mit Video
Interview
Beziehungen zu den USA :Bundesbank-Chef warnt vor Zollstreit-Eskalation
von Matthias Nick
|
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnt vor einer Eskalation im Zollstreit zwischen den USA und der Europäischen Union. Dadurch gäbe es "eigentlich nur Verlierer", mahnt Nagel.
Bundesbank-Präsident, Joachim Nagel sieht in einer möglichen Eskalation im Zollstreit mit den USA eine große Gefahr für die deutsche Wirtschaft. Mit negativen Folgen für Inflation, Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätze für die ganze Europäische Union, aber für die Exportnation Deutschland im Besonderen. Übrigens auch für die etwa eine Million Arbeitsplätze, die deutsche Firmen in den USA geschaffen haben.
Er warnt deshalb im ZDF-Interview eindringlich vor einer Ausweitung der von der US-Administration schon beschlossenen Zölle auf weitere Importe.
Bei Thema Zölle kennt man keine Gewinner, man kennt eigentlich nur Verlierer.
Joachim Nagel, Präsident der Bundesbank
Verlierer gäbe es also auf beiden Seiten des Atlantik. Hier die Hersteller, in den USA die Verbraucher, die wegen der Zölle mit höheren Preisen für die Produkte zu rechnen hätten.
Nagel für "Augenmaß" im Zollstreit mit USA
Auf die Frage, wie Deutschland und die EU reagieren sollten, wenn US-Präsident Donald Trump wirklich ernst macht mit 25 Prozent Zoll auf alle Importe sagt der Notenbanker, man müsse mit Augenmaß handeln.
Ich denke, irgendwann wird es auch wieder andere Zeiten geben, man muss zusammenkommen, man muss auch dann in Zukunft miteinander reden können.
Joachim Nagel, Präsident der Bundesbank
Erstaunlich, dass der Notenbanker bei seiner Antwort selbst auf Nachfrage das Wort "Gegenzölle" nicht in den Mund nehmen will. Er warnt davor, "zu viel verbrannte Erde zu hinterlassen". Ein besonnener Notenbankchef. Vorausschauend statt impulsiv.
Nagel: Zollstreit kann Inflation anschieben
Angesprochen auf die wirtschaftlichen Folgen einer Eskalation im Zollstreit denken Notenbanker zunächst an die Geldpolitik und Währungsstabilität - ihre zentrale Aufgabe. Und auch in diesem Punkt droht durch Zölle Ungemach: Inflation. Denn Zölle bedeuteten letztendlich nichts anderes, als dass Produkte teurer werden für diejenigen, die exportieren.
Inflation in Deutschland (inkl. Nahrung und Energie)
ZDFheute Infografik
Ein Klick für den Datenschutz
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Aber eben nicht nur das: der Konsument muss dann auch höhere Preise für die mit Zoll belegten Waren bezahlen. "Das kann also die Inflation nach oben anschieben", sagt Nagel.
Zollstreit könnte zu Schrumpfen der Wirtschaftsleistung führen
Die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft in Deutschland geriete noch mehr ins Feuer, sagt Nagel. Mit Zöllen und möglichen Gegenzöllen sei die aktuelle Wirtschaftsleistung nicht zu halten.
Auch ein weiteres Schrumpfen der Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone sei dann möglich, bis hin zu einem Prozent Wirtschaftsleistung, sagt der Bundesbank-Chef. "Für Deutschland müsste man davon ausgehen, dass wir dann in einer Rezession unterwegs sind."
Bundesbank-Chef rechnet mit steigender Arbeitslosigkeit
Und das wiederum hätte gravierende Auswirkungen auch auf den Arbeitsmarkt, so der oberste deutsche Währungshüter und Notenbanker. Schon jetzt, mit den aktuell schwachen Zahlen in diesem Jahr, entwickelt sich der Arbeitsmarkt schwächer. Man muss kein Prophet sein um zu erahnen, dass mit zusätzlichen Zöllen die Lage nicht besser wird. Deshalb sind auch die Aussichten der Notenbank mit Blick auf den Arbeitsmarkt düster, sollten Zölle die Firmen im Export behindern.
Das heißt, wir würden sicherlich mit höheren Arbeitslosenzahlen zu rechnen haben.
Joachim Nagel, Präsident der Bundesbank
Auf eine genaue Zahl will sich Nagel dabei nicht festlegen, zu sehr würde das davon abhängen, auf welche Produkte am Ende wirklich wie hohe Zölle erhoben werden.
Nagel: Investitionsbereitschaft in Deutschland ankurbeln
Würden Zölle die Abwanderungswelle deutscher Produkte auf die andere Seite des Atlantiks ankurbeln, weil deutsche Firmen so den Zöllen entgehen könnten - was ja durchaus auch im Sinne des amerikanischen Präsidenten wäre?
Als Lösung für das Zoll-Dilemma sieht Nagel neben besonnen Gesprächen mit der US-Administration nur ein Ankurbeln der Investitionsbereitschaft der deutschen Industrie in Deutschland. Nagel fordert, dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, "dass die Unternehmen erst gar nicht auf die Idee kommen, ihre Produktionsstandorte aus Deutschland, aus Europa zu verlegen".
Da lägen unsere Hausaufgaben. Und das würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sichern. Und Arbeitsplätze.
Matthias Nick ist Redakteur beim Wirtschaftsmagazin WISO.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Mehr zum Zollstreit
Interview
Politologin zu US-Zöllen:Von Daniels: EU kann sich gegen Trump wehren
mit Video
Trump erhebt Strafzölle:Ist Europa gewappnet für einen Handelskrieg?
Lara Wiedeking, Brüssel
Exklusiv
Blume will Klarheit zu Zöllen:VW-Chef: Wir reden mit der Regierung Trump
von Florian Neuhann