Angriff in ICE in Bayern: Ermittler suchen nach Motiv

Ermittlung wegen Mordversuchs:ICE-Attacke in Bayern: Suche nach dem Motiv

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Nach dem Angriff auf mehrere Fahrgäste in einem ICE in Niederbayern suchen die Ermittler nach einem Motiv. Der Tatverdächtige stand nach ersten Erkenntnissen unter Drogen.

Die Polizei und Spurensicherung ermitteln in einem ICE, in dem ein Mann in Niederbayern mehrere Passagiere angegriffen hat
In einem ICE hat ein Mann in Bayern mehrere Passagiere angegriffen und verletzt.
Quelle: dpa

Nach dem Angriff eines Mannes mit Hammer und Axt auf Mitreisende in einem ICE in Niederbayern haben die Ermittler erste Anhaltspunkte für mögliche Motive. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen zweifachen Mordversuchs und gefährlicher Körperverletzung gegen einen 20-jährigen Syrer.
Ein Drogenschnelltest habe Hinweise auf drei Betäubungsmittel im Blut des Verdächtigen ergeben, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher von der Staatsanwaltschaft Regensburg bei einer Pressekonferenz in Straubing. Es sei nicht auszuschließen, dass der Angriff durch eine drogenbedingte Psychose ausgelöst worden sei. Das Motiv sei derzeit aber noch unklar.

Wir sind schlicht und einfach am Anfang der Ermittlungen.

Thomas Rauscher, Oberstaatsanwalt

Ermittler: Kein konkreter Verdacht auf Extremismus

Die Ermittler stehen laut Rauscher auch im Austausch mit der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft München. Laut der Aussage eines Zeugen soll der Mann vor dem Angriff mit einem Zimmererhammer gebetet und die Worte "Allahu Akbar" gesprochen haben.
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Einen expliziten Extremismusverdacht gebe es aber nicht. Der Mann sei bisher nicht für staatsschutzrelevante Vorfälle bekannt. Die Ermittler gehen zudem davon aus, dass er allein gehandelt hat.

Verdächtiger in Österreich verurteilt - Asylstatus offen

Für die Behörden in Österreich, wo der 20-jährige Syrer wohnte, war der Verdächtige kein Unbekannter. Nach zwei rechtskräftigen Verurteilungen wegen schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt im Februar und Ende April 2025 sei im Mai ein Asyl-Aberkennungsverfahren gegen den Mann eingeleitet worden, teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Wien mit. Der Verdächtige hatte demnach 2021 in Österreich einen Asylantrag gestellt und 2022 einen Schutzstatus erhalten.
Im Zug nach Wien habe sich der 20-Jährige legal aufgehalten, hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zuvor mitgeteilt. In Bayern sei der Mann bisher noch nicht auffällig gewesen. In anderen deutschen Bundesländern müsse das noch überprüft werden.

Untersuchungshaft beantragt

Die Ermittler beantragten Untersuchungshaft für den 20-Jährigen. Dieser liege allerdings selbst noch mit schweren Verletzungen im Krankenhaus - daher sei unklar, wann ein möglicher Haftbefehl eröffnet und der Verdächtige in ein Gefängnis gebracht werden könne. Ob er schuldfähig ist, müsse noch geklärt werden.
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Die Verletzungen hatte der Angreifer laut den Ermittlern erlitten, weil sich seine Opfer gegen die Attacke wehrten - mit Hilfe von anderen Passagieren, die couragiert eingriffen. Darunter sei auch ein uniformierter Bundeswehrsoldat gewesen, sagte der niederbayerische Polizei-Vizepräsident Werner Sika.
Einer der Angegriffenen, ein 24 Jahre alter Syrer, habe dem Verdächtigen zudem den Hammer abnehmen können und ihn damit verletzt. Man gehe davon aus, dass der 24-Jährige in Notwehr gehandelt habe, sagte Oberstaatsanwaltschaft Rauscher.

Fahrgast wollte vor Angriff wohl Notruf absetzen

Neben dem 24-Jährigen wurden eine 51 Jahre alte Frau aus Syrien und ihr 15-jähriger Sohn sowie ein 38-jähriger Deutscher verletzt. Der Angreifer war laut Stefan Schillinger, leitender Kriminaldirektor beim Polizeipräsidium Niederbayern, während der Zugfahrt schon auffällig geworden.
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Als der 38-jährige Deutsche einen Notruf absetzen wollte, habe der 20-Jährige seine Mitreisenden angegriffen. Zunächst war die Polizei von leichten Verletzungen bei den vier Opfern ausgegangen. Mehrere Verletzte mussten aber nach dem Angriff im Krankenhaus behandelt werden. In Lebensgefahr ist den Ermittlern zufolge derzeit niemand.

ICE stoppte wegen Notbremse

Es ist nicht klar, ob sich der Tatverdächtige und die Opfer kannten. Nach Angaben von Innenminister Hermann soll der Mann mit den syrischen Opfern unmittelbar vor dem Angriff geredet haben. Er gehe davon aus, dass ihm zumindest bewusst war, dass sie auch Syrer waren.
Die Attacke hatte sich am Donnerstagnachmittag in einem ICE von Hamburg-Altona nach Wien ereignet, der mit etwa 430 Fahrgästen besetzt war. Als der Nothalt betätigt wurde, blieb der Zug im niederbayerischen Straßkirchen (Landkreis Straubing-Bogen) stehen. Die herbeigerufene Polizei nahm den mutmaßlichen Angreifer fest.
Quelle: dpa, AFP
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