Krieg in Bosnien und Herzegowina: Ein Geflüchteter blickt zurück

Bosnien und Herzegowina:Erfolgsstory trotz Krieg: Ein Geflüchteter blickt zurück

Christian von Rechenberg

von Christian von Rechenberg, Wien

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Dzenan Ajanović floh als Teenager aus Bosnien und Herzegowina. Als der Krieg endete, kehrte er zurück. Und schreibt nun eine Erfolgsgeschichte - dank Mut und eines Vorbilds.

Dzenan Ajanović mit seiner Mutter - 1995 waren sie vor dem Krieg aus Bosnien und Herzegowina nach Deutschland geflohen.

Dzenan Ajanović mit seiner Mutter - 1995 waren sie vor dem Krieg aus Bosnien und Herzegowina nach Deutschland geflohen.

Quelle: Dzenan Ajanović

Den Meisterbrief seines alten Lehrherren hütet Dzenan Ajanović wie einen Schatz. "Ich habe das in einen Walnussrahmen umrahmt und schaue mir das Bild jeden Tag gerne an", erzählt er ZDFheute. Ajanović arbeitet heute in Tešanj, im Norden von Bosnien und Herzegowina. Doch das Geschenk stammt aus der Zeit seiner Ausbildung zum medizinischen Gerätebauer in Deutschland. Sie hat sein Leben geprägt.

Flucht vor dem Krieg 1995

1995, als der Krieg schon fast vier Jahre in Bosnien und Herzegowina tobte, floh Ajanović mit der Mutter und der Schwester nach Deutschland. Der Vater kämpfte an der Front. In Freiburg ging Ajanović ans Gymnasium, machte die mittlere Reife und lernte seinen zweiten Vater kennen, wie er ihn nennt, seinen Ausbildungsmeister.

Der war eine große Hilfe für mich, auch am Anfang meiner Selbstständigkeit in Bosnien.

Dzenan Ajanović

Der Meister bringt ihm alles über medizinischen Gerätebau bei - und hatte klare Vorstellungen, wie es mit dem jungen Mann später weitergehen sollte: "Sogar sofort, 1995, als ich die Ausbildung angefangen habe, hat er zu mir gesagt: Du, Dzeno, du gehst zurück und tust dein Land aufbauen."

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Damals hielt er das für verrückt. In einem Land, das immer noch von Krieg geprägt sei? "Was soll ich dann dort machen?", fragte Ajanović. Doch er nahm sich die Worte seines Ausbilders zu Herzen. Obwohl er in Deutschland längst integriert war, Freunde hatte, sich deutsch fühlte.

Tausende Bosnier wurden aus Deutschland abgeschoben

Ende 1999 kehrte er freiwillig nach Bosnien zurück - in ein Land, das ihm fremd war. Und in Trümmern lag. "Da hat man erst begriffen, dass du irgendwo bist, wo du nicht gehörst, wo du nicht aufgewachsen bist."

Das tat schon weh, aber ich musste nach vorne schauen und weitermachen.

Dzenan Ajanović

Nicht jeder ging freiwillig - Tausende Bosnier wurden von der Bundesrepublik zu dieser Zeit abgeschoben. Obwohl in Bosnien und Herzegowina die Wunden des Krieges noch längst nicht geheilt waren, wo noch immer Menschen vertrieben wurden, und Wiederaufbau teilweise nur dort möglich war, wo die Soldaten der UN-Friedenstruppe aufpassten.

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Noch heute ist Bosnien und Herzegowina instabil. Und aufgrund des komplizierten Friedensvertrages von Dayton, der vor 30 Jahren - am 14. Dezember 1995 - ratifiziert wurde, politisch kaum zu steuern. Projekte mit Perspektive entstehen vor allem auf Eigeninitiative.

Der Dayton-Friedensvertrag beendete am 21. November 1995 den Krieg in Bosnien und Herzegowina. Unterzeichnet in Dayton, Ohio, und am 14. Dezember in Paris ratifiziert, sicherte er den Erhalt Bosnien-Herzegowinas als Gesamtstaat mit zwei Entitäten: der überwiegend muslimischen und kroatisch-stämmigen Föderation und der mehrheitlich serbisch-stämmigen Republika Srpska.

Um den Frieden zwischen den Bevölkerungsgruppen zu sichern, etablierte der Vertrag allerdings ein hoch-komplexes politisches System mit internationaler Kontrolle. Der Frieden hält zwar bis heute, doch das komplizierte Machtgefüge lähmt Reformen und begünstigt destruktive Provokationen von Populisten vor allem in der Republika Srpska.


Rückkehr in das kriegsversehrte Bosnien und Herzegowina

Ajanović hatte Glück. Er konnte sich ein kleines Startkapital ansparen und hatte Werkzeuge seines Meisters im Gepäck: "Das sind noch die uralten Werkzeuge aus meiner Ausbildungszeit. Wie man richtig damit umgeht, das kann man nur von einem alten Meister lernen."

Die ersten Jahre, sagt er, waren hart. "Das war in der zerbombten Garage von meinem Papa, weil um das Haus herum sind mindestens 50 Granaten eingeschlagen. Kein Fenster an dem Haus war eigentlich funktionsfähig."

Die Garagentür war mit Blech und mit tausend Schrauben geflickt, damit es überhaupt auf und zu geht.

Dzenan Ajanović

200 Mitarbeiter in Firma in Tešanj

Heute beschäftigt Ajanović über 200 Mitarbeiter. Überall in den Werkhallen seiner Firma in Tešanj hört man Fräsen, Schweißgeräte, Hämmer und Poliermaschinen. Sein Unternehmen beliefert Pharma- und Biotech-Konzerne weltweit. Auch Werften für Luxusjachten fragen seine Produkte nach. "Mit dem Wissen, was ich in Deutschland faktisch gratis gekriegt habe."

Ich sage immer: Danke Deutschland und danke an meinen Meister.

Dzenan Ajanović

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In den Dank mischt sich Demut, denn nicht jeder, der zurückkam oder musste, hatte Glück: "Viele mussten nach Australien, Amerika auswandern, weil die ganze Existenz kaputt war. Die Häuser, die Arbeitsstellen, die Eltern wurden umgebracht oder haben die schlimmsten Traumata erlebt." Andere Rückkehrer sind noch heute vom Geld ihrer Verwandten im Ausland abhängig.

Und so hofft Ajanović, dass seine Geschichte ein Zeichen setzt. "Ich wünsche mir, dass Bosnien und Herzegowina eine Zukunft hat." Dreißig Jahre nach Ende des Kriegs ist sein Erfolg mehr als ein persönlicher Triumph - es ist ein Stück Hoffnung für ein Land, das lange um Perspektiven kämpft.

Über dieses Thema berichtete das ZDF heute journal am 14.12.2025 ab 21:45 Uhr.

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