Rückruf nach Konstruktionsfehler:Mattels dunkles Kapitel: Tod in der Babyliege
2009 bringt die Mattel-Marke Fisher-Price den "Rock 'n Play Sleeper" auf den Markt. Doch immer wieder gibt es Berichte über tote Babys darin, wohl wegen eines Konstruktionsfehlers.
Barbie-Hersteller Mattel profitierte nicht nur von den Einnahmen des Barbie-Films von 2023 – sondern auch vom neuen, progressiven Image der Puppe.
11.09.2025 | 44:04 minEin "perfekter Ort für Babys". Eine "weiche, geneigte Liegefläche", die sich "für gelegentliches Durchschlafen in der Nacht sowie für Nickerchen" eignet. So warb 2009 der bekannte Babyausstatter Fisher-Price, eine Marke des Barbie-Herstellers Mattel, für seine neue Babyliege, den "Rock 'n Play Sleeper". Doch was viele Eltern als gute Investition in den Schlaf ihrer Neugeborenen angesehen hatten, entpuppte sich für sie bald als Albtraum.
Beispielsweise für die US-Amerikanerin Erika Richter aus Portland. Sie brachte 2018 ihre Tochter Emma zur Welt. Für ihr Kind bekam Richter die Babyliege geschenkt. Nur zwei Wochen nach der Geburt fanden Emmas Eltern das Mädchen tot auf - im "Rock 'n Play Sleeper" von Fisher-Price. Das Entsetzen war groß.
In diesem Moment habe ich mich völlig hilflos gefühlt.
Erika Richter, ihr Kind starb in der Babyliege von Fisher-Price
Fisher-Price ruft Babywippe 2019 zurück
Emmas Eltern konnten sich den Tod ihrer Tochter lange nicht erklären. Bis sie 2019 davon hörten, dass der "Rock 'n Play Sleeper", in dem Emma verstorben war, von Fisher-Price zurückgerufen wurde. Laut Experten könnte die Liege für den Tod von über 30 Babys verantwortlich sein. Erika Richter war schockiert.
Konstruktion gefährdet laut Experten Babys
Viele Eltern, unter ihnen auch Erika Richter und ihr Mann, klagten gegen den Konzern. Der Vorwurf: Der "Rock 'n Play Sleeper" habe einen Konstruktionsfehler. Experten fanden heraus: Der 30-Grad-Neigungswinkel der Liege könnte dazu führen, dass Babys sich drehen oder ihr Kopf nach vorne fällt. Im schlimmsten Fall kann das zum Ersticken führen wie bei Emma.
Zum Zeitpunkt des Rückrufs war die Babyliege bereits seit etwa zehn Jahren auf dem Markt. Obwohl Sicherheitsbedenken schon seit der Einführung bekannt waren. Der Berufsverband für Hebammen und Geburtshelfenden in Großbritannien, das "Royal College of Midwives", warnte beispielsweise 2011 davor, die Liege zum Schlafen zu verwenden. Dafür sei das Produkt ungeeignet.
Mattel verzichtete daraufhin, die Liege im Vereinten Königreich einzuführen. Gleichzeitig verkaufte Mattel sie in den USA weiter und warb damit, dass die Babyliege auch zum Schlafen geeignet sei.
Der 'Newborn Rock 'n Play Sleeper' ist der perfekte Ort für Babys. Die weiche, geneigte Liegefläche eignet sich für gelegentliches Durchschlafen in der Nacht sowie für Nickerchen (…)
Auszug aus einem Fisher-Price-Werbespot
Mattel verteidigt seine Babywippe
Trotz des Produktrückrufs im Jahre 2019 verteidigte der Konzern den "Rock 'n Play Sleeper". In einer Stellungnahme von Mattel hieß es, das Unternehmen stehe weiter zur Sicherheit seiner Produkte. Mattel habe angesichts der berichteten Vorfälle, in denen das Produkt entgegen der Sicherheitswarnungen und -anweisungen gebraucht wurde, gemeinsam mit der US-Verbraucherschutzkommission CPSC entschieden, dass der freiwillige Rückruf die beste Vorgehensweise sei.
Auch in Deutschland wurden die Liegen zurückgerufen, jedoch war der "Rock 'n Play Sleeper" nur im Onlinehandel erhältlich. Die Drogeriekette Müller hatte ein ähnliches Babyliegen-Modell von Fisher-Price im Sortiment und ließ es nach den Meldungen zurückrufen. Nach Angaben des Unternehmens habe es keine Meldungen über Todesfälle in Deutschland gegeben, es bestehe für Säuglinge jedoch das Risiko einer Verletzung.
2021 leitete der US-Kongress eine Untersuchung ein. Doch obwohl nach damaligem Stand bereits 97 Kindstode mit dem "Rock 'n Play Sleeper" in Verbindung gebracht wurden, zeigte Mattel-Chef Ynon Kreiz wenig Einsicht.
Der 'Rock n’ Play Sleeper' war sicher - wenn er gemäß den Anleitungen und Warnhinweisen verwendet wurde.
Ynon Kreiz, Vorsitzender und CEO von Mattel
"Der erste Lebenstag ist der gefährlichste", sagt der Chef der Frühchen-Intensivstation. Er tut alles, um seinen kleinen Patienten einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.
04.10.2024 | 23:57 minTrotz Rückruf Second-Hand-Handel noch möglich
2023, also vier Jahre nach dem Produktrückruf im April 2019, offenbarte ein Brief von Fisher-Price die nüchterne Bilanz: Von den verkauften 4,7 Millionen "Rock 'n Play Sleepers" wurden weniger als zehn Prozent an den Hersteller zurückgegeben. Trotz des Rückrufs wurde das Produkt noch über Second-Hand-Shops gehandelt. Die US-Verbraucherschutzkommission CPSC stellte laut eigenen Angaben von Februar 2022 bis März 2023 beinahe 4.000 Anträge, Angebote des "Rock 'n Play Sleeper" auf Drittplattformen wie Facebook Marketplace zu entfernen.
Der Vorsitzende von CPSC, Alexander Hoehn-Saric, kritisierte Mattel und dessen Maßnahmen nach dem Produktrückruf. Fisher-Price habe eindeutig nicht genug getan, um die Verbraucher zu bewegen, auf den Rückruf zu reagieren, so Hoehn-Saric. In einer 2024 veröffentlichen Stellungnahme von Mattel hieß es jedoch, nach dem Rückruf habe Mattel "unermüdlich daran gearbeitet, alle noch vorhandenen Produkte vom Markt zu nehmen".
Erste-Hilfe-Kurs für Babys:Richtiges Verhalten im Notfall mit Kind
Mehr zu Mattel und der Barbie-Puppe
- 0:30 min
Nachrichten | hallo deutschland:LeBron James bekommt eigene Barbie-Puppe
von Ulrich Langer - mit Video
Mattel plant Preiserhöhungen:Werden Barbies teurer wegen Trumps Zöllen?
- 1:46 min
Nachrichten | heute in Europa:Barbie wird 65
von Wolf-Christian Ulrich