Klage gegen Rundfunkbeitrag: Bundesverwaltungsgericht entscheidet

Bundesverwaltungsgericht entscheidet:Klage gegen Rundfunkbeitrag: Urteil erwartet

von Leon Fried

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Eine Frau aus Bayern klagt gegen den Rundfunkbeitrag, weil das Programm aus ihrer Sicht unausgewogen ist. Nun urteilt erstmals das Bundesverwaltungsgericht über einen solchen Fall.

Im Bild der Eingang des ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice auf dem WDR-Gelände in Köln Bocklemünd

Am Bundesverwaltungsgericht fällt das Urteil zum Rundfunkbeitrag. (Symbolbild)

Quelle: action press

Dass sich öffentliche Institutionen gelegentlich vor Gericht wiederfinden, ist für sich genommen nichts Ungewöhnliches. Ganz im Gegenteil: Wer glaubt, in seinen Rechten verletzt zu werden, hat die Möglichkeit, die Sache von der Justiz überprüfen zu lassen - rechtsstaatliches Tagesgeschäft ist das. Und so klagen regelmäßig Bürgerinnen und Bürger vor den Verwaltungsgerichten etwa gegen die Bundesrepublik Deutschland oder den Freistaat Bayern.

Und doch unterscheidet sich der Fall "Brigitte H. gegen den Bayerischen Rundfunk" von den vielen anderen Klagen, über die das Bundesverwaltungsgericht tagtäglich zu entscheiden hat. Denn die Richter haben die Frage zu beantworten, ob die Justiz künftig überprüfen muss, was sich bisher gerichtlicher Kontrolle entzog: Das Programm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Vielfältiges Programmangebot rechtfertigt Rundfunkbeitrag

Das verfehlt nach Ansicht der Klägerin Brigitte H. seinen gesetzlichen Auftrag. Es biete "Meinungseinfalt statt Meinungsvielfalt", zensiere abweichende Meinungen, so die Kritik. Um Einfluss auf die Programmgestaltung der Sender zu nehmen, meinte H., einen Hebel gefunden zu haben: den Rundfunkbeitrag. Dessen Zahlung verweigerte sie in den Jahren 2021 und 2022 für einige Monate.

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Zu Recht, findet die Klägerin aus Bayern und beruft sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018. Das hatte damals entschieden: Dass sich grundsätzlich jeder Haushalt an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligen muss, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Pflicht, den Rundfunkbeitrag zu zahlen, ergebe sich daraus, dass jede und jeder die Möglichkeit hat, ein vielfältiges Programmangebot zu nutzen. Ein "individueller Vorteil" sei das.

Schon jetzt Möglichkeit der Programmbeschwerde

Weil es aus ihrer Sicht mangels Vielfalt an diesem Vorteil fehle, müsse sie auch nichts zahlen, befand Brigitte H. Gegen einen Beitragsbescheid des Bayerischen Rundfunks klagte sie vor den Verwaltungsgerichten. Die entschieden wie nahezu alle Gerichte, die sich bisher mit Klagen gegen den Rundfunkbeitrag befassen mussten - sie wiesen die Klage ab. Die Begründung: Für die Kontrolle des Programms der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind nicht die Gerichte zuständig, sondern die Aufsichtsgremien der Sender.

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Und tatsächlich entzieht sich die Berichterstattung von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht jeglicher Kontrolle. Wer unzufrieden damit ist, wie in einer bestimmten Sendung berichtet wurde, kann sich mit einer Programmbeschwerde an den Rundfunk- beziehungsweise Fernsehrat des jeweiligen Senders wenden.

Grundsatzurteil erwartet

Dort sitzen Vertreter der Allgemeinheit, die etwa von Kirchen, Gewerkschaften und Sportverbänden entsandt wurden. Sie prüfen die Kritik und entscheiden, ob gegen Programmgrundsätze verstoßen wurde. Werden Mängel in der Berichterstattung festgestellt, können die Aufsichtsgremien den Senderverantwortlichen auch Maßnahmen empfehlen, mit denen verhindert werden soll, dass sich Fehler wiederholen.

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Vor dem Bundesverwaltungsgericht stellt sich nun die Frage, ob diese Form der Kontrolle ausreichend ist oder ob nicht auch Richter überprüfen müssten, inwieweit der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Auftrag gerecht wird. Es dürfte ein Grundsatzurteil werden. Nicht, weil zu erwarten wäre, dass die Richter sich ausführlich zu der inhaltlichen Programmkritik der Klägerin äußern werden. Damit ist nicht zu rechnen. Aber erstmals wird das höchste Verwaltungsgericht Maßstäbe bilden, wie mit Klagen gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umzugehen ist.

Denkbar sind unterschiedliche Szenarien: Die Richter könnten entscheiden, dass sich das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender ganz im Sinne der grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit gerichtlicher Kontrolle entzieht und die Klage abweisen. Sie könnten den Fall aber auch an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverweisen, mit dem Auftrag, zu prüfen, ob in der Breite des Programms ausgewogen berichtet wird. Angesichts der Vielzahl öffentlich-rechtlicher Fernseh-, Hörfunk- und Onlineangebote wäre das eine Mammutaufgabe.

Leon Fried arbeitet in der ZDF-Fachredaktion Recht und Justiz.

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