Kirche macht Glauben erlebbar:Pop-Gottesdienste in Heidelberg: Zum Gebet mit Harry Styles
Harry Styles und Co.: Die Heiliggeistkirche Heidelberg nutzt Pop-Gottesdienste, um junge Menschen zu erreichen, Kirchengänger zu halten und traditionelle Rollenbilder aufzubrechen.
Popmusik statt Kirchenorgel: Auf dem Programm des Pop-Gottesdienstes in der Heidelberger Heiliggeistkirche stand der bekannte Sänger Harry Styles. Das lockte Hunderte Besucher an.
27.10.2025 | 2:20 minWenn in der evangelischen Heiliggeistkirche in Heidelberg Popmusik erklingt, ist sie bis auf den letzten Platz gefüllt. Zu den sogenannten Pop-Gottesdiensten kommen regelmäßig mehr als 1.000 Besucherinnen und Besucher. Viele von ihnen hatten mit klassischen Gottesdiensten längst abgeschlossen und finden hier eine ganz neue Erfahrung.
Pop-Gottesdienste für mehr Offenheit
Pfarrer Vincenzo Petracca hat die Reihe vor einigen Jahren gestartet. Seine Idee: Kirche und unkonventionelle Themen zusammenbringen. "Wir sprechen über das, was Menschen heute beschäftigt und über Vorbilder, die sie kennen", erklärt er.
Ziel sei es, vor allem jüngere Menschen wieder stärker an die Kirche zu binden. Gleichzeitig möchte Petracca traditionelle Rollenbilder hinterfragen und die Besucherinnen und Besucher für Themen wie Homosexualität, Transsexualität, Unglaube oder Gleichberechtigung sensibilisieren.
In Hannover trafen sich im Mai Gläubige zum evangelischen Kirchentag. Geprägt von den aktuellen Krisen steht er unter der Frage, wie politisch Kirche sein darf und soll.
03.05.2025 | 1:42 minPopstars als Vorbilder
In den Gottesdiensten stehen Persönlichkeiten wie Taylor Swift, Adele oder Harry Styles im Mittelpunkt. Ihre Songs, ihr Lebensweg und ihre Haltung dienen als Ausgangspunkt für Predigten über Selbstfindung, Liebe, Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung. "Popstars sind moderne Vorbilder", sagt Petracca.
Sie vermitteln Werte, die junge Menschen nachvollziehen können.
Vincenzo Petracca, Pfarrer
Was anfangs wie ein PR-Gag wirkte, hat sich zu einem festen Konzept entwickelt. Die Kirche wird zum Raum für gesellschaftliche Debatten: Queerness, Frauenrechte, Geschlechterrollen und die Frage, wie Glaube heute gelebt werden kann.
Viele Besucherinnen und Besucher erleben ihre Kirche dadurch ganz neu. "Ich finde es spannend, dass hier Themen besprochen werden, die sonst eher auf Social Media diskutiert werden", sagt Sandra Mach. Sie ist extra aus Stuttgart angereist, um den ausgebuchten Harry-Styles-Gottesdienst mit ihrer 11-jährigen Tochter zu besuchen. "Man bekommt wieder Lust auf Kirche, weil nicht nur über Heilige und das Mittelalter gesprochen wird."
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22.09.2025 | 1:48 minGlaube soll zugänglich sein
Petracca will kein Pop-Event inszenieren, sondern Kirche öffnen. Zwischen Songs wie "As It Was" von Harry Styles oder "Anti Hero" von Taylor Swift spricht er über Sinnsuche, Gemeinschaft und Akzeptanz. In einer Sprache, die jeder versteht. Es geht nicht darum, den Glauben hip zu machen, sondern ihn erlebbar zu machen.
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Dass das Konzept funktioniert, zeigen die Zahlen: Während normale Sonntagsgottesdienste rund 50 Besucherinnen und Besucher haben, kommen zu den Pop-Gottesdiensten oft über 600 pro Veranstaltung, zwei davon gibt es an einem Tag. Viele reisen aus anderen Städten an. Auch Sondergottesdienste, bei denen bis zu 400 Menschen die Kirche füllen, sind beliebt. Das Publikum bleibt treu und seit dem internationalen Medienecho auf den Taylor-Swift-Gottesdienst im Mai 2024 steigt die Zahl der Besucherinnen und Besucher kontinuierlich. Die Gottesdienste sind kostenfrei, die Plätze werden vorher reserviert.
Für Petracca ist das ein Zeichen, dass Kirche wieder relevant sein kann, wenn sie alte Muster aufbricht. "Glaube muss nicht rückwärtsgewandt sein", sagt er. "Er darf inspirieren, genauso wie gute Musik."
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