USA-Austausch: Was Studierende in Deutschland denken
Pläne von Studierenden:US-Austausch: "Gehe nicht als Touristin hin"
von Matheo Berndt
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Studierende in Deutschland, die ein Auslandssemester in den USA planen, sind von den politischen Entwicklungen unmittelbar betroffen. Wie denken sie über ihr Zielland?
Ausländische Studenten können wieder Visa für die USA beantragen, das teilte das US-Außenministerium mit. Aber nur, wenn sie ihre Social-Media-Konten zur Überprüfung freigeben. Das schreckt manche ab.19.06.2025 | 1:50 min
Der Papierkram ist erledigt, die Reiseplanung steht, im August geht der Flieger: Nina tritt ihr Auslandssemester im US-Bundesstaat Oklahoma an. Ihr Plan dafür reicht deutlich weiter zurück als die Bewerbungsfrist im November: "Ich wollte schon als Schülerin in die USA reisen", erklärt sie, "das hat damals wegen Corona nicht geklappt."
Jetzt ist die Reise zum Greifen nahe. Das Visum hatte sie bereits in der Tasche, bevor das US-Außenministerium die Visa-Termine für Auslandsstudierende im Mai vorerst aussetzte.
"Das College-Leben, die sportlichen Aktivitäten, die Communities - eben das Bild, das einem so vermittelt wird, hat mich immer angesprochen", sagt Nina. Oklahoma als Zielstaat steht bei vielen Studierenden allerdings nicht ganz oben auf der Liste.
Ich finde es aber gerade als Politik-Studentin interessant, nicht unbedingt in einen reinen Touristenstaat zu fliegen, sondern wirklich ins Land rein, um die Leute kennenzulernen.
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Nina, Politik-Studentin
Die USA haben die Bearbeitung von Visa für ausländische Studierende wieder aufgenommen. Interessierte müssen ab sofort der Überprüfung ihrer Social-Media-Kanäle zustimmen.19.06.2025 | 0:26 min
Sorgen um Einreise in die USA
Beliebter sind häufig Küstenstaaten wie Kalifornien oder New York, beobachtet Tina Bebensee aus dem Auslandsbüro der Universität Konstanz. Sie koordiniert dort die Nordamerika-Auslandsaufenthalte und beobachtet unter den Studierenden eine gemischte Stimmung: Viele seien beunruhigt, das Interesse bestehe aber.
Die USA wollen wieder Termine für Visa-Interviews mit ausländischen Studienanwärtern ansetzen. Das kündigte das US-Außenministerium am Mittwoch (Ortszeit) an. Antragsteller müssen sich allerdings künftig einer stärkeren Überprüfung ihrer Online-Aktivitäten unterziehen
Visa-Bewerber sollen die Privatsphäre-Einstellungen ihrer Social-Media-Profile entsprechend auf «öffentlich» anpassen. Verweigern sie dies, können sie abgelehnt werden. Betroffen sind laut Ankündigung des Außenministeriums Personen, die Visa der Kategorien F, M und J beantragen wollen. Diese gelten etwa für Studierende, Austauschschüler und Au-pairs. Die Richtlinie gilt den Angaben nach unabhängig von der jeweiligen Studieneinrichtung.
Laut US-Außenministerium schaue man nach Beiträgen oder Nachrichten, die den Vereinigten Staaten, ihrer Regierung, Kultur, Institutionen und Gründungsprinzipien gegenüber als feindselig eingestuft werden können. Die "Washington Post" berichtete zudem, dass auch Posts, die "ausländische Terroristen" unterstützten oder durch antisemitische Taten auffielen, ausfindig gemacht werden sollten. Nach Angaben der Zeitung sollen die neuen Verfahren innerhalb von fünf Arbeitstagen beginnen. "Politico" zufolge soll nicht nur das Auftreten der Antragssteller in sozialen Medien überprüft werden - auch die Präsenz im Netz im Allgemeinen soll einbezogen werden. Das umfasse etwa auch Informationen in Online-Datenbanken, hieß es. (Quelle: dpa, AP)
Studierende, die ihren Auslandsaufenthalt absagen, gebe es. Das betreffe an ihrer Uni seit Aussetzung der Terminvergabe zwei von sechzehn Personen.
