DIW-Studie:Erbschaftsteuer: Was der Wegfall von Vergünstigungen brächte
Knapp acht Milliarden Euro mehr könnte der Staat 2026 bei der Erbschaftsteuer einnehmen, wenn Steuervergünstigungen wegfielen - das zeigt eine DIW-Studie im Auftrag der Grünen.
Erbschaften und Schenkungen großer Vermögen bleiben in Deutschland oft steuerfrei. Archivbild
Quelle: Wolfram Kastl/picture alliance/dpa/ArchivbildDie Einnahmen des Staates aus der Erbschaftsteuer könnten einer Studie zufolge deutlich ausgeweitet werden, wenn Steuervergünstigungen wegfallen. In diesem Szenario würde im Jahr 2026 das Aufkommen um 7,8 Milliarden Euro oder 65 Prozent erhöht. Das geht aus einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor, die am Freitag in Berlin veröffentlicht wurde.
Die Analyse wurde im Auftrag der Grünen erstellt, die im Erbrecht gerne Steuerprivilegien streichen würden. Laut DIW würden in diesem Fall allein 6,1 Milliarden Euro auf Übertragungen ab fünf Millionen Euro entfallen. Die Zahl der Steuerpflichtigen stiege um 8.100 Fälle oder 4,5 Prozent.
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02.12.2024 | 1:44 minGrüne gegen einheitlichen Steuersatz
Hintergrund: Unternehmen werden bei der Übertragung von Betriebsvermögen oft geschont, um die Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Steuerbefreiungen gibt es zum Beispiel, wenn Betriebsvermögen, landwirtschaftliche Betriebe oder Anteile an Kapitalgesellschaften vererbt oder verschenkt werden. Damit will man vermeiden, dass Betriebe aufgegeben werden müssen, weil die neuen Besitzer die Erbschaftsteuer aus dem Privatvermögen nicht zahlen können. Vor allem bei größeren Firmen fallen dabei aber mitunter gar keine Steuern an.
Trotz der geltenden Ausnahmen haben die Finanzämter im vergangenen Jahr so viel Erbschaft- und Schenkungsteuer eingefordert wie nie zuvor: insgesamt 13,3 Milliarden Euro. Das sind 12,3 Prozent mehr als im Jahr davor. 8,5 Milliarden Euro entfielen auf Erbschaften, 4,8 Milliarden Euro auf Schenkungen.
Den Berechnungen zugrunde liegen Erbschaften und Schenkungen von rund 113,2 Milliarden Euro, die über den Freigrenzen lagen. In den meisten Fällen ging es dabei um Summen unter einer Million, 27 Mal wechselten 100 Millionen oder mehr den Besitzer. In den vergangenen zehn Jahren waren es 463 Mal, wie aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Linken-Anfrage hervorgeht. In mehr als der Hälfte der Fälle seien dafür keine Steuern geflossen.
Die großen Vermögen werden der Statistik zufolge deutlich häufiger verschenkt als vererbt. In beiden Fällen gelten die gleichen Steuersätze und Freibeträge: Ein Ehepartner darf Erbschaften oder Schenkungen im Wert von bis zu 500.000 Euro erhalten, ohne Steuern zu zahlen. Für Kinder sind 400.000 Euro steuerfrei, bei Enkeln sind es 200.000 Euro. Trotzdem lassen sich durch geschickte Schenkungen zu Lebzeiten Steuern sparen - denn der Freibetrag kann alle zehn Jahre erneut genutzt werden. Wer früh anfängt, kann enorme Summen übertragen, ohne den Staat zu beteiligen.
Insgesamt nahmen Bund und Länder im ersten Halbjahr 2025 447,6 Milliarden Euro an Steuern ein. 2024 lagen die Steuereinnahmen laut Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums bei insgesamt 861,1 Milliarden Euro.
Quellenn: dpa, Reuters
Diese sogenannten Verschonungsregelungen für Übertragungen von Unternehmen und von vermieteten Wohnungen sollten aus Sicht der Grünen geändert werden. "Niemand versteht, warum es möglich ist, dass man bei einem Erbe von 26 Millionen Euro keinen Cent Erbschaftsteuer zahlen muss, während Menschen, die weniger erben, Steuern zahlen", erklärte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge jüngst. Dabei sollen Unternehmen die Steuerschuld aber stunden können.
Die Grünen wenden sich gegen einen einheitlichen Steuersatz oberhalb der Freibeträge. Die sogenannte Flat Tax würde Reiche begünstigen und Ärmere belasten, auch wenn der Satz etwa nur bei zehn Prozent liegen würde. Die Grünen verweisen darauf, dass 76 Prozent der Erbschaften und Schenkungen, bei denen Steuern festgesetzt werden, nicht innerhalb der engsten Familie erfolgen.
Eine zunehmende Zahl von Menschen in Ostdeutschland schlagen Immobilien-Erbschaften aus.
19.02.2025 | 1:35 minSPD für Lebensfreibetrag
Der DIW-Studie zufolge würde ein Tarif von zehn Prozent auf eine verbreiterte Bemessungsgrundlage das Erbschaftsteueraufkommen um 4,4 Milliarden Euro oder 36 Prozent senken. Bei etwa 15 Prozent wäre es für den Staat aufkommensneutral.
Die SPD hatte zuletzt einen Lebensfreibetrag vorgeschlagen. Bis zu einer bestimmten Summe wären dann Übertragungen steuerfrei, oberhalb davon würden sie versteuert. Laut DIW würde bei einem Lebensfreibetrag von 1,5 Millionen Euro und einem einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent das Minderaufkommen für den Staat bei 1,8 Milliarden Euro liegen. Die Zahl der Steuerzahler ginge um 94 Prozent zurück.
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