Outsourcing bei Lieferando & Co.:Warum Lieferdienstjobs noch prekärer werden
Viele Lieferdienste arbeiten mit Subfirmen, deren Fahrer nicht bei der Bestellplattform selbst angestellt sind. Auch Lieferando lagert Stellen aus. Was steckt hinter dem Trend?
Stellenabbau bei Lieferando - Betriebsräte besorgt
- Mitte Juli hat Lieferando Deutschland angekündigt, dass seine für die Auslieferung zuständige Schwestergesellschaft Takeaway Express 2.000 Stellen streicht. 45 Standorte sind betroffen, 34 davon werden ganz geschlossen.
- Zuvor gab es Pilotversuche, Aufträge an Subdienstleister auszulagern - dieses Modell wird jetzt offenbar deutschlandweit ausgerollt.
- Das Unternehmen will jetzt Sozialpläne und einen Interessenausgleich für betroffene Standorte mit den Betriebsräten aushandeln. Die wiederum versuchen mit Unterstützung der NGG eine Abmilderung des Plans zu erreichen und sicherzustellen, dass es auch für Standorte ohne Betriebsrat Lösungen gibt.
- Große Bestellplattformen wie Uber Eats oder Wolt lassen die Auslieferung schon seit Jahren über Subfirmen machen. Lieferando gibt an, demgegenüber mit einer festen Flotte nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen zu sein.
- Tatsächlich liefern die meisten Subfirmen für mehrere Plattformen aus - dadurch verringern sich laut der Anbieter die Standzeiten der Beschäftigten und die Flotte werde besser ausgelastet.
Bei den Subfirmen gibt es erstmal keine Betriebsräte, stattdessen wohl Modelle, auf die will man nicht stoßen - das geht dem Anschein nach von Arbeitnehmerüberlassung über Scheinselbstständigkeit bis hin zu Schwarzarbeit.
Mark Baumeister, Gewerkschaft NGG
Sollten uns Verstöße bekannt werden, prüfen wir diese und ergreifen geeignete Maßnahmen, bis hin zur Beendigung der Zusammenarbeit.
Stellungnahme von Lieferando
- Eine der Subfirmen, die seit dem Outsourcing-Pilotversuch im Fokus der Gewerkschaften steht, ist die Fleetlery GmbH. Das Hamburger Startup betont auf seiner Website, Beschäftigte erhielten bei Fleetlery eine Festanstellung.
- Unter dem Namen Fleetlery oder Fleetlery-Flottenpartner war zuletzt jedoch in Anzeigen teils auch die Rede davon, dass man für die Arbeit einen Gewerbeschein brauche, nach ausgelieferten Bestellungen bezahlt werde und davon einen gewissen Prozentsatz als Provision an den Flottenpartner zahlen solle.
Außerdem wurden der NGG Chatverläufe zugespielt, in denen es wohl um Folgendes geht:
- Beschäftigte werden unter dem Fleetlery Logo unter Druck gesetzt, sich zu bestimmten Uhrzeiten in die Lieferapp einzuloggen und auszufahren, offenbar ohne dass es konkrete Dienstpläne und geregelte Zeiten gibt.
- Beschäftigte werden unter Druck gesetzt, schneller auszufahren, sonst werde die versprochene Bezahlung gekürzt.
- Beschäftigte werden zu bestimmten Uhrzeiten an bestimmte Orte gelotst, wo sie ihr Geld abholen könnten - offenbar in bar, was die Frage nach Schwarzarbeit aufwirft.
Die Stellungnahme von Fleetlery dazu:
- "Wir arbeiten sowohl mit festangestellten KurierInnen als auch mit regionalen Partnerunternehmen zusammen, die ihrerseits ausschließlich festangestellte FahrerInnen beschäftigen." Löhne zahle man niemals in bar aus.
- Zu den verbreiteten Nachrichten schreibt das Startup: "Uns sind Fälle bekannt, in denen Dritte den Namen oder das Logo von Fleetlery ohne unsere Autorisierung verwenden, um über Online-Portale, soziale Netzwerke oder Chatgruppen irreführende Aussagen zu verbreiten (...). Diese Inhalte stehen in keinem Zusammenhang mit Fleetlery."
- Man überprüfe Partnerunternehmen regelmäßig und habe sich nun rechtliche Unterstützung zum Schutz vor Identitätsmissbrauch besorgt.
Die Staatliche Arbeitsschutzaufsicht hat im Mai eine Kontrolle bei Fleetlery durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass das Unternehmen über keine geeignete Arbeitsschutzorganisation verfügt.
Experte sieht Gefahr der "Verantwortungsdiffusion"
Die Mitgliedstaaten müssen prüfen, wie man mit solchen Vermittlern umgeht und ob es so etwas wie eine gesetzlich geregelte Generalhaftung der Plattform für ihre Subfirmen geben sollte.
Fabian Hoose, Plattformökonom, Ruhr Universität Bochum
Arbeitsministerium bestätigt Auslagerungstrend
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