Profiliga vor dem Aus:Das Ende des Football-Traums in Europa
Mit der Implosion einer europäischen Top-Liga scheitert der ambitionierte Versuch, Profi-Football auf dem alten Kontinent zu etablieren. Ein Fehlschlag mit historischen Vorgängern.
Die European League of Football (ELF) steht vor dem Aus.
Quelle: IMAGO / Nico HerbertzVon wegen kompliziert - American Football ist der einfachste Sport der Welt. Die einzige Regel: Es geht immer aufwärts. Ob das die irren Gehälter der Superstars in der US-Profiliga NFL betrifft, die TV-Vermarktung oder den globalen Fan-Boom. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Im Schatten der National Football League kommt keine andere Profiliga voran - auch nicht im fernen Europa.
PlayStation-Resultate machen ELF unattraktiv
Aktuell steht die European League of Football (ELF) vor dem Kollaps, elf von 16 Teams erklärten ihren Ausstieg zur kommenden Saison. Nach nur fünf Jahren scheint das Experiment gescheitert, Amerikas Lieblingssport auch in neun Ländern des alten Kontinents auf Top-Niveau zu verankern.
Anfänglicher Euphorie, die Footballwelle zu surfen, ist Ernüchterung gewichen: die Stadien vor den Playoffs nur leidlich gefüllt, TV-Quoten im Keller, die sportliche Qualität bei PlayStation-Resultaten - wie beim 88:7 der Stuttgart Surge gegen die Cologne Centurions - durchwachsen. Thomas Kösling, Sportdirektor von Frankfurt Galaxy, gestand dem "hr":
Die Liga ist unattraktiv wie nie. Keine Franchise macht Gewinn und wir sind nicht mal nah dran.
Thomas Kösling, Sportdirektor von Frankfurt Galaxy
"Der Football wird kannibalisiert"
Die Betriebskosten sind hoch, bei den Athleten fehlt eine breite Basis. Wobei sich die ELF nicht mal die Mühe der Jugendarbeit machte. Spieler wurden vom Amateurlager rekrutiert, das seit Jahrzehnten die Kärrnerarbeit leistet, eigene Ligen organisiert - aber nie aus der Nische kam.
Die Folge: böses Blut statt Miteinander. "Der deutsche Football wird kannibalisiert", warnte schon zum Ligastart Tilman Engel, Manager der Galaxy, als sie noch zum NFL-Kosmos gehörte.
Erster Versuch mit der World League
Denn schon früher, als das NFL-Original nicht nur einen Klick im Internet entfernt war, gab es Ansätze, den Sport in Deutschland auf Profi-Ebene zu heben. Ihr Scheitern hatte andere Gründe.
Die World League of American Football startete 1991 und war der NFL-Versuch, neue Märkte zu testen, Monopolklagen zu entgehen und Farmteams für Talente zu schaffen. Neun Teams aus Nordamerika gegen drei aus Europa. Nach nur zwei Spielzeiten wurde die Liga eingestellt.
NFL-Legende und Football-Star Tom Brady enthüllt seine über fünf Meter hohe Bronzestatue vor dem Stadion der New England Patriots – eine Auszeichnung für seine sechs Super-Bowl-Siege mit dem Team.
11.08.2025 | 0:32 minNicht die Europäer waren das Problem. Die Liga kam im US-Markt nicht an. Genauso wenig wie andere Versuche zuvor und danach, mit Sommerligen die NFL-freie Zeit zu füllen.
Party-Time im Frankfurter Waldstadion
Nach zwei Jahren Pause wagte die NFL den Neustart. Diesmal nur mit Teams aus Europa. 1998 wurde die Liga in NFL Europe und final in NFL Europa umgetauft. Mit Geld und Spielern aus den USA quersubventioniert, hielt sie bis 2007 - mit Höhen, Tiefen und enormen inneren Kontrasten.
Harte Kämpfe, große Träume in der NFL.
04.09.2022 | 18:48 minSportlich war es recht ansehnlich, auch wenn manch Spieler den Ausflug über den großen Teich als Strafrunde empfand. Spiele der Galaxy zogen im Schnitt 30.000 Fans ins Waldstadion, auch dank besonderer Party-Atmosphäre. Andere Standorte hatten es schwer, Teams wurden hin und her verpflanzt.
Dank Olympia raus aus der Nische?
2007 zog die NFL den Stecker für das teure Projekt und startete ihre neue Expansionsstrategie mit einem regulären Saisonspiel in London. Inzwischen trägt sie sieben Ligaspiele außerhalb der USA aus, perspektivisch sollen es 16 jährlich werden.
Und die NFL hat das wahre Problem identifiziert: Die Graswurzel-Ebene muss stärker werden. Seit ihrem Debüt in Deutschland vor drei Jahren geht sie an Schulen und fördert Flag Football: Die jugendfreie Variante des Sports kommt ohne Ausrüstung und harte Hits aus und wird 2028 in Los Angeles olympisch. Sprich: Die Zugangshürden sinken und es winken Fördergelder.
Fans weltweit sind aus dem Häuschen: Taylor Swift und NFL-Spieler Travis Kelce haben sich verlobt. Bereits nach einer Dreiviertelstunde erhielt der Post der Superstars über sechs Millionen Likes.
27.08.2025 | 2:34 minSchon für eine semi-professionelle Liga bräuchte es einen Pool mit mehr als den nur gut 74.000 Mitgliedern, die der American Football Verband Deutschland aktuell listet und aus denen noch die Cheerleader rausgerechnet werden müssten. Zum Vergleich: Die Basketballer, die jüngst den EM-Titel holten, haben eine vier Mal so große Basis und unterm Korb braucht es viel weniger Akteure als auf dem Football-Feld.
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