Hunderte Visa hat die US-Regierung schon annulliert, mehrere Studierende verhaftet. Wer sich propalästinensisch oder israelkritisch äußert, kann ins Visier der Behörden geraten.16.04.2025 | 1:31 min
"Der Beratungsbedarf hat sich nicht unbedingt in der Zahl erhöht, sondern eher in der Tiefe", erklärt die Koordinatorin. Im Kern stehen dabei vor allem Sorgen um die Einreise und um Kostenerhöhungen in Folge der Zollpolitik Donald Trumps. Ihrer Einschätzung nach laufen die bereits gebuchten Visa-Termine unverändert ab. "Aufgrund der Medienberichterstattung gehen die Studierenden aber natürlich mit einem anderen Gefühl da rein."
Zweifel am studentischen Botschaftsauftrag
Zu den Konstanzer Studierenden, die sich gegen einen Aufenthalt entschieden haben, gehört Maya Iven. Sie studiert Psychologie und wollte ebenfalls im August abreisen. Ihr Semester an der Stony Brook University in New York sagte sie im März ab.
Die Zweifel haben sich langsam angehäuft, erklärt sie, und nennt etwa den Austritt der USA aus der World Health Organisation (WHO): "Das fand ich sehr krass, weil ich später im Beruf in die Gesundheitspsychologie gehen möchte und die WHO da eine wichtige Institution ist."
Die Trump-Regierung hat Gelder für wissenschaftliche Programme gestoppt. Betroffen davon ist auch das Deutsch-amerikanische Institut. Jetzt ist unklar, wie die Forschung weitergeht und wo die Forscher arbeiten können.14.04.2025 | 2:00 min
Im Studium habe sie zuvor oft den Eindruck der USA als "Land der offenen Forschung" bekommen. Auch sie hatte das Reiseziel schon lange im Blick, war bereits während der Schulzeit zum Austausch in Oregon. "Die Uni hat uns gesagt, dass man auch Botschafterin ist, um die deutsch-amerikanischen Beziehungen zu pflegen", erzählt Maya Iven.
Natürlich ist es nicht der richtige Weg, sich komplett zurückzuziehen und sich nicht mehr für die Zusammenarbeit einzusetzen, aber es hat sich irgendwie nicht mehr richtig angefühlt.
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Maya Iven, Psychologie-Studentin
US-Präsident Donald Trump übt Druck auf Universitäten aus. Milliarden-Zuschüsse für die Elite-Uni Harvard hat er eingefroren. Welche Konsequenzen hat das für Lehre und Forschung? 15.04.2025 | 32:33 min
Mit den US-Partnern im Gespräch bleiben
Auch im Konstanzer Auslandsbüro bemüht man sich, die Beziehungen aufrechtzuerhalten: Zum Zeitpunkt des Visa-Terminstopps besuchte Tina Bebensee in den USA eine Konferenz mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Austauschbetrieb. Sie betont:
Ich glaube, es ist wichtiger denn je, ins Gespräch zu kommen und den Zusammenhalt zu versichern.
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Tina Bebensee, Auslandsbüro Uni Konstanz
Für Nina geht es in die letzten Reisevorbereitungen. "Ich glaube, dass ich die Zeit toll finden werde und ich weiß, dass die Uni in den USA die Austauschstudenten sehr schätzt." Als klassisches Urlaubsziel hätte sie die USA dieses Jahr eher nicht gebucht, "aber ich gehe ja auch nicht als Touristin hin."
Ein wenig gedämpft ist ihre Stimmung dennoch: "Ich finde es ein bisschen schade, sich darauf zu freuen, um dann in ein Land zu reisen, in dem die Regierung einen gerade maximal duldet."
Traum oder Risiko? Viele deutsche Studierende entscheiden sich für die USA - doch die Unsicherheit unter der Trump-Regierung ist groß. ZDFheute hat mit einigen gesprochen.