Tariflohn in Schleswig-Holstein:15 Euro pro Stunde: Was die Gastronomie sagt
von Saskia Schüring
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Über einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro wird noch gestritten. In Schleswig-Holstein zahlen Gastronomen seit Mai auch ungelernten Kräften mindestens 14,97 Euro die Stunde.
Bei Gastronomen in Schleswig-Holstein stößt der neue Mindeststundenlohn auf ein geteiltes Echo. (Symbolbild)
Quelle: dpa
Die ungelernte Aushilfskellnerin Johanna ist begeistert: 15 Euro bekommt sie seit 1. Mai pro Stunde - das sind zwei Euro mehr als der gesetzliche Mindestlohn. "Da freut man sich natürlich als junger Mensch, mehr Geld am Ende zu haben."
Während bundesweit noch über einen Mindestlohn von 15 Euro gestritten wird, sind die Gastronomen in Schleswig-Holstein seit Mai verpflichtet, einen tariflichen Stundenlohn von 14,97 Euro zu zahlen. Der jüngste Tarifabschluss ist für die Gastronomen hier allgemeinverbindlich.
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Gastronom: Mit gutem Lohn kommen gute Mitarbeiter
Johannas Chef Lutz Frank führt das Restaurant "Am Ihlsee" mit 45 Mitarbeitern in Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Er ist auch Vize-Präsident der DEHOGA Nord (Deutscher Hotel und Gaststättenverband) und hat den neuen Tariflohn mit ausgehandelt. Die 14,97 Euro mindestens die Stunde bekommen jetzt auch Aushilfen, Mini-Jobber und geringfügig Beschäftigte:
"Unser Betrieb hat jetzt Mehrausgaben von 5.000 Euro im Vergleich zum Vormonat" sagt er und fügt hinzu:
Aber ich bin der Meinung, durch einen guten Lohn gerade in der Gastronomie bekommen wir auch gute Mitarbeiter dazu.
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Lutz Frank, Restaurant "Am Ihlsee"
In den letzten Jahren sei es eine "Katastrophe" gewesen, fähiges Personal zu finden.
Seit Jahresbeginn beträgt der Mindestlohn 12,82 Euro pro Stunde, zuvor waren es 12,41 Euro. Zusätzlich wird die Verdienstgrenze für Minijobs auf 556 Euro angehoben.04.01.2025 | 1:34 min
Gewerkschaft zufrieden über Mindestlohn
Auch die Gewerkschaft NGG Nord - Nahrung, Genuss, Gaststätten - freut sich über den Tarifabschluss. Zwei Jahre lang gab es keine Lohnerhöhungen und man habe vor allem für die geringfügig Beschäftigten gekämpft, sagt Finn Petersen von der NGG Nord:
In der Gastronomie in Schleswig-Holstein ist jeder zweite geringfügig beschäftigt und wurde schlecht bezahlt. Insofern sind wir sehr glücklich mit diesem Abschluss, der natürlich auch Auszubildende und Festangestellte besserstellt.
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Finn Petersen, NGG Nord
Kritik von Hotels und Gastronomen
Doch viele Hoteliers und Gastronomen sind empört über den tariflichen Stundenlohn, der rückwirkend ab November letzten Jahres verbindlich ist. Tim Bielinski betreibt den "Sandhafen", eine Außen-Gastronomie an der Kieler Förde, die nur bei gutem Wetter geöffnet hat. Von rund 70 Mitarbeitern sind 90 Prozent Aushilfen. Mit dem Mindestlohn von fast 15 Euro bedeutet das für ihn Mehrausgaben von 85.000 Euro im Jahr.
"Das ist mehr als wir verdienen. Wir merken schon ein erhöhtes Gastronomie-Sterben hier in Kiel", sagt er. "Wir fragen uns: Wie kann man noch mal 17 Prozent Gehaltserhöhung draufschlagen, wo sowieso schon alle Betriebe mit erhöhten Ausgaben, wie Strom etc. zu kämpfen haben."
Immer weniger Menschen arbeiten im Niedriglohnsektor. Das liegt unter anderem am Mindestlohn.06.02.2025 | 0:54 min
Brandbrief an Wirtschaftsminister in Kiel
Zusammen mit anderen Gastronomen hat Bielinski einen Brandbrief an die Landesregierung geschrieben mit der Hauptforderung: "Geringfügig Beschäftigte sowie Werkstudierende müssen von der Allgemeinverbindlichkeit ausgenommen werden."
Das Argument: Geringfügig Beschäftigte dürfen nicht mehr als 556 Euro im Monat verdienen, da sei die Grenze nicht erhöht worden. Das heißt die Mini-Jobber können für das gleiche Geld jetzt sieben Stunden weniger arbeiten, und die fehlenden Stunden müssen die Arbeitgeber mit neuen Kräften ausgleichen. Das sei grade für kleinere Betriebe nicht mehr bezahlbar.
Der Forderung geringfügig Beschäftigte von der Allgemeinverbindlichkeit auszunehmen, widerspricht die Gewerkschaft. Denn gerade sie machten einen großen Teil der Arbeitskräfte in der Branche aus.
Saskia Schüring berichtet aus dem ZDF-Studio in Schleswig-Holstein.