Klage gegen Rundfunkbeitrag: Rechtsstreit geht in nächste Runde

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:Rechtsstreit um Rundfunkbeitrag geht in die nächste Runde

von Leon Fried

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Eine Frau aus Bayern hatte gegen den Rundfunkbeitrag geklagt, weil sie das Programm für unausgewogen hält. Das Verwaltungsgericht verwies den Fall nun zurück an die Vorinstanz.

Im Bild der Eingang des ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice auf dem WDR-Gelände in Köln Bocklemünd

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einer Klage gegen den Rundfunkbeitrag beschäftigt. Der Rechtsstreit geht in eine weitere Runde.

15.10.2025 | 1:41 min

Der Rechtsstreit um den Rundfunkbeitrag ist nicht beendet - und doch war es ein Grundsatzurteil, das das Bundesverwaltungsgericht heute in Leipzig gesprochen hat. Geklagt hatte eine Frau aus Bayern, die der Meinung ist, sie müsse den Rundfunkbeitrag nur dann bezahlen, wenn die Sender anders - nämlich aus ihrer Sicht ausgewogener - berichteten.

Vor den bayerischen Verwaltungsgerichten war sie mit dem Anliegen gescheitert, ihren Beitrag so lange zurückhalten zu dürfen, bis die Sender die Berichterstattung in ihrem Sinne geändert haben.

Die Richter am Bundesverwaltungsgericht mussten nun die Frage beantworten, ob die Justiz überhaupt kontrollieren darf, ob die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Programmauftrag erfüllen. Sie haben sie mit ja beantwortet. Und damit werden künftig Gerichte, die mit Klagen gegen den Rundfunkbeitrag konfrontiert werden, prüfen müssen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk vielfältig und ausgewogen berichtet.

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Kontrolle bislang durch Rundfunk- und Fernsehräte

Bislang war das anders: Wieder und wieder haben die Verwaltungsgerichte solche Klagen zurückgewiesen. Immer mit dem Argument, dass für die Kontrolle des Programms der öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht die Gerichte zuständig sind, sondern die senderinternen Aufsichtsgremien.

Und tatsächlich entzog sich die Berichterstattung von ARD, ZDF und Deutschlandradio auch bislang nicht jeglicher Kontrolle. Wer unzufrieden damit war, wie in einer bestimmten Sendung berichtet wurde, konnte sich stets mit einer Programmbeschwerde an den Rundfunk- beziehungsweise Fernsehrat des jeweiligen Senders wenden - und kann das auch weiterhin tun.

Bundesverwaltungsgericht verweist Fall zurück an Vorinstanz

Dort sitzen Vertreter der Allgemeinheit, die etwa von Kirchen, Gewerkschaften und Sportverbänden entsandt wurden. Sie prüfen die Kritik und entscheiden, ob gegen Programmgrundsätze verstoßen wurde. Werden Mängel in der Berichterstattung festgestellt, können die Aufsichtsgremien den Senderverantwortlichen auch Maßnahmen empfehlen, mit denen verhindert werden soll, dass sich Fehler wiederholen.

Aus Sicht der Vorinstanzen eine ausreichende Kontrollinstanz. Zumal die Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes den Sendern garantiert, dass ihnen niemand in die Programmgestaltung hereinredet. Das Bundesverwaltungsgericht sieht das anders und hat den Fall der Klägerin aus Bayern an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Der muss nun prüfen, ob an der Behauptung, der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfülle seinen Auftrag nicht, etwas dran ist.

Richter bestimmen hohe Hürden

Für die Klägerin aus Bayern ist das einerseits ein Erfolg. Sie hat nun die Möglichkeit, vor Gericht nachzuweisen, dass ihre Kritik an den Sendern zutrifft. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht auch hohe Hürden bestimmt, die Kläger überwinden müssen, um diesen Nachweis zu erbringen. Dazu müssten sie aufzeigen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag in seiner Breite verfehlt. Der Vorsitzende Richter Ingo Kraft erklärte:

Die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrages ist erst dann infrage gestellt, wenn das […] Gesamtangebot aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter über einen längeren Zeitraum evidente und regelmäßige Defizite der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt erkennen lässt.

Ingo Kraft, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht

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Am Ende müsste das Verfassungsgericht entscheiden

Dass es Kritikern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gelingen wird, diesen Nachweis zu erbringen, hält der Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Rolf Schwartmann, für unwahrscheinlich. Das heutige Urteil sei deshalb zwar interessant und enthalte Grundsätzliches. Es werde aber vermutlich ohne große Auswirkungen bleiben, weil Klagen gegen den Rundfunkbeitrag auch unter den neuen Maßstäben scheitern dürften.

Das letzte Wort hätte in der Auseinandersetzung über Programmvielfalt und Rundfunkbeitrag ohnehin das Bundesverfassungsgericht. Dort müsste entschieden werden, ob für den Fall, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegen seinen Programmauftrag verstieße, auch die Pflicht der Beitragszahler entfiele, den Rundfunkbeitrag zu zahlen.

Leon Fried arbeitet in der ZDF-Fachredaktion Recht und Justiz.

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