Nobelpreis-Verleihung:Wie steht es um die deutsche Innovationskraft?
von Simon Seitel
Wie jedes Jahr werden am Todestag des Namengebers, dem 10. Dezember, die Nobelpreise in Stockholm verliehen. Deutsche Preisträger gibt es selten. Das war nicht immer so.
Der Wissenschaftsstandort Deutschland galt seit langem international als führend. Doch andere Länder haben aufgeholt und sind innovativer geworden. Wo steht Deutschland heute?
09.12.2025 | 3:04 minAls 1901 erstmals der Nobelpreis verliehen wurde, gingen gleich zwei der fünf Auszeichnungen an Deutsche: Der Bakteriologe Emil von Behring erhielt den Medizinnobelpreis, und Wilhelm Conrad Röntgen wurde für die Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen mit dem Physiknobelpreis geehrt.
Einst galt der deutsche Wissenschaftsstandort als international führend. Mehr als 80 Nobelpreise gingen nach Deutschland. Inzwischen haben allerdings andere Nationen die Nase vorn.
Der typische Preisträger
Laut einer Analyse des Fachmagazins "Nature" ist der durchschnittliche Nobelpreisträger 58 Jahre alt, männlich und wartet rund 20 Jahre auf die Auszeichnung, nachdem er seine nobelpreiswürdige Forschung durchgeführt hat. Über die Hälfte aller Nobelpreise (54 Prozent) gingen an Menschen, die in Nordamerika ansässig sind - darunter auch prominente deutsche Preisträger wie Albert Einstein.
Der Nobelpreis für Wirtschaft geht in diesem Jahr an Joel Mokyr, Philippe Aghion und Peter Howitt - sie forschen zu technischer Innovation und nachhaltigem Wirtschaftswachstum.
13.10.2025 | 0:17 minWie im Testament von Stifter Alfred Nobel festgehalten, würdigen die Nobelpreise herausragende Leistungen in Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden. Seit 1968 auch in Wirtschaftswissenschaften. Sie gelten als die höchste wissenschaftliche Auszeichnung und machen sichtbar, welche Fortschritte durch Erfindergeist und technologische Innovation möglich werden.
"Gründerzeit 2.0" - was Deutschland jetzt braucht
In Deutschland neue Innovationen zu schaffen, ist das Ziel der Bundesagentur für Sprunginnovationen, kurz SPRIND. Für deren Geschäftsführer Rafael Laguna de la Vera ist klar, dass deutsche Wissenschaftler nach wie vor hochgefragt sind. "Wenn Sie mal in die ausländischen Universitäten schauen, wie viele Deutsche da rumspringen, da ist schon noch sehr viel Potenzial. Wir entfalten es hier nicht", sagt er.
Ich glaube, wir haben jetzt eine geopolitisch gute Chance, Europa wieder attraktiv als Standort für diese Menschen zu machen.
Rafael Laguna de la Vera, SPRIND-Geschäftsführer
Der heutige Wohlstand beruhe größtenteils auf Industrien, die es schon seit Jahrhunderten gebe, so der Experte. Damals habe man technologische Erfindungen relativ schnell in Industrien übersetzt, erklärt er. "Das müssen wir für die nächsten 150 Jahre einfach nochmal machen. Ich nenne das gerne die Gründerzeit 2.0."
Deutschland darf zuversichtlich bleiben: "Wir sind immer noch eine Nation von Erfindern. Wir haben ein gut finanziertes Grundlagenforschungssystem, wir haben großartige Institute in den Universitäten, aber auch außerhalb. Wir reden uns da leider häufig viel zu klein", sagt Laguna de la Vera und ergänzt:
Ein iPhone würde es ohne deutsche Erfindungen nicht geben.
Rafael Laguna de la Vera, SPRIND-Geschäftsführer
Starke Forschung - aber Angst vorm Scheitern
Oliver Falck, Leiter des Zentrums für Innovationsökonomik und Digitale Transformation am Ifo-Institut, sieht Deutschland ebenfalls nicht chancenlos abgehängt. Zwar gingen Nobelpreise seltener nach Deutschland, doch gebe es hierzulande noch immer starke Forschung. Besonders in spezialisierten Bereichen sei Deutschland seiner Ansicht nach führend.
Von Quantencomputern über Brennstoffzellen bis hin zu Hightech-Produkten für den Alltag: Bei der Verleihung des Deutschen Gründerpreises traten die innovativsten Start-ups an.
09.09.2025 | 1:25 minGleichzeitig fehle häufig Mut zu wirklich disruptiven, also bahnbrechenden Entwicklungen: "Gerade bei den Spitzentechnologien hat es eben viel damit zu tun, dass man eben häufiger mal zwei Schritte auf einmal nehmen muss. Und dann vielleicht aber auch mal auf's Maul fällt, dann aber eben wieder aufstehen muss und wieder Neues probieren muss", so Falck.
Dass es den Nobelpreis überhaupt gibt, ist dem schlechten Gewissen des Dynamit-Erfinders Alfred Nobel zuzuschreiben. Er starb am 10. Dezember 1896 im Alter von 63 Jahren.
04.10.2023 | 5:38 minSimon Seitel ist Reporter im ZDF-Studio in München.
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