Krebskrank und Kinderwunsch:Brustkrebs mit 29: "Leben auf Pause"
Mit rund 67.300 Neuerkrankungen jährlich ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Schon kurz nach der Diagnose werden sie gefragt: Wollen Sie noch Kinder bekommen?
Sarah und Jacqueline sind noch keine 30 Jahre alt, als sie an Brustkrebs erkranken. Und plötzlich vor der großen Frage stehen: Kann ich noch Kinder bekommen?
12.10.2025 | 27:10 minAls Sarah in ihrer linken Brust einen Knoten ertastet, ist sie 29 Jahre alt.
Seitdem ist mein Leben wie auf Pause.
Sarah, Brustkrebspatientin
Während ihre Freundinnen und Freunde heiraten, Karriere machen, auf Reisen gehen oder eine Familie gründen, kämpft sie um ihr Leben. Sie ist jetzt 30 und hat Chemotherapien, Bestrahlungen und eine Operation hinter sich.
Überraschende Diagnose für junge Frauen
Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Nur wenige sind jünger als 30. "Ganz unabhängig vom Alter ist die Diagnose immer ein Schock. Aber für junge Frauen kommt sie häufig überraschender", berichtet Ulrich Karck. Er ist ärztlicher Direktor an der Frauenklinik des Klinikum Stuttgarts. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Frauen bei etwa 64 Jahren und damit deutlich höher.
Wer jung erkrankt, ist plötzlich mit existentiellen Ängsten konfrontiert - um das eigene Leben, körperliche Veränderungen und eine ungewisse Zukunft.
Jede Frau sollte einmal im Monat ihre Brust abtasten. Der beste Zeitpunkt dafür ist eine Woche nach Beginn der Regelblutung. Dann ist das Brustgewebe weicher, und eventuelle Knoten lassen sich besser ertasten. Auch nach den Wechseljahren ist eine monatliche Selbstuntersuchung sinnvoll.
- Mit entblößtem Oberkörper vor einen Spiegel stellen und die Brust auf Auffälligkeiten untersuchen. Die Perspektive dabei durch Vorbeugen, Arme heben oder in die Seite stemmen verändern.
- Mit der flachen Hand die Brust systematisch abtasten. Dabei spiralförmig vom äußeren Rand zur Mitte hin streichen und mit den Fingern leichten Druck ausüben. Die Bereiche in Richtung Schlüsselbein und Achselhöhle miteinbeziehen.
- Die Brustwarze kurz zusammendrücken, um zu prüfen, ob Flüssigkeit austritt.
- Selbstuntersuchung im Liegen wiederholen.
Unfruchtbar nach Chemotherapie?
Sarah leidet vor allem darunter, dass sie vielleicht keine Kinder mehr bekommen kann. Denn eine Chemotherapie kann unfruchtbar machen.
Das macht mich einfach richtig sauer, weil ich hab's nicht gewollt. Ich wollte den Krebs nicht.
Sarah, Brustkrebspatientin
Dazu kommt: Auf die Akuttherapie folgt häufig eine mehrjährige Antihormontherapie, die das Rückfallrisiko senken soll. Währenddessen raten Ärzte eher von einer Schwangerschaft ab. Und nach der Therapie kann es altersbedingt schwieriger werden, den Kinderwunsch zu verwirklichen.
Viele Menschen in Deutschland können keine Kinder bekommen und versuchen es auf künstlichem Weg. Wie schwierig das sein kann, zeigt die Geschichte von Heike und Dennis.
15.06.2025 | 30:15 minÄrzte und Ärztinnen sind deswegen dazu angehalten, Patientinnen noch vor Therapiebeginn über verschiedene fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen, wie die Konservierung von Eizellen oder Eierstockgewebe zu informieren. Die Kosten für eine sogenannte Kryokonservierung übernehmen seit Juli 2021 die Krankenkassen bei Frauen bis zum vollendeten 40. Lebensjahr.
Eine Expertin des Krebsinformationsdienstes in Heidelberg rät dazu, diese Angebote zu nutzen. "Auch wenn man noch nicht weiß, ob man überhaupt Kinder will oder später die Option der künstlichen Befruchtung braucht," sagt Anke Ernst. Diese Möglichkeit zu haben, erhöhe die persönliche Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft.
Ein Beispiel: Bei Frauen, die vor einer Krebstherapie Eizellen einfrieren ließen, lag die Lebendgeburtrate bei 26 bis 32 Prozent. Waren die Eizellen vor Einlagerung befruchtet, lag die Rate bei 35 bis 41 Prozent. Das geht aus der entsprechenden aktuellen Leitlinie der American Society of Clinical Oncology hervor.
