Pleite bei der Ruder-WM:Die Krise des Deutschland-Achters
Gold war das Ziel, doch der neuformierte Deutschland-Achter scheitert bei der Ruder-WM in Shanghai schon im Vorlauf. Ein neuer Tiefpunkt für das einst erfolgsverwöhnte Paradeboot.
Bundestrainer Mark Emke erlebt enttäuschende Titelkämpfe. (Archivbild)
Quelle: ImagoSiebenmal war Deutschlands Achter schon die Mannschaft des Jahres hierzulande. Das letzte Mal ist allerdings schon 13 Jahre her. Damals gewann das deutsche Paradeboot unter Trainer Ralf Holtmeyer als Krönung jahrelanger Dominanz in London zum letzten Mal Olympiagold.
Der letzte WM-Titel datiert aus dem Jahr 2019, kontinentaler Champion war der Deutschland-Achter zuletzt vor fünf Jahren.
Es geht abwärts mit dem Deutschland-Achter
Das zeigt: Es geht abwärts mit der wohl bekanntesten "Marke" des Ruderns - und damit wohl auch mit dem einst in Deutschland so erfolgsverwöhnten Ausdauersport. Die einzige Ausnahme ist Einer-Olympiasieger und Deutschlands Sportler des Jahres Oliver Zeidler, der bei der WM in Shanghai wieder Chancen auf Gold hat. Der Deutschland-Achter hat diese Chance am Donnerstag in China mit einem blamablen Vorlauf-Aus bereits verspielt.
Das ist eine herbe Enttäuschung. Wir sind zum Gewinnen hierhergekommen und stehen jetzt noch nicht einmal im Finale. Aber wenn wir so rudern, erreichen wir kein Finale der Welt. Wir sind raus und das total verdient.
Ruderer Julius Christ
Platz drei hinter den Niederlanden und den USA - beides Olympiamedaillengewinner von 2024 in Paris - reichte nicht für den Einzug ins A-Finale. Zumal die deutsche Zeit im Vergleich zum anderen Vorlauf zu schlecht war.
Vom 21. bis 28. September 2025 finden im chinesischen Shanghai die Ruder-Weltmeisterschaften statt. Live aus dem Shanghai Water Sports Centre, einem der modernsten Wassersportzentren Asiens.
25.09.2025 | 100:33 minNur abseits großer Titelkämpfe stark
Dabei hatte Bundestrainer Mark Emke nach der Vorbereitung in Ratzeburg noch eine "starke Entwicklung" seines Großboots erkannt: "Wir haben uns in vielen Bereichen verbessert." Zeigen konnte das nach dem enttäuschenden vierten Platz bei Olympia in Paris - damals gab es erstmals seit 2008 keine Medaille bei Sommerspielen - verjüngte Boot allerdings nur abseits großer Titelkämpfe.
Der Begriff kam 1959 zum ersten Mal auf, als der westdeutsche Männer-Achter souverän zum Europameistertitel gerudert war. Den Durchbruch erlebte der Begriff dann bei den Olympischen Spielen 1960 von Rom, als der Achter von Erfolgscoach Karl Adam Olympiagold gewann und damit die seit 1920 dauernde Siegesserie der USA beendete.
Der Deutschland-Achter bewältigte die 2000-Meter-Distanz damals auch als erstes Ruder-Boot unter der Sechs-Minuten-Marke. In der größten Bootsklasse der Männer holte Deutschland insgesamt sechs Olympiasiege (inklusive DDR) und je 19 WM- und EM-Titel.
Der Sieg bei der prestigeträchtigen Regatta in Luzern machte Hoffnung auf eine Renaissance des Deutschland-Achters. Doch als es in diesem Jahr wirklich drauf ankam, waren andere wieder einmal stärker. Bei der EM im bulgarischen Plowdiw reichte es nur zu Platz vier - nachdem das Team im Vorlauf nur knapp an einer Weltbestzeit vorbeigeschrammt war.
Hannes Ocik spricht über die anstehenden Entscheidungen bei der Ruder-WM in Shanghai, den neuformierten Deutschland-Achter und die Aussichten für das deutsche Team.
24.09.2025 | 2:15 min
Zur Einordnung: Bei den vergangenen fünf Europameisterschaften holte das deutsche Paradeboot nur eine Medaille. Zuvor hatte der Deutschland-Achter von 2013 bis 2020 achtmal in Folge den Titel gewonnen.
Was ist der Grund für die WM-Blamage?
Zum "Supergau" für den Deutschen Ruder-Verband kam es nun bei der WM mit dem Vorlauf-Aus - zuletzt war das 2022 passiert. Steuermann Jonas Wiesen analysierte, dass die "Schlaglänge fehlte und dadurch auch der Vortrieb." Rhythmus und Dynamik hätten nicht gepasst. "Wir sind deutlich unter unserem Niveau geblieben. Das ist das schlechteste Ergebnis der Saison", so Mattes Schönherr.
Vom 21. bis 28. September 2025 finden im chinesischen Shanghai die Ruder-Weltmeisterschaften statt. Live aus dem Shanghai Water Sports Centre, einem der modernsten Wassersportzentren Asiens.
26.09.2025Die Frage ist: Flatterten die Nerven im verjüngten deutschen Boot beim Großereignis oder gibt es ein strukturelles Problem im deutschen Rudern? Es ist seit Jahren auffällig, dass im deutschen Rudern nur noch Oliver Zeidler dauerhaft absolute Weltklasse-Leistungen abrufen kann. Der 2,03-Meter-Recke, der in der Vergangenheit häufig den Deutschen Ruderverband kritisiert hatte, trainiert in einem Privatteam mit Vater Heino abseits des Nationalteams.
Oliver Zeidler - Olympiasieger und je dreimal Welt- und Europameister im Einer - kommt aus einer wahren Ruder-Dynastie. Es gibt zwei weitere Olympiasieger in der Familie: Großvater Hans-Johann Färber triumphierte 1972 in München im Vierer mit Steuermann. Seine Tante Judith Zeidler gewann 1988 Gold mit dem DDR-Achter. Sein Onkel Matthias Ungemach wurde zweimal Weltmeister: 1990 im Achter und 1991 im Vierer mit Steuermann. Trainiert wird Oliver Zeidler von seinem Vater Heino Zeidler, der 1994 WM Vierter im Zweier mit Steuermann wurde. Seine jüngere Schwester Marie-Sophie Zeidler war natürlich auch Ruderin und gewann bei den Juniorinnen WM- und EM-Medaillen.
Trainer Emke blickte jedoch nach der Pleite schon voraus: "Das war kein gutes Rennen. Wir sind unter Druck geraten und haben dann Fehler gemacht. Heute dürfen wir ein bisschen weinen und dann müssen wir neu starten." Vielleicht gibt es ja bei der WM-Premiere des Mixed-Achters am Sonntag einen deutschen Überraschungserfolg.
Frauen-Achter erreicht das Finale
Schließlich hat das Frauen-Großboot dem legendären Deutschland-Achter der Männer zumindest bei dieser WM den Rang abgelaufen: Die Ladys um Schlagfrau Nora Peuser belegten am Donnerstag im Vorlauf Platz zwei und schafften erstmals seit 2009 bei einer WM den direkten Einzug ins A-Finale am Samstag (9.05 Uhr MEZ).
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