Wie Christfluencer konservative Werte verbreiten 

Interview

Ein Theologe erklärt:Wie Christfluencer konservative Werte verbreiten 

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Immer mehr Influencer verbreiten online konservative Glaubenssätze und erreichen Tausende. Wie das gelingt und ob das eine Gefahr ist, analysiert ein Theologe bei ZDFheute live.

Symbolbild eines Influencers mit einer Bibel.

Stream mit Bibel: Welche Rolle Christfluencer im Glauben spielen, erklärt ein Theologe bei ZDFheutelive. (Archivbild)

Quelle: Imago

Seit Tagen geht auf YouTube, TikTok und Instagram der Ausschnitt eines Podcasts viral, in dem eine junge Influencerin mit mehreren Millionen Followern erklärt: "Wenn du einen Mann Gottes willst, musst du halt auch eine Frau Gottes sein. Und dazu gehört halt: Du musst dich unterordnen." Eine Aussage, die polarisiert und Teil eines größeren Diskurses ist. Denn immer mehr Influencer verbreiten auf Social Media ihre Glaubenssätze und ein konservatives Weltbild.

Bei ZDFheute live erklärt der Theologe Martin Fritz, wie sogenannte Christfluencer die Diskussion rund um Glaubensfragen beeinflussen und welche Gefahren das bergen kann.

Sehen Sie hier das ganze Video oder lesen Sie es unten in Auszügen.

Eine Hand, die ein Holzkreuz vor freiem Himmel hält.

Christfluencer erreichen immer mehr junge Menschen in den sozialen Medien. Was dahintersteckt - Martin Fritz von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen bei ZDFheute live.

01.11.2025 | 22:41 min

Das antwortet Martin Fritz auf die Frage …

… was Christfluencer sind

So nennt man Influencerinnen, die online christliche Inhalte teilen. So wie andere sich in sozialen Medien inszenieren, tun sie es mit ihrem Glauben - und werben damit für christliche und teils konservative Ansichten.

Das tun sie im Grunde auch als ein Ausdruck ihrer eigenen Identität.

Martin Fritz, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 

Wer für christliche fundamentale Werte wirbt, sei uneinheitlich. Auffällig sei jedoch, dass vor allem Frauen als Christfluencer aktiv sind. Grundsätzlich sei die Bewegung aber "ein sehr weites Feld".

... welche Überzeugungen Christfluencer verbreiten

Häufig würden Bibelstellen wortwörtlich ausgelegt und nicht in einen historischen Kontext gestellt. Fundamentale Christen - und einige Christfluencer - würden ihr Leben und Handeln an die Weltansichten anpassen, die in der Bibel stehen. In der Antike sei die Unterordnung der Frau nichts Besonderes - solche Vorstellungen würden dann direkt übertragen in die Gegenwart. Als die eine Wahrheit gelte dabei, was in der Bibel steht. Und nach dieser Wahrheit müsse gelebt werden.

Da steht ein biblizistisches evangelikales Christentum dahinter.

Martin Fritz, Theologe 

Der Theologe erklärt, zeitgenössische Perspektiven würden dabei nur wenig Beachtung finden. Reibungen, die dabei mit der Lebensrealität der Influencer, Gläubigen und User entstehen, würden ignoriert.

Montage: Links eine Szene aus einer "Megakirche", rechts groß zum Gebet erhobene Hände, in denen sich aus Licht ein Kreuz abzeichnet.

Seit Jahrtausenden ist die Religion ein Ankerpunkt menschlichen Zusammenlebens. Obwohl er Hoffnung und Orientierung spendet, wird der Glaube doch immer wieder zur politischen Waffe.

04.05.2022 | 44:03 min

... warum die Posts so viele Menschen erreichen

Die Inhalte auf Social Media enthalten laut Fritz klare Weisungen und Antworten auf komplexe Lebensfragen. In einer Gesellschaft, in der in den vergangenen Jahrzehnten Gleichberechtigung und umfassende Freiheiten angestrebt wurden, würde das als Provokation verstanden. Diese zögen grundsätzlich Aufmerksamkeit auf sich.

Das ist eine Provokation gegenüber dem, was alle anderen denken.

Martin Fritz, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 

Die teils fundamental christlichen Inhalte bieten demnach Orientierung in einer uneindeutigen Welt. Die Influencer selbst nehmen dabei eine wichtige Rolle ein. Sie überzeugen User nicht nur mit ihren Posts, sondern vor allem mit ihrer Persönlichkeit und ihrer Authentizität.

... welche Gefahren der Hype um Christfluencer birgt

Christliche Influencer teilen online vornehmlich traditionelle Werte. Häufig stehe dabei die Familie - bestehend aus Vater, Mutter und Kindern - im Mittelpunkt. Alles, was von der traditionellen Rollenverteilung innerhalb des idealen Familienbilds abweicht, würde als Bedrohung wahrgenommen und abgelehnt. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem Homosexualität und Schwangerschaftsabbrüche.

Das fällt ganz klar unter die Religions- und Meinungsfreiheit.

Martin Fritz, Theologe 

Dass demokratische und liberale Grundwerte in Frage gestellt werden, sei zwar problematisch, aber erlaubt, so Fritz. Die Diskussion um religiöse Werte sei Teil einer gesellschaftlichen Debatte. Der Theologe gibt zu bedenken: Die allermeisten christlichen Influencer würden zwar fundamentale Ansichten teilen, diese seien aber nicht Hauptbestandteil ihres Contents auf Social Media. Die Gefahr, die von religiösen Inhalten ausgehe, sei gering.

Das Interview führte Christopher Wehrmann bei ZDFheute live. Zusammengefasst haben es die Redakteurinnen Merit Tschurer und Paula Colberg.

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