Porträt DFB-Chef Bernd Neuendorf:Der Präsident des Ausgleichs
von Frank Hellmann
Bernd Neuendorf kann vor seiner Wiederwahl für sich in Anspruch nehmen, den DFB aus der schwersten Vertrauenskrise geführt zu haben. Der Ex-Politiker hat für Ruhe gesorgt.
Bernd Neuendorf (Archivfoto)
Quelle: SVEN SIMONIm Rücken des DFB-Präsidenten hängt ein großes Schwarz-Weiß-Foto vom alten Aachener Tivoli. Bernd Neuendorf macht aus der früheren Begeisterung für die Alemannia keinen Hehl, mit der er als Fußballfan seiner Heimatregion fast zwangsläufig in Berührung kam.
Heute leitet der gebürtige Dürener den größten Einzelsportverband der Welt. Nach seiner im März 2022 erfolgten Inthronisierung in Bonn soll der 64-Jährige nun beim DFB-Bundestag am Freitag auf dem Campus in Frankfurt wiedergewählt werden.
Die europäischen Delegierten rund um DFB-Präsident Neuendorf und UEFA-Präsident-Ceferin verlassen kollektiv nach einer Kaffepause die Veranstaltung. Eine Reaktion auf die Verspätung Infantinos.
16.05.2025 | 1:30 min262 stimmberechtigte Delegierte aus dem Profi- und Amateurfußball werden ihm ohne Gegenkandidaten die Zustimmung nicht verweigern. Was Neuendorf für sich in Anspruch nimmt: "Wir haben die Transformation geschafft - auch kulturell.
Hier gibt es kein Gegeneinander mehr." Vor seiner ersten Amtszeit war der frühere Verbandssitz im Frankfurter Stadtwald zur Schlangengrube entartet.
Das Gegenteil von einem Alphatier
Es gab mitten in den Corona-Jahren ein unsägliches Hauen und Stechen. Intrigen und Skandale. Machtgier und Missgunst bildeten eine unheilvolle Allianz. Am Ende stolperte der damalige Präsident Fritz Keller über eine schlimme Beschimpfung.
Bei der Suche nach einem Nachfolger kam der damalige Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein ins Spiel, der sich schnell als Mann des Ausgleichs bewährte.
DFB-Präsident Neuendorf verteidigt die Entscheidung die Frauen-WM ab 2031 deutlich zu vergrößern. FIFA-Präsident Infantino reist aufgrund eines Treffens mit US-Präsident Trump in Riad verspätet an.
15.05.2025 | 1:40 minNeuendorf: Bin kein Alphatier
Seine Integrität und seine Verlässlichkeit werden von vielen Seiten geschätzt. Enge Mitarbeiter können sich an keinen Wutausbruch erinnern. Neuendorf ist keiner wie der mächtige Liga-Chef Hans-Joachim Watzke, bei dem Poltern auch mal zum Programm gehört.
Alphatier sei er nicht, sagt der zweifache Familienvater: "Das ist kein Begriff, über den ich mich definiere." Er hört zu, redet dann, wenn es angemessen erscheint. Meist ruhig und bedächtig.
Lange Wunschliste an der Basis
Der ehemalige Journalist und Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in Nordrhein-Westfalen sieht die Phase der "Konsolidierung" als bewältigt an. Jetzt soll mehr gestaltet und - auch mit den jährlich wohl rund 100 Millionen des neuen Ausrüsters Nike - Nachwuchs, Amateure und Frauen gestärkt werden.
Was der Verbandschef nicht machen kann: 24.000 Vereinen unter die Arme greifen, hier den alten Kunstrasen, dort die kaputten Duschen erneuern. "Wir ziehen nicht mit der Gießkanne übers Land."
Kommen Kochs Gefolgsleute durch die Hintertür zurück?
Das wäre schon satzungsmäßig nicht erlaubt. Trotzdem können Regional- und Landesverbände Listen an Begehrlichkeiten vorbringen, die länger als jeder Wunschzettel einer Großfamilie sein können. Es geht dabei nicht nur ums Geld, sondern oft um Einfluss.
Erfolg für Joseph Blatter und Michel Platini: Im FIFA-Korruptionsprozess hat ein Schweizer Gericht den Freispruch für die einst mächtigsten Männer des Weltfußballs bestätigt.
25.03.2025 | 3:24 minEs hat ein gewisses Geschmäckle, dass mit der erst vor vier Jahren installierten Silke Sinning als Vizepräsidentin für Bildung, Freizeit- und Breitenfußball jene mutige Frau in eine Kampfabstimmung mit Silke Raml gehen muss, die den umstrittenen Strippenzieher Rainer Koch aus dem Präsidium drängte. Raml kommt aus dem Bayrischen Fußball-Verband, in dem Koch immer noch als Ehrenpräsident mitredet.
Neuer Vizepräsident
Umstritten ist auch, warum es einen neuen Vizepräsidenten für Strategie braucht. Den Postenbekommt mit Matthias Schöck ein weiterer Funktionär aus dem Süden. Schöck ist seit 2015 schon Präsident des Württembergischen Fußballverbands ist.
Der frühere SPD-Politiker verkauft diese Rochaden - genau wie die nicht unumstrittenen Vergütungsregeln der Präsidiumsmitglieder - als abgestimmte Prozesse. Doch der DFB gilt der Öffentlichkeit immer noch nicht als transparent genug - und zu eng verflochten mit den Interessen der Profis.
Hans-Joachim Watzke und Bernd Neuendorf stehen vor der Wiederwahl in ihren Ämtern. Eine Bestätigung hätte großen Einfluss im Hinblick auf die Frauen-EM 2029 für die der DFB sich beworben hat.
03.04.2025 | 2:29 minWas ja auch daran liegen könne, dass Neuendorf im Council des Weltverbandes FIFA einen gut dotierten Job ausübt, der ihn ständig in die Zwickmühle bringt. Immerhin hat sich nach den Zerwürfnissen rund um die WM 2022 in Katar das Verhältnis zu Infantino gebessert: "Anfangs war es belastet, jetzt ist es belastbar."
Vielleicht auch, weil Neuendorf nach den vielen Streitthemen rund um die WM 2022 in Katar keine Einwände mehr gegen die WM-Vergabe 2034 nach Saudi-Arabien erhob.
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