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Hilfsmittel im Tennis:Doping mit legalen Infusionen im Trend?
von Jannik Schneider
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Wimbledon-Doppel-Sieger Max Purcell wurde wegen zweier Infusionen über der erlaubten Menge gesperrt. Bei den French Open werden Fragen dazu meist ignoriert. Dopingjäger mahnen.
Max Purcell wurde wegen Infusionen für 18 Monate gesperrt.
Quelle: dpa
Der australische Wimbledon-Sieger im Doppel, Max Purcell, der im Einzel zudem bereits zu den besten 100 der Weltrangliste gehörte, wurde dieses Jahr von der International Tennis Integrity Agency (ITIA) für 18 Monate gesperrt.
Dem 27-Jährigen wurde nachgewiesen, dass er wissentlich zwei Infusionen mit einem Vitamingemisch über der erlaubten Menge von 100 Milliliter (mehr ist unter dem Code der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA verboten) in einer Klinik während seiner Saisonvorbereitung im Dezember 2023 erhalten hatte.
Infusionen nicht nachweisbar
Aus Hintergrundgesprächen mit Tennisprofis geht hervor, dass die Szene seit dem öffentlichkeitswirksamen Fall im Hintergrund diskutiert. Denn: Neben dem bekannten und grundsätzlich verbotenem Blutdoping (Infusionen mit Eigenblut) sind Infusionen, wenn mit erlaubten Substanzen befüllt (Kochsalzlösung, Glucose, Vitaminmix) wohl schon länger im Trend.
Die WADA hat Infusionen erst 2005 verboten. Bis dahin waren Infusionen im Spitzensport Alltag. Aus Medienberichten des Boston Globe und von Reuters geht hervor, dass Pete Sampras vor seinem erfolgreichen US-Open-Halbfinale 1992 Infusionen erhielt; Justin Henin-Hardenne habe 2003 ebenfalls im New York nach dem Halbfinale auf der Krankenstation Infusionen erhalten.
2012 wurden Infusionen bis zu 50 Milliliter genehmigt. 2018 trat die aktuelle Reglung in Kraft mit Richtwert 100 Milliliter, wie die WADA auf Anfrage bestätigte. Unter anderem im dopinggebeutelten Radsport gibt es seit einigen Jahren die zusätzliche "No-Needle-Policy". Der Weltverband hat die Regel aufgestellt, dass keine Infusionen jedweder Art verabreicht werden dürfen - auch Behandlungen eben nur "ohne Nadeln", also ohne Spritzen, erfolgen dürfen.
2012 wurden Infusionen bis zu 50 Milliliter genehmigt. 2018 trat die aktuelle Reglung in Kraft mit Richtwert 100 Milliliter, wie die WADA auf Anfrage bestätigte. Unter anderem im dopinggebeutelten Radsport gibt es seit einigen Jahren die zusätzliche "No-Needle-Policy". Der Weltverband hat die Regel aufgestellt, dass keine Infusionen jedweder Art verabreicht werden dürfen - auch Behandlungen eben nur "ohne Nadeln", also ohne Spritzen, erfolgen dürfen.
Denn diese Infusionen können nicht in Urin- oder Blutdopingtests nachgewiesen werden, helfen laut ärztlichen Meinungen aber bei der Regeneration und bei der Ausdauer und sind in der Saisonvorbereitung und auch während eines langen, kräftezerrenden Turniers hilfreich. Das wissen ebenfalls die Dopingjäger im Tennis und schlagen ob der Problematik Alarm.
Dopingjäger: "Infusionen können Leistung steigern"
Die ITIA erklärt auf Anfrage von ZDFheute: "Infusionen können die Leistung steigern, indem sie das Plasmavolumen erhöhen. Das ist eine direkt leistungssteigernde Wirkung." Zudem könnten Infusionen die Einnahme einer verbotenen Substanz verschleiern und die Werte des biologischen Blutpasses verfälschen. Dieser überwacht die Blutwerte der Athleten über einen längeren Zeitraum.
Der jüngste Fall wirft ein Scheinwerferlicht auf die Problematik, und wir fordern die Spieler und ihre Betreuerteams weiterhin auf, sich der Regeln für Infusionsbehandlungen bewusst zu sein. Wir stehen den Spielern für alle Fragen zur Verfügung, die sie haben.
Sprecher der ITIA
Großteil der Spieler äußert sich nicht
Der Fall Purcell hat eine Dopingproblematik im Tennis offengelegt. Werden Infusionen, da nicht entdeckbar, im Profitennis missbraucht? Die meisten der etwas mehr als ein halbes Dutzend Tennisprofis, die in diesen Tagen von Paris befragt wurden, konnten oder wollten keine Antwort darauf geben.
Spaniens Tennisstar Carlos Alcaraz erklärte: "Ehrlich gesagt, was Sie mich gerade gefragt haben, hört sich für mich so an, als würden sie chinesisch sprechen. Ich habe keine Ahnung, wovon sie sprechen. Ich habe noch nie davon gehört."
Purcell wollte Krankheit vortäuschen
Dabei ist der Fall eindeutig und öffentlich einsehbar. Das abgeschlossene Verfahrensprotokoll der ITIA beweist, dass Purcell im vollen Bewusstsein des Verbots handelte und sogar versuchte, das Vergehen zu vertuschen. Aus Ermittlungen über einen anderen, nicht öffentlich genannten Spieler und Chatverläufen von dessen Handy kam die ITIA Purcell und den zwei Infusionen überhaupt erst auf die Spur.
Laut den Chatverläufen habe Purcell dem Spieler am 16. Dezember 2023, also in der Saisonvorbereitung, bestätigt, in einer Klinik eine Infusion erhalten zu haben. Darüber hinaus habe Purcell das Klinikpersonal angewiesen, keine Quittungen oder ähnliches zu der Behandlung aufzubewahren. Weiterhin diskutierten die beiden Spieler, wie man die Infusion im Zweifel rechtfertigen könnte - nämlich durch Vortäuschen einer Krankheit. Laut dem WADA-Code ist eine Infusion nur dann erlaubt, wenn eine medizinische Notsituation vorliegt.
Weiteres Kapitel in der Dopingproblematik
Außerdem geht aus dem Suchverlauf von Purcell, der freiwillig sein Handy abgab, hervor, dass er genau suchte und sich darüber im Klaren war, dass eine Infusion über 100 Milliliter verboten sei. Die Chatverläufe machten zudem deutlich, dass Purcell später eine zweite Infusion erhalten habe.
Anders als Alcaraz gab die Weltranglistenerste Aryna Sabalenka offen zu, den Purcellfall zu kennen. Sie äußere sich aber grundsätzlich nicht zu Dopingfällen wie bereits in der Vergangenheit bei Jannik Sinner, Iga Swiatek und Simona Halep. Die Dopingproblematik im Tennis ist nach dem Infusionsfall von Max Purcell jedenfalls um ein weiteres Kapitel reicher.
Quelle: Reuters
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