Ex-Präsident angeklagt:Fall Bolsonaro: Brasilien vor historischem Urteil
Vor zweieinhalb Jahren versuchten Anhänger von Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro einen Staatsstreich. Verantwortlich dafür soll Bolsonaro sein. Von heute an steht er vor Gericht.
Jair Bolsonaro war von Januar 2019 bis Dezember 2022 Präsident Brasiliens.
Quelle: APFür Jair Bolsonaro geht es um seine Zukunft: Das Oberste Gericht beginnt heute mit der Urteilsfindung gegen den früheren Präsidenten Brasiliens. Ihm und sieben Mitangeklagten wird ein versuchter Staatsstreich nach der Wahl 2022 vorgeworfen.
Es ist das erste Mal in der Geschichte des südamerikanischen Landes, dass ein Ex-Präsident wegen eines mutmaßlichen Umsturzversuchs verurteilt werden könnte. Der 70-Jährige könnte den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen.
Brasiliens Oberster Gerichtshof hat für Ex-Präsident Bolsonaro wegen akuter Fluchtgefahr eine dauerhafte Überwachung angeordnet. Der 70-Jährige steht bereits unter Hausarrest.
27.08.2025 | 0:26 minUrteil gegen Bolsonaro kommende Woche erwartet
Zunächst wird der zuständige Richter Alexandre de Moraes den Bericht der Generalstaatsanwaltschaft verlesen. Danach treten Generalstaatsanwalt Paulo Gonet und die Verteidiger auf. Anschließend geben die fünf Richter der Ersten Kammer ihre Stimmen ab. Für eine Verurteilung reicht eine Mehrheit von drei Stimmen. Bis zum 12. September sind fünf Sitzungstage angesetzt. Ein Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.
Bolsonaro soll nach seiner Wahlniederlage gemeinsam mit Militärs und Verbündeten einen Putschversuch gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geplant haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war Bolsonaro über Pläne zur Ermordung Lulas und des Richters Moraes im Bilde gewesen.
Demnach sollte anschließend ein "Belagerungszustand" ausgerufen werden, der eine Wiederholung der Wahl ermöglicht hätte. Der rechtsextreme Ex-Präsident weist die Anschuldigungen zurück.
Brasiliens Oberstes Gericht hat Bolsonaro im Juli sofortige Haft angedroht. Dieser hatte trotz Verbot Beiträge in sozialen Netzwerken veröffentlicht.
22.07.2025 | 0:28 minDiplomatische Krise zwischen Brasilien und USA
Neben Bolsonaro sind auch frühere Kabinettsmitglieder und hochrangige Militärs angeklagt, darunter Ex-Verteidigungsminister Paulo Sérgio Nogueira, der frühere Marinechef Almir Garnier und Bolsonaros damaliger Sicherheitsberater Augusto Heleno.
Ihnen werden unter anderem versuchter Staatsstreich, die Beteiligung an einer bewaffneten kriminellen Vereinigung und die Beschädigung denkmalgeschützter Güter vorgeworfen. Im Falle einer Verurteilung könnten bis zu 43 Jahre Haft drohen.
Der Prozess gegen Bolsonaro hat eine diplomatische Krise zwischen Brasilien und den USA ausgelöst. Präsident Donald Trump, der als enger Verbündeter Bolsonaros gilt, kritisierte den Prozess als "Hexenjagd". Ende Juli verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen den Richter Moraes und erhob Zölle in Höhe von 50 Prozent gegen Brasilien.
Der Druck der US-Regierung hat jedoch bislang nicht den von Washington gewünschten Effekt erzielt. Vielmehr schränkte das Gericht die Bewegungsfreiheit Bolsonaros ein. Vergangene Woche ordnete das Gericht eine lückenlose Überwachung des Ex-Präsidenten an. Zuvor musste er bereits eine elektronische Fußfessel tragen und wurde unter Hausarrest gestellt. Auch die Verwendung von Onlinediensten ist ihm untersagt.
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13.08.2025 | 5:55 minGefängnis oder Freispruch?
Angesichts der Ausschreitungen in der brasilianischen Hauptstadt Brasília nach Bolsonaros Wahlniederlage vor mehr als zwei Jahren ist zudem die Sicherheit rund um das Oberste Gericht im Vorfeld der Urteilsverkündung verstärkt worden. Am 1. Januar 2023 hatten Bolsonaro-Anhänger in der Hauptstadt den Kongress, den Amtssitz des Präsidenten sowie das Oberste Gericht gestürmt und schwere Verwüstungen angerichtet. Der Angriff erinnerte an den Sturm von Trump-Anhängern auf den Kongress in Washington am 6. Januar 2021.
Nach Angaben aus seinem Umfeld dürfte Bolsonaro die Urteilsverkündung von zuhause aus verfolgen. Sollte er für schuldig befunden werden, könnte er in Berufung gehen. Es ist jedoch möglich, dass er direkt nach einem Schuldspruch in ein Gefängnis gebracht wird.
Selbst im Falle eines Freispruchs dürfte ein politisches Comeback schwierig werden für den Ex-Präsidenten: Aufgrund seiner Verurteilung in einem anderen Verfahren darf Bolsonaro bis 2030 nicht kandidieren. Eine Präsidentschaftskandidatur bei der Wahl im kommenden Jahr dürfte daher ausgeschlossen sein. Lula hat bereits verkündet, sich erneut zur Wahl zu stellen.
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