Freispruch im Prozess um Tod von Studentin Hanna

Prozess um Tod von Studentin aus Bayern :Fall Hanna: Gericht spricht Angeklagten frei

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Erst wird Sebastian T. wegen Mordes an der 23-jährigen Hanna zu neun Jahren Haft verurteilt - ein umstrittenes Urteil. Nun wird er freigesprochen, die Richterin entschuldigt sich.

Bayern, Laufen: Der Angeklagte (l) sitzt mit seinen Anwälten Regina Rick und Yves Georg im Amtsgericht im Sitzungssaal. Archivbild

Die Anwälte von Sebastian T. fordern nach dem Freispruch Konsequenzen. (Archivbild)

Quelle: dpa

Sebastian T. ist ein freier Mann: Der Angeklagte im Prozess um den Tod der Studentin Hanna ist freigesprochen worden. Das hatte am Ende selbst die Staatsanwaltschaft gefordert.

Die Vorsitzende Richterin Heike Will entschuldigt sich mit emotionalen Worten: "Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass es im Verlaufe der Ermittlungen zu etlichen fatalen Fehlern gekommen ist", sagte sie. Das müsse an anderer Stelle Konsequenzen haben.

Dieses Rechtssystem hat Ihnen großes Unrecht zugefügt. Als Teil dieses Rechtssystems möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen.

Heike Will, Richterin

Die Richterin kämpfte währenddessen mit den Tränen, im Zuschauersaal brandete Applaus auf. Die Tränen der Richterin seien "dem Drama, das hier passiert ist, angemessen", sagte Verteidigerin Regina Rick.

Sie forderte Konsequenzen für die Richterin aus dem ersten Verfahren um den mutmaßlichen - oder vermeintlichen - Mord an Hanna, sowie für die Ermittler der Kriminalpolizei in Rosenheim, die "Beweismittel regelrecht unterschlagen" habe.

 Collage: Figur der Justitia vor einem mit Stacheldraht gesicherten Gebäude, rechts im Bild eine Säule mit Überwachungstechnik.

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07.11.2021 | 43:07 min

Todesumstände weiter unaufgeklärt

Hanna war in der Nacht zum 3. Oktober 2022 nach einer Partynacht in der Aschauer Disco "Eiskeller" tot im Fluss Prien entdeckt worden, mit vielen Verletzungen. Einige Wochen später wurde der junge Mann festgenommen und später angeklagt.

Im März 2024 verurteilte ihn das Landgericht Traunstein wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber wegen eines Verfahrensfehlers auf, sodass der Fall Ende neu aufgerollt wurde.

Nun kam das Gericht bei der Neuauflage des Prozesses zu einem gänzlich anderen Ergebnis: Zeugen, denen gegenüber der inzwischen 23-Jährige die Tat gestanden haben soll, bewertet das Gericht als "unglaubwürdig". Andere Beweise gegen ihn habe es nicht gegeben - keine Spuren, keine Mordwaffe und "keinen einzigen überzeugungskräftigen Indizienbeweis", so Richterin Will.

Der Prozess habe zwar nicht aufklären können, was mit Hanna geschehen ist, sagt sie. Er habe aber geklärt, dass der Angeklagte nicht verurteilt werden könne.

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Verteidigung fordert Konsequenzen

Die Verteidigung war - anders als die Staatsanwaltschaft - von Anfang an davon ausgegangen, dass die Studentin betrunken und ohne Fremdverschulden in den Bach gestürzt und dort ums Leben gekommen war. Die Verletzungen vor allem am Kopf und am Oberkörper zog sich Hanna ihrer Ansicht nach zu, als sie rund zwölf Kilometer im Fluss trieb.

Der mittlerweile 23 Jahre alte Angeklagte muss laut der Entscheidung des Gerichts für die bisherige Haft entschädigt werden. Seine Anwälte kündigten weitere Prozesse an. Sie forderten außerdem das Justizministerium und das für die Polizei zuständige Innenministerium in Bayern auf, Konsequenzen zu ziehen.

Quelle: dpa, AFP

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