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Walfleisch aus dem Norden:Warum Walfang in Europa noch betrieben wird
von Michael Nieberg
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Auf Island geht die Walfangsaison zu Ende - ohne dass ein Finnwal getötet wurde. Norwegen hingegen setzte den Walfang trotz sinkender Nachfrage beim Fleisch fort.
Obwohl der kommerzielle Fang von Großwalen weltweit geächtet und verboten ist, werden ausgerechnet in Europa noch jedes Jahr hunderte Wale getötet. Auf Island und in Norwegen geht die Saison jetzt zu Ende - mit gemischtem Ergebnis. Während Norwegen weiter hunderte Wale jagt, blieben die isländischen Walfänger dieses Jahr im Hafen.
Störaktion gegen Fangflotte: Haftbefehl gegen Umweltschützer
Deshalb versandete auch die groß in Social Media angekündigte Störaktion "Ice Storm" des radikalen Umweltschützers Paul Watson. Er lag mit einem ehemaligen Küstenwachenschiff bereit, um die Schiffe der Walfangfirma Hvalur am Auslaufen zu hindern, "Kein einziger gefährdeter Wal wird dieses Jahr sterben", verkündete der Gründer von "Sea shepherd" und der "Paul Watson Foundation".
Doch Watsons Schiff kreuzte wochenlang ohne Aufgabe herum, bis der Aktivist überraschend in Grönland verhaftet wurde. Ein internationaler Haftbefehl aus Japan wurde vollstreckt, nachdem sein Schiff eine Kursänderung Richtung Japan beschlossen hatte, um die dortige Fangflotte zu stören. Bis mindestens Ende Oktober bleibt er in Untersuchungshaft, dann soll entschieden werden, ob Dänemark ihn nach Japan ausliefern wird.
Großteil der Isländer für Walfangverbot
Der groß angekündigte Zweikampf zwischen Watson und der isländischen Walfangflotte blieb somit aus. Das Ganze wirkt fast wie ein bizarrer Zweikampf zwischen altgedienten Extremisten auf beiden Seiten: Nur noch eine Firma fängt auf Island Wale - das Unternehmen Hvalur (auf Deutsch: Wal) von Kristjan Loftsson. Er hat sich auf den großen Finnwal spezialisiert, dessen Fleisch er nach Japan exportiert.
Der Finnwal ist das zweitgrößte Tier der Erde, und - trotz guter Erholung - steht er auf der Roten Liste mit der Einstufung "gefährdet". Dieses Jahr etwa kam die Freigabe der Regierung für den Fang von 128 Finnwalen allerdings erst Mitte Juni - für das Unternehmen nach eigenen Angaben viel zu spät. Loftsson fehlte deshalb dieses Jahr die Zeit, um Gerät und Mannschaft zu rekrutieren.
Dennoch: Nächstes Jahr will Loftsson erneut eine Lizenz beantragen. Ob er diese bekommt, ist ungewiss. Denn auf Island wird seit Jahren über ein Walfangverbot diskutiert. Weniger als zwei Prozent der Isländer essen tatsächlich Walfleisch; ein Großteil ist völlig gegen den Walfang. Das fand die Umweltorganisation IFAW in Umfragen heraus.
Regierung in Oslo: "Walfang ist nachhaltig und legal"
Während die isländischen Walfänger in diesem Jahr im Hafen blieben, jagten die Norweger 414 Minkwale, auch Zwergwale genannt - und blieben damit weit unter der erlaubten Abschussquote von 1.157. Das berichtet der norwegische Fischereiverband Råfisklag. Für Nicolas Entrup von der NGO Oceancare kein Trost:
Es sind 414 Tiere zu viel.
Nicolas Entrup, NGO Oceancare
In Norwegen sehnen Umweltschützer ein Ende des Walfangs herbei.
Im Norden Norwegens gibt es kleine Familienunternehmen, die Wale fangen. Die Walfänger selbst sehen kein Problem darin, würden sogar gerne mehr fangen, erklärt Jan-Ivar Pettersen, Walfänger auf den Lofoten.
Es gibt seit dem Schutzstatut immer mehr Wale, und wir brauchen Nahrung in einer Welt voller Hunger.
Ivar Pettersen, Walfänger
Er fängt schon seit 1985 Wale und hofft, dass seine Kinder und Enkel diese Tradition weiterführen. Die Position der norwegischen Regierung - und der Walfanglobby - ist klar: "Norwegens Walfang ist nachhaltig und legal."
Wale schützen profitabler als Wale schießen
Das endgültige Aus scheint aufgrund einer starken Lobby, vor allem in Nordnorwegen, politisch nicht durchsetzbar. Zudem sind die hier bejagten Minkwale nicht gefährdet. Allein im Nordatlantik leben nach letzten norwegischen Zählungen noch mehr als 150.000.
Doch die Fangzahlen sinken, da die Nachfrage nach Walfleisch auch in Norwegen sinkt. Vielleicht regelt so der Markt, dass sich der Walfang, der vom Staat nicht subventioniert wird, in naher Zukunft auch für die letzten rund zehn Walfänger des Landes nicht mehr lohnt.
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