Bono in Cannes: U2-Frontmann feiert Premiere seiner Dokumentation

Doku in Cannes:U2-Frontman Bono: Ich bin Ire!

Nicolette Feiler-Thull, 3sat
von Nicolette Feiler-Thull
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Bono hat in Cannes mit seiner Dokumentation "Bono: Stories of Surrender" Weltpremiere gefeiert. Wir haben Bono im Rahmen der Filmfestspiele exklusiv zum Interview getroffen.

Ein schwarz gekleideter Mann mit orange getönter runder Brille steht vor einem Jachthafen undzeigt mit zwei Fingern das Viktory-Zeichen.
Die Doku "Bono: Stories of Surrender" basiert auf der Biografie des Musikers und seiner One-Man-Bühnenschow. Wir haben Bono in Cannes getroffen.30.05.2025 | 5:58 min
Beim Filmfestival in Cannes zeigte Bono in einer Nebenreihe den Dokumentarfilm "Bono: Stories of Surrender" einmalig auf riesiger Leinwand im "Grand Théâtre Lumière".
Gekleidet mit schwarzer Jeansjacke und der üblichen getönten Brille hat Bono zum Gespräch in einem der edlen Hotels an der Croisette gebeten.
An dem Tag ist Bono gut gelaunt. Kürzlich ist er 65 Jahre alt geworden: "Unsere älteste Tochter Jordan wurde am gleichen Tag geboren wie ich. Wir waren zusammen bei einem Konzert von meinem ältesten Sohn Elijah", erzählt Bono mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Musiker Bono in Cannes
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Bonos Leben als Film

Die Dokumentation "Bono: Stories of Surrender" beruht auf seinen persönlichen Lebenserinnerungen, die Bono schon Jahre vorher auf 600 Buchseiten veröffentlicht hat. Das Buch liest sich wie eine Seelenexegese.
"Nun, ich habe meine Freunde verloren, meine Familie, meine Würde", erzählt Bono mit einem Lachen, als ob er sich selbst nicht ernst nehmen kann.

Ich weiß nicht, wie U2 Fans mich jetzt noch sehen. Es ist ja nicht gerade so ein Rockstar-Ding, seine Rüstung abzulegen. Weil sie einen gut kleidet.

Bono, U2

Der Ruhm bringe es aber mit sich, dass man zur Karikatur wird, so Bono weiter. Er wollte darüber hinauskommen und sagt von sich, er wurde mit erhobenen Fäusten geboren.
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Selbstkritik, die kalkuliert ist. Für den Film über sein Leben agiert Bono auf einer sparsam beleuchteten Bühne mit minimalistischer Ausstattung. Natürlich überlässt Bono nichts dem Zufall, wenn er seine privaten Geschichten vor einem ausgewählten Publikum teilt. Ein großes Leben konzipiert als Kammerspiel.

Ich hatte ein fantastisches Leben.

Bono, U2

Bono auf dem roten Teppich in Cannes
Zur Premiere seines Dokumentarfilms "Bono: Stories of Surrender" in Cannes wurde Bono von seiner Familie auf dem roten Teppich begleitet.
Quelle: action press

Es sei ihm wichtig, unschöne Dinge zu teilen, die ihn letztlich auch dahin gebracht hätten wo er heute sei.

Alles, was passiert ist, all die Schläge, die ich einstecken musste, all die Schläge, die ich ausgeteilt habe und für die ich mich entschuldigen musste oder was auch immer. Ich muss dankbar sein für alles.

Bono, U2

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Bono polarisiert

Mit Showbusiness kennt sich Bono bestens aus. Geboren 1960 als Paul David Hewson in einem Vorort von Dublin gründet er mit 16 Jahren aus einer Schülerband die Band U2. Zwei Jahre später folgt der Plattenvertrag. Es folgten Millionen Plattenverkäufe, millionenfach verkaufte Tourneen, und ein ewiges Predigen des Gutmenschentums. Bono polarisiert bis heute.
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Bono tritt gerne öffentlich auf, zuletzt bei der US-amerikanischen Talkshow "Jimmy Kimmel live".
Quelle: action press

Das schwierige Verhältnis zum Vater

Im Film erzählt er von Dingen, die ihn mehr belasten als die Kritik der Journalisten. Berührend erzählt Bono vom frühen Tod seiner Mutter Iris und davon, wie er und sein Bruder Norman mit dem strengen Vater irgendwie durchhielten in einem Männerhaushalt, in dem sehr viel gestritten wurde:

Was für ein Mann war mein Vater! Er war grob, aber eigentlich auch lustig. Das habe ich aber erst kapiert, als ich ihn hier auf der Bühne spielte. Da hab ich gelernt, ihn zu mögen - und zu lieben.

Bono, Leadsänger U2

Bono spielt im Film sich selbst und seinen Vater. Es sind vor allem die dargestellten Zwiegespräche mit dem Vater, die dem Film Tiefe, Wärme und Humor verleihen.

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von Nicolette Feiler-Thull
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mit Video
Die Dokumentation "Bono: Stories of Surrender" ist in Schwarz-Weiß gedreht. Wir sehen den erfolgreichen Musiker, den Gutmenschen mit Weltverbesserungsanspruch, aber vor allem den nachdenklichen Menschen dahinter.
Wer dieses Werk gesehen hat, kann Bono, den Showman, möglicherweise etwas besser verstehen. Ein Film nicht nur für Fans.
Nicolette Feiler-Thull ist Redakteurin in der 3sat-"Kulturzeit"-Redaktion.

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