Neuralink von Elon Musk: Gehirnchips mit KI als Milliardenmarkt

Elon Musks Neuralink:Gehirnchips: KI im Kopf als Milliardenmarkt

von Dennis Berger
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650 Millionen Dollar für das Implantieren von Gehirnchips: Die von Elon Musk mitgegründete Firma Neuralink will hoch hinaus - was sie plant und wie Experten das einschätzen.

Das Neuralink-Logo ist auf einem Smartphone-Bildschirm mit Elon Musk im Hintergrund zu sehen.
Neuralink stellt Gehirnchips her. Techmilliardär Musk finanziert das Unternehmen.
Quelle: Imago

Ein Gedanke genügt. Noland Arbaugh war 27, als ein Tauchunfall sein Leben veränderte. Seitdem ist er vom Hals abwärts gelähmt - unbeweglich, abhängig, isoliert. Drei Jahre später spielt er Mario Kart am Computer. Nicht mit den Händen, sondern mit dem Kopf. Genauer: mit seinen Gedanken.
Möglich macht das ein Chip in seinem Gehirn - entwickelt vom US-Start-up Neuralink, finanziert von Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt. Neuralink arbeitet an Hirn-Computer-Schnittstellen. Gedanken sollen Smartphones und andere Technik steuern.
Ein Hausarzt sitzt in einem Sprechzimmer seiner Hausarztpraxis an einem Schreibtisch neben einem Stethoskop und arbeitet am Computer.
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Gehirnchips von Neuralink: Umstrittene Pläne

Fünf Menschen mit Querschnittslähmung haben den Chip bereits erhalten. Doch das ist nur der Anfang: Neuralink sammelte kürzlich 650 Millionen Dollar ein und verfolgt umstrittene Pläne.
Prof. Thomas Stieglitz lehrt und forscht auf dem Gebiet neurotechnischer Implantate. Die technische Leistung des Neuralink-Teams beeindruckt ihn. Doch zugleich sieht er die Entwicklung mit Sorge. "Derzeit zeigt sich: Das Thema hat enormes wirtschaftliches Interesse geweckt. Es geht nicht mehr nur um Wolkenträume - es ist ein Business.", sagt der Freiburger Neurotechniker.
Auch Prof. Surjo Soekadar, Neurowissenschaftler an der Berliner Charité, sieht Neuralinks Ansatz kritisch. "Technisch setzt das Unternehmen auf Skalierbarkeit", sagt er. Ein OP-Roboter implantiert den Chip teils vollautomatisch, sodass auch weniger spezialisierte Kliniken den Eingriff durchführen können.
Der Unterschied zu Wettbewerbern, die es durchaus weltweit gibt? Das Marketing, sagen Experten.

Was die Anwendungsmöglichkeiten angeht, hat Neuralink bisher nichts demonstriert, was nicht auch schon mit anderen Ansätzen in wissenschaftlichen Studien oder von Wettbewerbern gezeigt worden ist.

Surjo Soekadar, Berliner Charité

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Elon Musk will "menschliches Potenzial entfesseln"

Trotzdem fließen Millionen in Musks Start-up. Der Grund? Musk selbst liefert ihn: Die Chips sollen heute Menschen mit Behinderungen helfen - und morgen "das menschliche Potenzial entfesseln".

Die Ideen vieler Tech-Oligarchen gehen in eine transhumanistische Richtung: Sie sehen Technologie als Möglichkeit, die Evolution aktiv zu gestalten.

Thomas Stieglitz, Neurotechniker Universität Freiburg

Hinter dieser Idee steckt der Traum von Unsterblichkeit - und der Wunsch, menschliche Fähigkeiten mit Technologie und KI zu erweitern. Musk spricht erst vom "Fitnessarmband im Schädel", dann davon, das Bewusstsein in die Cloud zu laden.
"Die Vorstellung, solche Systeme flächendeckend einzusetzen, um biologische Schwächen oder Grenzen zu überwinden, empfinde ich als befremdlich", sagt Neurowissenschaftler Soekadar.
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US-Investmentbank erwartet Milliardenmarkt

Doch Science-Fiction wird Realität: Laut der US-Investmentbank Morgan Stanley könnten Hirn-Computer-Schnittstellen das nächste große Ding der Medizintechnologie werden - mit einem Marktpotenzial von bis zu 400 Milliarden Dollar allein in den USA.
Neuralink sorgt zwar für Schlagzeilen, doch Morgan Stanley nennt viele weitere Tech-Firmen, die an marktfähigen Lösungen arbeiten.
Die Ansätze reichen vom Schädelbohren bis zur Einführung durch Blutgefäße. Andere Firmen entwickeln Kopfhörer, die elektrische Signale des Körpers empfangen, mit KI analysieren und so Smartphones oder Laptops steuern. Ab 2030 könnten erste Systeme marktreif sein, schätzt Morgan Stanley.

Forscher kritisieren Vorgehen: Gefahr eines Monopols?

Noch nie hat eine Firma so viel Geld für ein Hirnimplantat eingesammelt, sagt Soekadar. Doch er warnt vor den Risiken: Wenn solche Investitionen Monopole schaffen, könnten tausende Patienten von Neuralinks Erfolg abhängen. Stieglitz kritisiert zudem die mangelnde Transparenz:

Was wir über Neuralink wissen, stammt oft nur aus Standbildern von YouTube-Videos.

Thomas Stieglitz, Universität Freiburg

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Anwendungen jenseits der Medizin - von Gaming bis Militär - sind laut Experten zwar noch Zukunftsmusik, aber nicht ausgeschlossen. Der Gedanke, dass Querschnittsgelähmte wie Noland Arbaugh am Ende nur Versuchskaninchen für Tech-Eliten auf der Suche nach Superkräften sind, ist schwer zu ertragen.
Gefragt nach der Zukunft des Hirnchips, sagte Arbaugh in einem YouTube-Interview: "Jeder 'Normale' wird einen Neuralink haben wollen." Alle Geräte würden damit verbunden sein, hofft er. Eine Hoffnung, die man verstehen kann.

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