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Konsumklima:Warten auf den Aufschwung: Konsumlaune sinkt
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Eigentlich hieß es, nun ginge es bald wirtschaftlich aufwärts - doch der neue Konsumklimaindex enttäuscht. Er sinkt und erzählt damit von Verunsicherung und Sparsamkeit.
Hamburgs neues Einkaufsparadies im Überseequartier direkt an der Elbe macht viel für gute Kauflaune: dank Kreuzfahrtanleger hat es Urlaubsflair, man chillt, isst und trinkt hier, und vor dem Hamburger Schmuddelwetter schützt ein schickes Dach.
Auch Carmen Boldt und ihre Schwiegertochter wollen ihr entspanntes Geburtstags-Shopping machen - doch sie sind alles andere als schwer beladen. Gerade mal drei Oberteile haben sie in ihren Tüten, obwohl schon viele "Sale"-Schilder aushängen.
"Man fährt noch in Urlaub. Man möchte vielleicht auch dort noch mal was kaufen und nicht so das Geld rausholen", sagt Carmen Boldt. So scheinen viele zu denken: Keiner läuft schwer bepackt rum, viele sind offenbar nur zum Gucken da. Carmen Boldt hat dafür diese Erklärung:
Das ist vielleicht auch wegen dieser allgemeinen Stimmung, weil man immer so negative Nachrichten bekommt.
Carmen Boldt
"Wer weiß, was noch alles kommt. Vielleicht musst du dein Geld für andere Sachen verwenden, musst du dir da noch mal eine neue Bluse kaufen?"
Kurve des Konsumklimaindex geht insgesamt abwärts
Diese Stimmung lässt sich statistisch belegen: Seit Corona geht die Kurve des Konsumklimaindex wild auf und ab, aber insgesamt abwärts, zuletzt auch wieder auf -21,5. Die stärksten Ausschläge nach unten gab es in der Pandemie, kurz nachdem Russland die Ukraine überfiel und bei der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.
Dass es nun, trotz aller Prognosen, nicht besser wird, erklärt der Konsumforscher Rolf Bürkl vom Nürnberger Institut für Marktentscheidungen NIM so:
Die Stimmung wird derzeit stark von dieser Unsicherheit und der fehlenden Planungssicherheit beeinflusst.
Rolf Bürkl, Konsumforscher
Das meint er sowohl global als auch auf Deutschland bezogen. "Verbraucher benötigen die ebenso wie Unternehmen sie bei ihren Investitionen benötigen", so Bürkl. Die Exportnation Deutschland ist abhängig von der globalen Situation. Putin, Krieg und Krise bestimmen auch hier direkt oder indirekt, wie gut oder schlecht des Deutschen Shopping-Laune ist.
Verlässlichkeit und Berechenbarkeit bestimmen die Konsumlaune
Wirtschaft ist eben zu einem guten Teil Psychologie. Es braucht mehr positive Signale um die Stimmung zu drehen, meint der Konsumforscher. Es braucht vor allem Verlässlichkeit und Berechenbarkeit für kleine genauso wie für große Wirtschaftsteilnehmer. Ein Wirtschaftsgipfel mit milliardenschweren Investitionsversprechen reicht nicht, die Stimmung zu drehen - zumal es lange dauern wird, bis die Effekte dieser Investitionen durchsickern.
Die Politik könne aber "für mehr Planungssicherheit bei Verbrauchern sorgen, indem ganz klar strategisch festgelegt wird, was an Be- und Entlastungen auf sie zukommt. Damit sie Planungssicherheit bekommen, was ihr Einkommen betrifft".
Der Wegfall der Reduzierung der Stromsteuer für die privaten Haushalte, das sind so Themen, die sind kontraproduktiv.
Rolf Bürkl, Konsumforscher
Dabei gibt es sie ja, die guten Nachrichten: die Inflation ist zurückgegangen, liegt bei "gesunden" zwei Prozent, wie Experten meinen. Manche Produkte sind sogar billiger, zum Beispiel in der Unterhaltungselektronik. In manchen Branchen haben die Löhne gut aufgeholt. Trotzdem shoppen die Deutschen weniger, denn wie wir im Einkaufszentrum merken, sehen die Besucher das anders.
Konsumforscher beobachtet steigende Sparquote
"Das Problem ist auch Geld, es wird ja alles teurer und das macht es natürlich auch nicht leichter, Sachen zu kaufen", meint Anne Jacobs, die mit ihrem Freund ein wenig bummelt. Gabriel dagegen meint, der Staat könne mehr tun, um die Laune zu verbessern: "Wir zahlen zu viele Steuern. Wir sind eines der Länder, die am meisten Steuern zahlen!"
Und ein Mann, der lieber anonym bleiben will, erzählt, dass in seiner Gegend viele Betriebe mit der Exportwirtschaft zu tun hätten. Viele dort hätten nun Angst, den Job zu verlieren und legten ihr Geld lieber zurück.
Das wirkt sich in Zahlen aus. Der Konsumforscher beobachtet eine steigende Sparquote. "Das Geld ist größtenteils da. Wenn ich mir die Sparquote anschaue, ist sie um ein Prozent gestiegen. Das entspricht 25 Milliarden Euro. Das sind Beträge, die dem Konsum entzogen wurden und jetzt auf dem Sparkonto oder an der Börse liegen." Geld, das nun fehlt in den Läden, in der Wirtschaft.
Britta Hilpert ist Leiterin des ZDF-Landesstudios Hamburg.
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