Fall Liebich :SPD gegen Änderung von Selbstbestimmungsgesetz
Der Fall von Neonazi Sven alias Marla-Svenja Liebich löst eine Debatte über das Selbstbestimmungsgesetz aus. Die Union will eine Reform, die SPD hält dagegen.
Marla-Svenja Liebich muss am Freitag eine Haftstrafe antreten - in einem Frauengefängnis?
Quelle: dpaBundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) drängt vor dem Hintergrund des Falls Marla-Svenja Liebich auf eine Reform des Selbstbestimmungsgesetzes, das seit 1. November 2024 in Kraft ist.
Der Neonazi Sven Liebich wurde 2023 wegen Volksverhetzung und Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Als das Selbstbestimmungsgesetz Ende vergangenen Jahres in Kraft trat, ändert Liebich den Geschlechtseintrag durch eine einfache Erklärung beim Standesamt, nennt sich nun Marla-Svenja Liebich. Gutachten oder Gerichtsverfahren braucht es nach dem Selbstbestimmungsgesetz dafür nicht.
Aus dem Archiv: Seit 2024 kann jeder Mensch seinen Geschlechtseintrag und seinen Vornamen ändern lassen. Psychiatrische Gutachten sind dafür nicht mehr erforderlich.
01.11.2024 | 3:10 minDobrindt will Gesetz reformieren
Der verurteilte Rechtsextremist Liebich, der queere Personen als "Parasiten der Gesellschaft" bezeichnet hatte und gegen "Schwuletten" hetzte, ändert mit dem Geschlechtseintrag auch die Haftbedingungen: Marla-Svenja Liebich erhält eine formelle Benachrichtigung zum Haftantritt im Frauengefängnis Chemnitz.
Der Fall ist für Dobrindt ein Beispiel für den sehr simplen Missbrauch des Selbstbestimmungsgesetzes. Genau davor sei immer gewarnt worden. Dobrindt sagt:
Es braucht jetzt eine Debatte darüber, wie wieder klare Regeln gegen den Missbrauch des Geschlechterwechsels verankert werden können
Alexander Dobrindt, CSU
Auch Familienministerin Karin Prien (CDU) verweist darauf, dass das Selbstbestimmungsgesetz in seiner jetzigen Ausgestaltung Schwächen enthalte, die gezielten Missbrauch begünstigen können.
Aus dem Archiv: Andrea Lindholz (CSU) kündigte bereits 2024 an, das Selbstbestimmungsgesetz ab 2025 teils wieder zu ändern.
12.04.2024 | 0:34 minSPD wendet sich gegen Dobrindt-Vorstoß
Der Koalitionspartner hält dagegen. Die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Carmen Wegge, sagt ZDFheute:
Mit der SPD wird es keine Änderungen am Selbstbestimmungsgesetz geben.
Carmen Wegge, SPD
Im Koalitionsvertrag ist eine Evaluationsfrist des Selbstbestimmungsgesetzes bis zum 31. Juli 2026 vereinbart. Danach würden die Sozialdemokraten höchstens Verbesserungen bei der rechtlichen Stellung von trans-, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen unterstützen.
"Es wird wegen einer Person keine Rolle rückwärts geben", sagt Wegge. Menschen dürften nicht wieder diskriminierenden Begutachtungsverfahren ausgesetzt sein. Zudem gehe es bei Gefängnisaufenthalten immer um den Einzelfall.
Beim Thema Selbstbestimmung treffen bei "Sag’s mir" zwei Meinungen aufeinander. Wie frei sollte die Wahl der Geschlechtsidentität sein? Welche Folgen hat das neue Gesetz für unsere Gesellschaft?
13.11.2024 | 23:45 minLiebich ab Freitag im Frauengefängnis?
Tatsächlich kann die Chemnitzer Justizvollzugsanstalt eine Verlegung Liebichs anstreben. Etwa, wenn beim Aufnahmegespräch festgestellt wird, dass Liebichs Inhaftierung im Frauengefängnis die Sicherheit anderer Gefangener beeinträchtigt.
Am Freitagabend soll Liebich die Haft antreten. Und die Koalition debattiert die Zukunft des Selbstbestimmungsgesetzes.
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