Papstwahl - Experte zu Konklave: "Parolin ist jetzt wohl raus"

Interview

Experte zu Konklave:Papstwahl: "Parolin ist jetzt wohl raus"

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Drei Wahlgänge, aber noch kein neuer Papst. Was das für die favorisierten Kandidaten bedeutet, erklärt Jesuit und Publizist Andreas R. Batlogg.

Der Schornstein der Sixtinischen Kapelle in Rom
Auch der zweite und der dritte Wahlgang der Papstwahl waren nicht erfolgreich. Am Mittag stieg erneut schwarzer Rauch aus dem Kamin der Sixtinischen Kapelle in Rom.08.05.2025 | 0:21 min
Die Kardinäle wählen einen neuen Papst - und gebannt blickt die Welt auf einen Schornstein im Vatikan. Jesuit und Publizist Andreas R. Batlogg gibt eine Einschätzung, wie sich das Konklave hinter den Mauern des Vatikans in diesen Stunden entwickeln könnte.
ZDFheute: Herr Batlogg, die ersten Wahlgänge haben noch keinen weißen Rauch gebracht. Was heißt das jetzt?
Andreas R. Batlogg: Zumindest ist Kardinal Pietro Parolin damit jetzt wohl raus. Das Terrain für ihn war eigentlich bereitet, er war tagelang Topfavorit. Er leitet das Konklave, hat also eine herausragende Rolle. Wenn er es da bis jetzt nicht geschafft hat, die nötigen Stimmen zusammenzubekommen, zeigt das, dass die Kardinäle jemand anderen suchen.

Batlogg
Quelle: Privat

Andreas R. Batlogg (* 4. Oktober 1962) ist Theologe, Jesuit und Publizist aus Wien. Von 2009 bis 2017 war er Herausgeber und Chefredakteur der Kulturzeitschrift "Stimmen der Zeit" in München.

ZDFheute: Wen denn? Worauf schauen die Kardinäle?
Batlogg: Offenbar wollen sie keinen Bürokraten und Diplomaten, wie es Parolin ist, sondern einen Hirten. Jemanden, der nahbar ist, der Charisma hat, möglicherweise eine große Diözese geleitet hat. Außerdem muss das Alter stimmen: Wenn er zu jung ist, bleibt er möglicherweise über viele Jahre. Das wollen die meisten Kardinäle nicht. Wenn er zu alt ist, braucht es möglicherweise in wenigen Jahren schon wieder ein Begräbnis und Konklave. Das kostet auch alles Geld.
Zwei Bischöfe gehen im Vatikan auf große Tür mit Marmorsäulen zu, rechts davon stehen zwei Männer der Schweizer Garde
Abgeschottet von der Außenwelt bestimmen die Kardinäle unter größter Geheimhaltung in der Sixtinischen Kapelle den neuen Papst. Das Konklave beginnt, wir stellen die Papabili vor.07.05.2025 | 45:54 min
ZDFheute: Wer kommt aus ihrer Sicht jetzt besonders infrage?
Batlogg: Natürlich ist viel von den anderen Italienern die Rede: Pierbattista Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jersualem, und Matteo Zuppi. Aber auch Jean-Marc Aveline aus Marseille wird von einigen protegiert. Die andere Frage ist: Was ist mit Kardinal Tagle von den Philippinen? Das ist noch offen. Am Ende kann es aber auch gut sein, dass jemand zum Vorschein kommt, der überhaupt nicht auf dem Schirm war.

Ich habe mir am Mittwoch beim Einzug der Kardinäle in die Sixtinische Kapelle nochmal gedacht: Wir haben den neuen Papst ja schon gesehen. Wir wissen nur nicht, wer es ist.

Andreas R. Batlogg, Jesuit und Publizist

ZDFheute: Wie muss man sich vorstellen, was im Moment im Konklave abläuft? Werden da Allianzen geschmiedet?
Batlogg: Man kann davon ausgehen, dass bereits nach dem ersten Wahlgang am Mittwoch viel geredet wurde unter den Kardinälen. Da fragt man beim Abendessen: Was hältst du von diesem Kardinal? Wie kommt dir das vor? Und dann gibt es natürlich auch immer Spekulationen, zum Beispiel rund um die Gesundheit einzelner Kandidaten. Und jetzt am Donnerstag beim Mittagessen wurde es bestimmt noch konkreter, weil der Favoritenkreis kleiner wird.
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Auch im dritten Wahlgang wurde im Konklave kein neuer Papst gewählt. Auf dem Petersplatz wünschen sich viele jemanden, "der in der Nachfolge von Franziskus steht", so ZDF-Reporterin Anne Brühl.08.05.2025 | 2:44 min
ZDFheute: Gibt es Kardinäle, die eine besondere Rolle einnehmen, sozusagen als "Königsmacher"?
Batlogg: Ganz sicher. Zum Beispiel wird oft Kadinal Erdő aus Ungarn genannt, der den konservativen Flügel vertritt. Aber auch der deutsche Kardinal Reinhard Marx. Im Vorkonklave hat er auf das horrende Haushaltsdefizit des Vatikans hingewiesen. Sein Wort hat hier schon viel Gewicht.
ZDFheute: Zum Schluss noch Ihr Tipp: Wann haben wir einen neuen Papst?
Batlogg: Ich denke, Donnerstagabend oder Freitagmorgen. Die Trends werden sich jetzt immer deutlicher abzeichnen.
Das Interview führte Christoph Wiesel, ZDF-Reporter in Rom.

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