Keine Steuererklärung: Milliarden verbleiben beim Finanzamt

Milliarden verbleiben beim Finanzamt :Steuererklärung: Wie Arbeitnehmer jährlich Geld verschenken

von Eva Schmidt

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Steuergeschenke an den Staat: Fast jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland macht keine Steuererklärung. Viele wissen gar nicht, auf wie viel sie Geld sie dadurch verzichten.

Euros in Münzen und David Oudsandji, Gründer von Voltfang

In Deutschland gibt es fast 40 verschiedene Steuern. Doch wie funktionieren diese? Und wie gerecht sind sie?

25.11.2024 | 42:52 min

Wer hat schon gerne mit Steuern zu tun? Für viele sind sie lästig oder kompliziert, andere wiederum ärgern sich darüber, wie viel der Staat automatisch jeden Monat von Lohn und Gehalt abziehen lässt. Dabei lohnt es sich durchaus, eine Steuerklärung abzugeben. Denn im Schnitt lag die Rückerstattung laut Statistischem Bundesamt bei 1.172 Euro pro Kopf und pro Jahr.

Steuererklärungen bleiben aus: Eine Milliarde Euro Mehreinnahmen für den Staat

Rechtlich gesehen sind die monatlichen Steuerabzüge auf Lohn und Gehalt nur geschätzte Vorauszahlungen. Sie sollen verhindern, dass die gesamte Steuerlast erst am Jahresende anfällt. Läuft alles so, wie es der Gesetzgeber angedacht hat, machen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Ablauf des Jahres eine Steuererklärung. Und erst diese Steuerklärung ermittelt dann die tatsächlich geschuldete Steuerlast von Lohn und Gehalt.

So weit, so schlecht: Denn laut Statistischen Bundesamt verzichteten gut zwölf Millionen Steuerpflichtige auf eine solche Steuererklärung - knapp 29 Prozent der rund 43 Millionen Steuerpflichtigen in Deutschland. Die Zahlen beziehen sich auf 2021, aufgrund der langen Abgabefristen von Steuererklärungen liegen den Finanzverwaltungen die Daten immer erst mit Verzögerung vor.

Service: Steuererklärung 2024

Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler erklärt für das Jahr 2024, worauf es bei der Steuerklärung ankommt.

22.07.2025 | 14:24 min

Einer Studie der Uni München zufolge sind es vor allem Geringverdienende, die keine Steuererklärung einreichen. Aus der Studie geht auch hervor, wieviel der Staat dadurch an Mehreinnahmen hat: Hochgerechnet sind das knapp eine Milliarde Euro, genau 951 Millionen.

Mythen und Hürden: Gründe gegen die Steuererklärung

Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler geht zudem davon aus, dass viele einem "Mythos" aufsitzen und deswegen schon vor der ersten Abgabe ihrer Steuererklärung zurückschrecken und damit potentiell Geld verschenken.

Wenn man einmal eine Steuererklärung gemacht hat, muss man immer eine machen. Aber das stimmt nicht, wenn man nicht verpflichtet ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Daniela Karbe-Geßler, Bund der Steuerzahler

Denn anders als beispielsweise Selbständige seien Arbeitnehmer der Steuerklassen 1, 2 und 4, die keine Nebeneinkünfte haben und keine Lohnersatzleistungen beziehen wie etwa Elterngeld oder Kurzarbeitergeld, nicht dazu verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen, erklärt Karbe-Geßler. Und das seien mehr als die Hälfte aller Steuerpflichtigen.

Hinzu kommt die hohe Hemmschwelle, das Thema anzugehen: Viele fühlen sich mit Steuerfragen überfordert. Und einen Steuerberater zu beauftragen, vermeiden wiederum viele wegen der Kosten. Günstiger bieten beispielsweise Lohnsteuerhilfevereine Unterstützung an, auch wenn sie nicht so umfänglich beraten dürfen wie Steuerberater.

Wenn wir die Lohnsteuerhilfevereine nicht hätten, wären es bestimmt noch viel mehr Steuerpflichtige, die keine Steuerklärung einreichen.

Sebastian Eichfelder, Professor für Steuerllehre an der Uni Magdeburg

Steuern ohne Aufwand: Finanzämter testen automatische Steuerbescheide

Nach Einschätzung von Karbe-Geßler machen die Finanzverwaltungen schon einiges, um Steuererklärungen einfacher zu machen. Elster, kurz für "die elektronische Steuererklärung", das kostenlose Steuerprogramm der Finanzverwaltungen, sei nutzerfreundlicher geworden. Außerdem gäbe es Pilotprojekte in Hessen und Bayern, bei denen die Finanzämter bereits Vorschläge für die Steuerklärungen machten.

Unter dem Slogan "Die Steuer macht jetzt das Amt für Sie!" verschickt beispielsweise das Finanzamt Kassel schon einen fertigen Steuerbescheid. Wenn man damit einverstanden ist, muss man nichts weiter mehr unternehmen. Das Pilotprojekt in Kassel läuft seit diesem Jahr und versteht sich als Schritt der Steuerbehörden zur Entbürokratisierung.

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Quelle: dpa

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