KI unterstützt Ärzte und Patienten im Kampf gegen Krebs – sie ermöglicht präzisere Bestrahlungen und bietet durch Chatbots die Möglichkeit einer zweiten Meinung.
04.02.2025 | 2:33 minZeit als Erfolgsfaktor
Unabhängig davon, ob Eizellen konserviert wurden, bleibt Zeit ein entscheidender Erfolgsfaktor. "Je jünger eine Patientin, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie noch Mutter werden kann", erklärt Professor Karck. Sarah entscheidet sich dafür:
Ich bin heilfroh über dieses Backup. Denn keiner kann einem garantieren, dass man auf dem natürlichen Wege schwanger werden kann.
Sarah, Brustkrebspatientin
Brustkrebs ist weltweit und auch in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Etwa jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Etwa ein Prozent aller Fälle betrifft Männer.
Es gibt verschiedene Arten von Brustkrebs, darunter das invasive duktale Karzinom (häufigste Form bei Frauen ab 45 Jahren) und das invasive lobuläre Karzinom (zweithäufigste Form, die in der Regel bei Frauen ab dem 55. Lebensjahr auftritt).
Wird Brustkrebs früh erkannt, sind die Heilungschancen sehr hoch. Regelmäßige Mammographien und die Selbstuntersuchung der Brust spielen dabei eine entscheidende Rolle. Dank Fortschritten in Diagnostik und Therapie liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate in frühen Stadien bei über 90 Prozent.
Zu den Risikofaktoren zählen das Alter (Frauen über 50 sind häufiger betroffen), familiäre Vorbelastung, Hormonersatztherapie, ungesunde Lebensgewohnheiten und Übergewicht.
Brustkrebs kann durch Operation, Chemotherapie, Bestrahlung, Hormontherapie oder eine Kombination dieser Methoden behandelt werden. Die Therapie hängt von der Art und dem Stadium des Tumors ab.
Schwanger nach sieben Jahre Krebstherapie?
Auf natürlichem Wege wollen es Jacqueline und ihr Mann Sergej versuchen. Sieben Jahre nach ihrer Brustkrebsdiagnose möchten sie ein zweites Mal Eltern werden. Immer schon sollte ihr Sohn Noah ein Geschwisterchen bekommen. Doch der Krebs hatte diese Pläne durchkreuzt.
Ich hatte Sorge, dass ich sterben werde. Angst, dass ich Noah nicht aufwachsen sehen darf.
Jacqueline (36), Brustkrebspatientin
Und immer noch ist die Sorge groß, dass der Krebs zurückkommen könnte. "Ich dachte: Vielleicht sind wir doch lieber eine kleine, dreiköpfige Familie, als dass ich vielleicht am Ende mit Noah alleine dastehe", sagt Sergej.
Jacqueline ist erst 26 Jahre alt, als sie an Brustkrebs erkrankt.
Quelle: ZDFMediziner: Krebs nimmt Wahlmöglichkeit
"Junge Frauen sehen Brustkrebs oft als doppelte Bedrohung - für sich und ihre Familie", berichtet Karck. Die meisten hätten vor der Diagnose das Gefühl, frei wählen zu können, ob sie Kinder bekommen, wann und wie viele. Der Krebs nehme ihnen diese Macht.
Keine Wahlmöglichkeit zu haben, wird als großer Verlust wahrgenommen.
Prof. Ulrich Karck, Klinikum Stuttgart
Die Mammografie hilft, Brustkrebs früh zu erkennen. Doch jede Frau sollte auch die Risiken kennen, bevor sie sich für oder gegen diese wichtige Früherkennungsuntersuchung entscheidet.
01.10.2025 | 4:57 minDie Ärzte geben Jacqueline und Sergej Entwarnung: Nach Abschluss einer Krebstherapie ist eine Schwangerschaft ohne erhöhtes Rückfallrisiko möglich. Also versuchen sie es. Und werden enttäuscht.
Jacqueline hat drei Fehlgeburten.
Man fällt in ein Loch, man fällt wirklich in ein Loch.
Jacqueline, Brustkrebspatientin
Doch aufgeben ist weder für sie noch für Sarah eine Option: Der Krebs soll ihren Wunsch nach Familie nicht zunichtemachen.
Luisa Houben ist Reporterin im ZDF-Studio in Stuttgart und Autorin des Films "37°Leben - Krebskrank und Kinderwunsch".
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