Weltmeisterschaft in Riad:Kauft Saudi-Arabien den E-Sport?
von Gabriel Cermann
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Das größte Gaming-Event der Welt ist auch das politisch brisanteste - die WM in Riad. Was hat Saudi-Arabien mit dem E-Sport vor?
Ein großes Spektakel: Der Esports World Cup in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad.
Quelle: Esports World Cup Foundation
70 Millionen Dollar Preisgeld, Weltstars wie Cristiano Ronaldo und Magnus Carlsen als Botschafter, US-Rapper Post Malone bei der Eröffnungsfeier: Das ist der Esports World Cup (EWC) in Riad, das größte Gaming-Event der Welt. Über sieben Wochen treten hier mehr als 2.000 Spieler in 25 Titeln gegeneinander an - von EA FC bis Counter-Strike.
Der Hauptpreis, die Club Championship, ist mit sieben Millionen US-Dollar dotiert. Es ist ein weiterer Versuch Saudi-Arabiens, sich mit schier endlosen finanziellen Mitteln an der Spitze des digitalen Sports zu etablieren. Das Geld kommt vom staatlichen Investmentfonds. Die genauen Kosten? Unbekannt.
Saudi-Arabien will Abhängigkeit vom Öl verringern
Der Esports World Cup ist Teil der "Vision 2030", einer umfassenden Strategie des Königreichs, wirtschaftlich unabhängiger von Öl-Exporten zu werden. Dazu zählt auch der Ausbau von Zukunftsbranchen wie Tourismus, Technologie - und eben Gaming. "Dieser Moment wird die Richtung der Industrie für die nächsten Jahre prägen", so Prinz Faisal bin Bandar bin Sultan, Vorsitzender der saudischen E-Sport-Föderation.
E-Sport ist keine Randerscheinung mehr. Es ist globaler Sport und kulturelle Macht.
Prinz Faisal bin Bandar bin Sultan
Mit dieser Macht will Saudi-Arabien sein internationales Image aufpolieren, insbesondere im Westen. "Sportswashing" also ähnlich der Fußball-WM 2022 in Katar - das Bestreben, über Sport und Entertainment politische Akzeptanz zu gewinnen.
Rettungsring für die Gaming-Branche
Für den E-Sport selbst kommt das Investment wie gerufen. Nach dem Boom während der Corona-Pandemie folgte Ernüchterung: Erwartungen überstiegen die Realität, Sponsoren zogen sich zurück. Kleine Organisationen kämpfen noch immer ums Überleben. Nun kommt der EWC und bringt Geld, Aufmerksamkeit und "eine Art der Infrastruktur, wie wir sie üblicherweise nicht im E-Sport haben", so Alban Dechelotte, CEO von G2 Gaming, einem der erfolgreichsten E-Sport-Teams Europas.
Dechelotte vergleicht das Event mit den Olympischen Spielen und sagt: "Es ist sogar noch größer. Es ist ein Gaming Festival." Denn Boulevard City, das rund ein Quadratkilometer große Gelände neben den vier Arenen des EWC, ist während des Events Schauplatz zahlreicher Gaming-Aktionen und Sponsorenausstellungen. "Für jeden ist der Mittlere Osten aktuell ein strategischer Markt", sagt G2-CEO Dechelotte. Auch sein Team habe zahlreiche Anfragen.
Werte im Widerspruch
Im Alltag der Menschen in Riad bleibt der Esports World Cup trotz groß angelegter Werbekampagnen irrelevant. Der Boulevard zieht zwar Besucher an, doch abseits ist vom Hype wenig zu merken. Es soll möglichst schnell eine Szene entstehen, wie sie in Europa über Jahre gewachsen ist.
Und das könnte sogar funktionieren, zeigt der Fußball-Hype nach den Transfers von Ronaldo, Benzema und Co. Fragt sich, ob das im E-Sport reproduzierbar ist.
Im Ausland dreht sich die Debatte weniger um Aufmerksamkeit, sondern stärker um Werte. Die Gaming-Community zeichnete sich schon immer durch Offenheit und Inklusion aus - wie ist das mit Saudi-Arabien vereinbar? Homosexualität ist strafbar, Frauen brauchen männliche Vormunde, mehr als 300 Hinrichtungen gab es im Jahr 2024. Auf einer Notiz im Medienraum des EWC wird dazu angehalten, "politische oder kontroverse Fragen zu vermeiden".
Das beliebte Browsergame "GeoGuessr" hat Konsequenzen gezogen: Nach Community-Protesten wurde das Spiel von dem Event zurückgezogen. Auch deutsche Influencer rufen zum Boykott auf, doch der Druck des Geldes ist enorm.
"Wir werden wie Prinzen behandelt", meint Dechelotte vielsagend. Denn wie bei der Klub-WM der Fußballer in den USA geht es auch beim Esports World Cup um mehr als Sport. Es geht um Sichtbarkeit, Image, Geld - und eine Menge Einfluss auf internationalem Parkett.
Quelle: Reuters
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