Flugzeug in Indien abgestürzt:Was Experten zu möglichen Absturzursachen sagen
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Bei dem Absturz eines Passagierflugzeugs im Nordwesten Indiens sind mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Nun stellt sich die Frage: Wie konnte es zu dem Unglück kommen?
Stunden nach dem Absturz eines Flugzeugs in Indien wird allmählich das Ausmaß der Katastrophe sichtbar. Nach Angaben der Fluggesellschaft Air India sind 241 der 242 Passagiere und Besatzungsmitglieder des Flugs AI171 auf dem Weg von Ahmedabad nach London ums Leben gekommen.
Die Maschine war nur wenige Minuten nach dem Start vom internationalen Flughafen Ahmedabad aus einer Höhe von etwa 200 Metern über einem Wohngebiet bei einem Wohnheim für Medizinstudenten abgestürzt. Über die Ursache des Unglücks wird gerätselt.
Experte: Ablauf des Absturzes in Indien ungewöhnlich
Nach Einschätzung von John McDermid ist es allerdings noch sehr früh, um über die Gründe zu spekulieren. Auf den ersten Blick sei der Ablauf des Absturzes allerdings sehr ungewöhnlich, sagte der Professor für Softwaretechnik an der Universität York der Nachrichtenagentur AP. Starts und Landungen seien zwar immer die gefährlichsten Momente eines Flugs, doch die Maschine von Air India sei noch nicht auf eine Höhe von mehr als 200 Meter aufgestiegen, als sie abgestürzt sei.
Piloten können den Start bis zu einem sehr späten Zeitpunkt abbrechen.
John McDermid, Experte
Es scheine also, dass das Problem sehr plötzlich kurz vor oder nach dem Abheben aufgetreten und schwerwiegend genug gewesen sei, um es auch mit den bestehenden Sicherungssystemen nicht mehr in den Griff zu bekommen.
Luftfahrtexperte John Cox vom Beratungsunternehmen Safety Operating Systems sagte der AP, die ersten Bilder von dem Absturz seien nicht besonders gut, aber nach allem, was er gesehen habe, zeigte die Flugzeugnase nach oben und die Maschine stieg nicht weiter auf. Das sei sicherlich einer der Punkte, den man sich bei den Ermittlungen ansehen müsse.
Landkarte Indiens mit dem Flughafenstandort Ahmedebad
Quelle: zdf
Luftfahrtexperte: Reine Spekulation ohne Flugdatenschreiber
Heinrich Großbongardt, ebenfalls Luftfahrtexperte, warnte derweil im Gespräch mit ZDFheute live ausdrücklich vor voreiligen Schlüssen:
Wir wissen nichts. Solange der Flugdatenschreiber nicht geborgen und ausgewertet ist, ist das alles reine Spekulation.
Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte
Dennoch gibt es laut Großbongardt mehrere denkbare Szenarien, die theoretisch eine Rolle gespielt haben könnten. "Ein richtiger Strömungsabriss war es nicht. Aber der Flugzustand, den man dort sieht, ein sogenannter Sackflug, der tritt dann auf, wenn der Tragflügel nicht ausreichend Auftrieb produziert," erklärte der Experte.
Die Ursache dafür sei in der Regel ein Mangel an Schub. Denkbar sei hier zum einen, dass die Triebwerke zu wenig Leistung gebracht haben. Zum anderen könne es theoretisch auch sein, dass die Klappen am Flügel nicht richtig standen - sodass bei der relativ niedrigen Geschwindigkeit während des Starts "nicht genügend Auftrieb" erzeugt wurde, so Großbongardt.
Landkarte Indiens mit dem Flughafenstandort Ahmadebad
Quelle: zdf
Experte zu Absturz in Indien: Keine Hinweise auf Vogelschlag
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vogelschlag Auslöser für die Flugprobleme war, hält Großbongardt gegenwärtig für nicht groß. Hierfür gebe es bislang keine Hinweise.
Ein wichtiger Punkt ist, dass man keinen Rauch sieht. Das wäre ein Indiz dafür.
Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte
Zudem befinde sich der Flughafen nicht in der Nähe großer Wasserflächen, in denen sich größere Vogelschwärme aufhalten könnten.
Was sagt der Mayday-Ruf der Piloten aus?
Aus unbestätigten Berichten, wonach kurz vor dem Unglück ein "Mayday"-Ruf aus dem Cockpit kam, lässt sich laut Großbongardt bislang nichts Konkretes ableiten. Großbongardt sagte im Gespräch: "Das gibt keinen Aufschluss über Ursachen."
Daten sendet solch ein Flugzeug nicht. Sie werden aufgezeichnet am Flugdatenschreiber und dessen Analyse wird wichtige Hinweise geben.
Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte
Quelle: ZDF, AP, KNA, nerm
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