Interview
Steigender Eigenanteil für Pflege:Warken will Kostenexplosion in Heimen stoppen
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Die Eigenanteile für Pflege im Heim sind erneut gestiegen. Bundesgesundheitsministerin Warken will das stoppen. Die Länder sollten handeln, und Strukturreformen seien erforderlich.
Pflegebedürftige und ihre Familien müssen immer höhere Summen zum Bezahlen eines Heimplatzes stemmen - Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dringt nun auf Entlastung.
Mein Ziel ist, den rasanten Anstieg der Eigenanteile zu stoppen.
Nina Warken, Bundesgesundheitsministerin
"Vor allem die Kosten der Unterbringung sind teurer geworden, ebenso das Bauen", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Warken: Auflagen für Bau von Heimen häufig zu streng
Die Ministerin nahm dabei auch Bundesländer in die Pflicht: "Zu häufig werden Investitionskosten auf Bewohnerinnen und Bewohner abgewälzt. Außerdem sind die Auflagen fürs Bauen von Heimen häufig zu streng."
Hier müssten die Länder ihre Vorschriften und Standards überprüfen, mahnte Warken. In einem neuen Pflegekompetenzgesetz sollen zudem Möglichkeiten neuer Wohnformen gefördert werden.
Eigenanteil für Heimpflege bundesweit deutlich gestiegen
Eine Auswertung des Verbandes der Ersatzkassen hatte ergeben, dass die Pflege im Heim für Bewohnerinnen und Bewohner noch teurer geworden ist.
Die Zahlungen aus eigener Tasche während des ersten Jahres in der Einrichtung überschritten jetzt im bundesweiten Schnitt die Marke von 3.000 Euro im Monat. Mit Stand 1. Juli waren durchschnittlich 3.108 Euro fällig. Das sind 124 Euro mehr als zum 1. Januar und 237 Euro mehr als zum 1. Juli 2024.
Die Ministerin unterstrich generellen Reformbedarf bei der Pflegeversicherung, die eine große Errungenschaft sei:
Mittlerweile klaffen Einnahmen und Ausgaben aber eklatant auseinander. So kann es nicht weitergehen.
Nina Warken, Bundesgesundheitsministerin
Eine dazu eingesetzte Reformkommission soll Vorschläge erarbeiten. "Ende des Jahres rechne ich mit den Ergebnissen", betonte Warken.
Aus ihrer Sicht müsse aber auch die private Vorsorge eine größere Rolle spielen. "Die Pflegeversicherung wird auch in Zukunft nur einen Teil der Kosten abdecken können."
Patientenschützer: Bund muss Schulden bei Pflegekasse begleichen
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte, Pflegebedürftige könnten nicht auf eine Strukturreform warten. Die Bundesregierung müsse jetzt ihre Schulden bei der Pflegekasse begleichen, sagte Vorstand Eugen Brysch.
Dazu zählten Lasten von 5,5 Milliarden Euro aus der Corona-Krise und jährlich 3,5 Milliarden Euro für Rentenversicherungsbeiträge pflegender Angehöriger.
So sollten die Länder Ausbildungs- sowie Investitionskosten vollständig übernehmen.
Gefordert ist ein Ende des Schwarze-Peter-Spiels zwischen dem Bund und den Ländern.
Eugen Brysch, Deutsche Stiftung Patientenschutz
Warken fürchtet weiteren Anstieg der Versicherungsbeiträge
Warken forderte vor anstehenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt zugleich mehr Steuermittel für die Kranken- und Pflegeversicherung: "Mit den aktuellen Haushaltsansätzen ist zu befürchten, dass im neuen Jahr die Beiträge sowohl in der gesetzlichen Krankenversicherung als auch in der Pflegeversicherung steigen werden."
Due Gesundheitsministerin verwies auf das Koalitionsziel, die Sozialbeiträge stabil zu halten. "Diese Sozialversicherungen verdienen mehr Haushaltsmittel, auch um die Zeit zu überbrücken, bis strukturelle Reformen greifen können."
Quelle: dpa
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