Rohstoffe für E-Autos:Nickelwerk vertuschte jahrelang Krebsgefahr
Deutsche Autobauer beziehen Nickel aus Indonesien über Batterie-Lieferanten. ZDF Frontal deckt auf, wie eine Nickelmine dort eine gefährliche Wasserkontaminierung vertuscht hat.
E-Autos gelten als klimafreundlich. Doch für eine hohe Reichweite wird oft Nickel gebraucht. Abgebaut wird der Rohstoff für Batterien in Indonesien, mit schlimmen Folgen für Mensch und Umwelt.
10.09.2025 | 22:42 minDer größte Batteriehersteller der Welt, CATL, hat bei der diesjährigen Automesse IAA in München seine neue Akku-Entwicklung präsentiert. Eine Batterie, die E-Autos hohe Reichweite, kürzere Ladezeit und eine sicherere Technologie verspricht - ohne kritische Rohstoffe wie Nickel oder Kobalt. Der chinesische Konzern hofft auf Aufträge in Europa.
Den hiesigen Autokonzernen sind Probleme wie Luft- und Wasserverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen und Arbeitsunfälle beim Abbau von Nickel oder Kobalt bekannt. Dennoch dominieren weiterhin nickel- und kobalthaltige E-Auto-Batterien den europäischen und den US-Markt. Insbesondere der Bedarf nach Nickel, das für hohe Reichweite sorgt, soll mit der wachsenden Nachfrage nach E-Autos Prognosen zufolge steigen.
Eine gemeinsame Recherche von ZDF frontal, OCCRP, The Gecko Project und der Deutschen Welle hat aufgedeckt, dass ein Nickelwerk in Indonesien offenbar jahrelang eine Wasserkontaminierung mit dem krebserregenden Schwermetall Chrom 6 vertuscht hat.
Nickel bringt E-Auto-Batterien mehr Reichweite. Doch die Gewinnung des Rohstoffs ist alles andere als eine saubere Sache. Wie lief die Recherche ab? frontal inside gibt Antworten.
16.09.2025 | 3:02 minIndonesische Bergbau-Unternehmen setzen auf die Elektromobilität
Indonesien sitzt auf dem größten Nickelvorkommen der Welt und deckt zurzeit rund 60 Prozent des weltweiten Nickelbedarfs ab. Größter Abnehmer ist weiterhin die Stahlindustrie, doch immer mehr geht an Autokonzerne.
Das chinesisch-indonesische Unternehmen Harita Nickel fördert und verarbeitet Nickel auf der Insel Obi in der Provinz Nord-Maluku und setzt auf die steigende Nachfrage nach E-Autos in Europa. Auch Mercedes bezieht Nickel von der Insel. Dabei legen die Autokonzerne Wert darauf, dass sie den Rohstoff nicht direkt, sondern über ihren Batterie-Lieferanten beziehen.
Beim Umstieg auf E-Autos hinken deutsche Hersteller hinterher – besonders im Vergleich zu China, sagt Valerie Haller aus Frankfurt. Die Krise sei "noch längst nicht überwunden".
09.09.2025 | 1:30 minErgebnisse der internen Wasserproben im roten Bereich
Ein Datenleak zeigt, dass Harita Nickel offenbar mehr als zehn Jahre lang das Wasser auf der Insel Obi mit dem krebserregenden Schwermetall Chrom 6 kontaminiert hat.
Chrom 6 entsteht bei industriellen Prozessen und ist krebserregend. Wenn der Mensch den sechswertigen Chrom einatmet oder damit in Berührung kommt, kann das schon zu Atemwegserkrankungen oder Darmbeschwerden führen. Die Grenzwerte liegen in Indonesien bei 0,05 mg/l im Trinkwasser und damit doppelt so hoch wie in Deutschland.
ZDF frontal liegen Ergebnisse jahrelanger interner Wasserproben von Harita Nickel vor. Demnach überschritt der Konzern zwischen 2013 und 2023 immer wieder die erlaubten Chrom-6-Werte. In manchen Monaten lag das Chrom-6-Gehalt im Wasser sogar um ein Vielfaches über den Grenzwerten.
