufnahmezentren in dem kleinen Örtchen Gjader und in der Hafenstadt Shengjin im Nordwesten Albaniens stehen leer. Denn die italienische Justiz grätschte immer wieder dazwischen und stoppte Melonis Vorhaben bereits drei Mal.
Es geht hier um die genaue Definition der sicheren Herkunftsländer und damit um die Vereinbarkeit einer italienischen Auslegung ihrer Liste von sicheren Herkunftsländern mit dem Recht der Europäischen Union.
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Gennaro Santoro, Rechtsanwalt und Experte für Einwanderungsrecht
Meloni bleibt entschlossen
Alle Männer - zuletzt Migranten aus Ägypten und Bangladesch - die von der italienischen Regierung in Albanien bereits festgesetzt waren, mussten schließlich doch nach Italien gebracht werden. Zum großen Unmut der italienischen Ministerpräsidentin. Denn ganz Europa blickt auf dieses Projekt. Und Meloni selbst wollte sich damit in der EU zur wichtigsten Akteurin in Migrationsfragen machen.
"Ich wünsche sehr, dass der Gerichtshof der Europäischen Union das Risiko abwenden wird, nicht nur die Rückführungspolitik Italiens, sondern aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zu untergraben. Wir hier sind entschlossen, für jedes Hindernis, dass sich uns in den Weg stellt, eine Lösung zu finden", droht Meloni.
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Kritik an Abschiebezentren
Doch sie wird das Urteil des Europäischen Gerichtshofs abwarten müssen und kämpft seit Wochen auch im eigenen Land für ihr Projekt.
Die Opposition in Italien kritisiert das Modell scharf. Elly Schlein, die Vorsitzende der Demokratischen Partei: "Die Regierung kann doch nicht sagen, dass es für die öffentliche Gesundheitsversorgung, mehr Personal und kürzere Wartezeiten für Patienten kein Geld gebe und dann für den Bau dieser Zentren rund 800 Millionen Euro aus dem Fenster schmeißen."
Auch Menschenrechtsorganisationen befürchten schlechte Bedingungen in den Zentren in Albanien und Migrationsforscher sind skeptisch.
Wem ist denn damit geholfen? Ein paar Tausend Menschen werden nach Albanien geschickt. Das Ganze wäre doch sowieso nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Für mich ein totgeborenes Kind.
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Christopher Hein, Professor für Migration und Asylrecht
Doch alle werden sich nun gedulden müssen. Die Schlussanträge des Generalanwaltes sollen am 10. April vorgelegt werden, das Urteil wird dann ein paar Monate später erwartet.