Erster deutscher Trainer in NHL:Marco Sturm: Chef auf der Baustelle der Bruins
2018 führte Marco Sturm als Nationaltrainer Deutschland zu Olympia-Silber. Jetzt schreibt er wieder Geschichte: als erster deutscher Chefcoach in einer Top-Liga Nordamerikas.
Marco Sturm ist der erste deutscher Trainer in den vier großen US-Profiligen.
Quelle: APDirekt neben der Trainingshalle der Boston Bruins befindet sich eine Baustelle. Das ist natürlich nur Zufall, aber passt ins Bild des Vereins. Die Bruins sind Amerikas ältestes Team in der Eishockey-Profiliga NHL. Und sie sind eine große Baustelle: Die vergangene Saison war sportlich ihre schlechteste seit 20 Jahren.
Ein Neuanfang muss her - und dafür braucht es, wie auf der Baustelle nebenan, einen Bauleiter, der alles überblickt. Dieser Bauleiter ist ein Deutscher: Marco Sturm.
Deutscher Debütant auf der Trainerbank
Der Niederbayer ist somit ein deutscher Debütant - nicht nur bei den "Braunbären" in Boston und nicht nur in der NHL. Nein, Sturm ist der erste Cheftrainer aus "Germany" in den vier großen Profiligen Nordamerikas. Denn auch in der National Football League (NFL), der Basketball-Liga (NBA) und Major League Baseball (MLB) hatte bislang noch nie ein Deutscher das Sagen.
Die Verwerfungen zwischen den USA und Kanada spielten im NHL-Eishockey keine Rolle, sagt Detroits Verteidiger Moritz Seider. Das werde von US-Spielern und den kanadischen Kollegen hintangestellt.
03.05.2025 | 16:40 minEr denke über seine Pionierrolle gar nicht nach, sagt Sturm. Aber wenn er darauf angesprochen werde, ja, dann sei "das schon berührend" und natürlich sei er "stolz drauf, dass es so geklappt hat", so der 47-Jährige.
Bruins starten am Donnerstag
Seit drei Wochen bereitet er sein Team aufs erste Saisonspiel am Donnerstag, 1:30 Uhr MESZ, in Washington vor. In der Trainingshalle ist er nicht zu überhören. Mit Pfeife in der Hand steht Sturm auf dem Eis, gibt lautstarke Anweisungen. "Speed, Speed, Speed", ruft er immer wieder.
Er lässt als Trainer das Eishockey spielen, das ihn einst in seinen 15 NHL-Jahren als Spieler ausgezeichnet hat. Schnelligkeit, viel Energie und eine klare Spielstruktur sind ihm wichtig.
Sturm will Bruins-Identität wieder herstellen
Sturm solle und wolle "die Bruins-Identität wieder auffrischen und herstellen", betont Manager Don Sweeney. Er hatte im Frühjahr 14 Kandidaten für den Trainer-Job interviewt - und sich für den Deutschen entschieden. Für Sturm war es die Krönung eines "langen Weges".
Denn dieser Weg ist Europäern eigentlich verbaut. In der NHL kommen zwar knapp ein Drittel aller Spieler aus Skandinavien, Russland, Tschechien oder Deutschland. Aber europäische Trainer hatte es in der 107-jährigen Geschichte der besten Eishockeyliga der Welt erst drei gegeben.
Sturm ist die Nummer vier. Warum ausgerechnet er es geschafft hat? Nun, sagt Sturm, er sei ja "nicht direkt aus Deutschland in die NHL" gekommen, sondern habe "15 Jahre in der Liga gespielt". Hinzu kamen sieben Jahren im Trainerstab der Los Angeles Kings. Und so habe er eben "Leute kennengelernt, Kontakte geknüpft", sich etwas aufgebaut, sagt Sturm.
Olympia-Silber als NHL-Sprungbrett
Und dann waren da noch die Olympischen Winterspiele 2018. Die NHL hatte es ihren Profis untersagt, nach Südkorea zu reisen. Somit fehlten die Superstars und somit herrschte mehr Chancengleichheit. Und das nutzte das von Sturm trainierte deutsche Team nahezu optimal aus und feierte mit Silber den größten Erfolg der deutschen Eishockey-Geschichte.
Dies sei für ihn "das Sprungbrett in die NHL" gewesen, betont Sturm. Er gab seinen Job als Nationaltrainer auf, wechselte als Assistent zu den Los Angeles Kings. Vier Jahre lernte Sturm das Trainer-Tagesgeschäft der NHL, 2022 stieg er zum Chefcoach des Farmteams auf.
Vom Fanliebling zum Chefcoach
All diese Erfahrungen, so Sturm, habe er gebraucht, um nun bereit zu sein für seine Arbeit bei den Bruins. Der gebürtige Dingolfinger kennt Boston - und Boston kennt ihn. Von 2005 bis 2010 stürmte Sturm mit der Rückennummer 16 für die Bruins, erzielte in 316 Spielen 108 Tore.
Mit seiner Schnelligkeit und seinem Einsatzwillen war er Leistungsträger und Fanliebling. "Die Zuschauer", weiß Sturm, "lieben den Verein, sind aber auch sehr direkt, wenn es nicht so läuft". Sein Motto: Harte Arbeit wird immer belohnt. Er selbst ist das beste Beispiel dafür.
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