Die Lage für die deutsche Autoindustrie sei noch nie so drastisch gewesen, sagt ZDF-Wirtschaftsexperte Florian Neuhann. Bei der E-Mobilität seien deutsche Marken hinterher.
08.09.2025 | 8:17 minAuch Trinkwasser mit Chrom 6 belastet
Die Probleme sollten offenbar vertuscht werden. Laut einer internen E-Mail aus 2014, die ZDF frontal vorliegt, sollten die Informationen nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. "Wenn wir dies dem Umweltministerium melden (…), werden wir in die rote Liste der Unternehmen aufgenommen, die überwacht werden (…)," heißt es in einer weiteren E-Mail aus 2018.
Der Konzern baute Sammelbecken, um das Abwasser zu filtern. Doch das Problem ging nicht weg. Auch in den Folgejahren war der Chrom-Gehalt laut internen Mails immer wieder zu hoch und zu gefährlich.
Als 2022 die britische Tageszeitung "The Guardian" enthüllte, dass Harita Nickel offenbar auch das Trinkwasser auf der Insel Obi verseucht hat, dementierte das Unternehmen. Nun zeigen die Recherchen, dass die Chrom-6-Werte im Trinkwasser im Dorf Kawasi auch in dem Jahr die Grenzwerte überstiegen.
VW meldet einen deutlichen Gewinneinbruch. VW-Chef Oliver Blume äußert sich im ZDF-Interview zu der Situation des Konzerns, den US-Zöllen und dem E-Auto-Markt.
25.07.2025 | 11:31 minNickelmine unter umfangreicher Prüfung
Schriftliche Nachfragen von ZDF frontal zur Chrom-6-Belastung und zu der Krebsgefahr beantwortete Harita Nickel nicht. Auf einer OECD-Konferenz im Mai sagte Klaus Oberbauer, Nachhaltigkeitsmanager des Konzerns, dass die Kontaminierung nie eine dauerhafte Situation gewesen sei.
Es gab zu bestimmten Zeiten mit zunehmendem Niederschlag bei Extremereignissen solche Vorkommnisse. Und diese wurden durch die Anpassung unserer Systeme behoben. In den vergangenen zwei Jahren erfüllten wir zu hundert Prozent alle dortigen behördlichen Anforderungen.
Klaus Oberbauer, Nachhaltigkeitsmanager von Harita Nickel
Die Kontaminierung sei nur im Abwasser festgestellt worden. Außerdem werde das Unternehmen in diesem Jahr nach globalen Bergbau-Standards vollumfänglich geprüft.
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15.05.2025 | 2:38 minMercedes: Enges Monitoring in Indonesien
Auf Nachfrage von ZDF frontal schreibt Mercedes, dass das Unternehmen sich für bessere Bergbaustandards engagiere. Zudem führe man intensive Gespräche mit Minenbetreibern und mit der Bevölkerung vor Ort.
Insbesondere in Indonesien verfolgen wir ein sehr enges und kontinuierliches Monitoring und halten unsere Kontrollmechanismen und Maßnahmen auf einem sehr hohen Niveau.
Mercedes-Benz
Einwohner auf der Insel Obi trauen der Sache nicht und kochen das Wasser ab. "Wir bekommen Magenschmerzen, wenn wir das Wasser nicht richtig abkochen," erzählt Nurhayati Jumadi. Sie wohnt im Dorf Kawasi in der Nähe der Nickelminen und ist auf das Quellwasser angewiesen. Dorfbewohner wurden über eine Kontamination nie informiert, erzählt sie.
Rere Christianto, Campaign Manager der größten indonesischen Umweltorganisation WALHI, wirft der indonesischen Regierung vor, der Nickelindustrie Vorteile verschaffen.
Für uns sieht es danach aus, dass die Regierung nicht über genügend Macht verfügt, um ihr eigenes Gesetz durchzusetzen. Und dass das Unternehmen sich nicht ausreichend um die Gemeinde und die Sicherheit der Einwohner gekümmert hat.
Rere Christianto, Campaign Manager, WALHI
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