Deutsche Kommunen erfahren Rekorddefizit

Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen:Kommunen: Höchstes Defizit seit der Wende

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Mit knappen 25 Milliarden Euro Defizit erreichen deutsche Kommunen 2024 den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Besonders Sozialleistungen belasten die Kasse.

Finanzloch Kommunen
Die Finanzlage der Kommunen bleibt angespannt. Der Deutsche Landkreistag fordert mehr Unterstützung. Ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz.04.04.2025 | 1:41 min
Das kommunale Finanzierungsdefizit in Deutschland ist vergangenes Jahr auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung angewachsen. Bei den Kern- und Extrahaushalten der Gemeinden und Gemeindeverbänden - ohne Stadtstaaten - lief ein Defizit von 24,8 Milliarden Euro auf, wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik mitteilt. 2023 hatte das Defizit noch 6,6 Milliarden Euro betragen.
Frank Bethamnn an der Börse
Bei den deutschen Kommunen ist im vergangenen Jahr ein Rekorddefizit aufgelaufen. Frank Bethmann von der Börse erläutert die Gründe für diese Entwicklung. 01.04.2025 | 1:11 min

Ausgaben deutlich höher als Einnahmen

Ausgaben der kommunalen Kern- und Extrahaushalte stiegen den Angaben zufolge mit 12,6 Prozent zum Vorjahr deutlich stärker als die Einnahmen mit 7,6 Prozent. 6,2 Prozent der Ausgaben waren nicht durch reguläre Einnahmen gedeckt und mussten aus finanziellen Reserven oder über Kredite finanziert werden.
Das Defizit sei vor allem auf die kommunalen Kernhaushalte zurückzuführen: Mit 24,3 Milliarden Euro war es 2024 fast viermal so hoch wie im Jahr zuvor, als es noch 6,3 Milliarden Euro betrug.
Kommunen in Finanzierungsnot
Schon im ersten Halbjahr 2024 war das kommunale Finanzierungsdefizit 10 Milliarden Euro höher als im Vorjahr.01.10.2024 | 1:39 min
Die bereinigten Ausgaben stiegen bei den Kernhaushalten erneut stark um 8,8 Prozent auf 362,7 Milliarden Euro. Bei den bereinigten Einnahmen gab es dagegen nur ein Plus von 3,5 Prozent auf 338,5 Milliarden Euro.

Kommunen können Defizit nicht selbst auffangen

Der Deutsche Städtetag nannte die Situation "katastrophal".

Die Zahlen übersteigen unsere ohnehin schon schlimmen Erwartungen.

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer Deutscher Städtetag

Das Defizit könne von den Kommunen nicht ansatzweise aus eigener Kraft aufgefangen werden, erklärte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Es brauche weitreichende Reformen in der Finanzordnung von Bund, Ländern und Kommunen. Das gerade beschlossene Sondervermögen könne zwar einen Einbruch der kommunalen Investitionen verhindern. Die strukturelle Schieflage der Haushalte könne es jedoch nicht beseitigen.
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Mit einem riesigen Finanzpaket sollen Millitär und Infrastruktur in Deutschland gestärkt werden. 21.03.2025 | 1:49 min

Vertreter fordern Reform der Finanzverteilung

Der Deutsche Landkreistag sprach sich ebenfalls für Reformen der Finanzverteilung aus.

Derartig hohe Ausgabezuwächse hält kein Haushalt aus.

Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands

Landkreisen fehlt Geld
Immer mehr Aufgaben, aber das Geld fehlt. Die Landkreise sind chronisch unterfinanziert und klagen dagegen vorm Bundesverfassungsgericht.08.03.2025 | 4:34 min
Um ein weiteres Erodieren zu verhindern, müsse auf Bundes- und Landesebene endlich ein Sinneswandel einsetzen, sagte auch Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindesbundes, André Berghegger.

Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch bezahlbar.

André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindesbundes

Es müsse zudem ein Ende haben, dass die Kommunen für meist auf Bundesebene beschlossene teure Standardanpassungen sowie Erweiterungen bestehender Aufgaben allein die Zeche zahlten.
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Finanzielle Engpässe bei führen zu starken Einschränkungen in der Arbeit von Kommunen und Gemeinden03.01.2025 | 1:56 min

Starker Anstieg bei den Sozialleistungen

Der Statistik zufolge waren Treiber der Entwicklung vor allem die Sozialleistungen. Sie stiegen um 11,7 Prozent auf 84,5 Milliarden Euro. Grund seien vor allem Erhöhungen bei Bürgergeld und Sozialhilfe. Letztere stiegen beispielsweise um 12,4 Prozent auf 21,1 Milliarden Euro. Den höchsten Anstieg gab es mit 17,1 Prozent bei der Kinder- und Jugendhilfe mit insgesamt 18,3 Milliarden Euro.
Auch die Eingliederungshilfe nach Sozialgesetzbuch IX verteuerte sich um 13,6 Prozent auf 22,7 Milliarden Euro. Die Personalausgaben waren um knapp neun Prozent höher und betrugen 88,1 Milliarden Euro - eine Folge der im Jahr 2024 wirksamen Tarifsteigerungen und des Personalzuwachses in verschiedenen Bereichen.
Drohende Finanzkrise
Immer mehr Aufgaben, jedoch keine zusätzlichen Mittel. Man werde finanziell überfordert, klagen deutsche Kommunen.03.01.2025 | 2:35 min

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Quelle: dpa

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Quelle: dpa, AFP, Reuters

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