Landarztquote:Trotz Anreiz: Warum es an Ärzten fehlt
Die Landarztquote soll die ärztliche Versorgung auf dem Land sichern. Ende des Jahres feiern die ersten Absolventen ihre Approbation. Liest sich gut, wird aber nicht reichen.
Zur Bekämpfung des Ärztemangels in ländlichen Regionen bietet Nordrhein-Westfalen ein Landarztprogramm an. Junge Menschen können auch ohne Top-NC Medizin studieren, wenn sie sich verpflichten, Landarzt zu werden.
04.09.2025 | 1:57 minDer Hausarzt als erste Anlaufstelle für alles: In den Plänen der Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zum sogenannten Primärarztmodell spielen Hausärzte eine zunehmend größere Rolle. Im Zuge der beschlossenen Krankenhausreform wird die ambulante Versorgung ohnehin noch wichtiger.
Über 40 Prozent sind kurz vor dem Ruhestand
Dafür bräuchte es dringend frisches Personal in den Praxen. Die Bundesärztekammer teilt mit, dass 2024 rund 27.000 der praktizierenden Hausärzte 60 Jahre oder älter waren. Das entspricht über 40 Prozent. Fast jeder fünfte war sogar älter als 65.
Niedergelassene Ärzte und Ärztinnen sind deutlich über die Ruhestandsgrenze hinaus in der Patientenversorgung tätig. Das betrifft alle Fachrichtungen, insbesondere aber die Allgemeinmediziner.
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung
Viele Hausärzte machen weiter, um die Versorgung in ihrem Ort nicht zu riskieren. Denn Nachwuchs ist rar. Im letzten Jahr waren weit weniger als zehn Prozent der Hausärzte jünger als 40 Jahre alt. Einen Nachfolger für die eigene Hausarztpraxis zu finden, ist vielerorts ein Ding der Unmöglichkeit. Vor allem auf dem Land.
Junge Ärztinnen und Ärzte zieht es oft in die Städte – auf dem Land fehlen jedoch Haus- und Fachärzte. Der Ansturm auf die wenigen Praxen ist groß, Termine zu bekommen schwierig.
22.05.2025 | 1:29 minLandarztquote soll helfen
Auf Dauer kann das nicht gutgehen. Das hat die NRW-Landesregierung schon vor vielen Jahren erkannt.
Die Allgemeinmedizin ist die Basisversorgung. Die brauchen wir in jedem Dorf und in jedem Stadtteil. Die muss flächendeckend sichergestellt werden.
Karl-Josef Laumann, CDU, NRW-Gesundheitsminister
Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen daher die Landarztquote ins Leben gerufen. Im Wintersemester 2019/2020 haben erstmals Studierende auch ohne Bestnoten im Abitur einen Medizin-Studienplatz erhalten. Im Gegenzug verpflichteten sich die angehenden Ärzte dazu, später mindestens zehn Jahre lang in einer unterversorgten Region zu praktizieren. Zum Beispiel auf dem Land.
Auf den ersten Blick ist die Landarztquote ein Erfolgsmodell, die Nachfrage groß: Auf jeden freien Studienplatz kommen zehn Bewerbungen. In dem anstehenden Wintersemester beginnt die eintausendste Studentin in NRW ihr Medizin-Studium im Rahmen des Landarzt-Programms. Ein weiterer Meilenstein: Die ersten Studenten beenden noch in diesem Jahr ihr Studium und sollen umgehend in der ambulanten Versorgung unterstützen.
Der Ärztemangel im ländlichen Raum ist deutlich spürbar, Patienten müssen oft weite Wege in Kauf nehmen. Im nordthüringischen Greußen gibt es nur noch einen Hausarzt für fast 6.000 Einwohner.
28.05.2025 | 1:58 minZu wenige Medizin-Studienplätze
Der Haken an der Sache: Es sind nur 190 Mediziner jährlich. Wohlgemerkt: für ganz Nordrhein-Westfalen. Das entspricht 7,8 Prozent aller Medizin-Studenten. Mehr geht nicht.
Ich hätte auch lieber eine höhere Landarztquote. Aber die Länder dürfen nur diesen bestimmten Anteil der Studienplätze an öffentlichen Universitäten im Landesinteresse vergeben.
Karl-Josef Laumann, CDU, NRW-Gesundheitsminister
Doch selbst wenn die Landarztquote höher wäre, würde der Kuchen gleich groß bleiben. Denn die Zahl der Medizin-Studienplätze steigt durch die Landärzte nicht. Es wird lediglich ein Teil der Absolventen fest für die Hausarzttätigkeit auf dem Land eingeplant.
Neben Hausärzten mangelt es hierzulande auch in anderen Bereichen an Medizinern. Dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung zufolge fehlen bis 2040 rund 50.000 Ärzte.
Niklas aus Thüringen studiert Medizin. Die Eltern sind Sozialpädagogen; er braucht BAföG. Im Praktikum empfiehlt er Patienten gesunde Ernährung, er selbst kann sie sich nicht leisten.
13.10.2024 | 27:13 minNur die Quote reicht nicht
Experten bezweifeln, dass die Landarztquote allein ausreichen wird, um die ambulante Versorgung zu gewährleisten.
Die Landarztquote kann nur ein Baustein neben einer Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sein.
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung
Neben Zuwanderung von Ärzten aus dem Ausland bräuchte es mehr Medizin-Studienplätze. Auch wenn die teuer sind. Die Ausbildung eines Arztes kostet das Land bis zu 250.000 Euro.
Markus Aust ist Reporter im ZDF-Studio in Nordrhein-Westfalen.
Die Landarztquote wurde im Wintersemester 2019/20 als erstes in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Rund acht Prozent der Medizin-Studienplätze werden an Studenten vergeben, die sich dazu verpflichten, für mindestens zehn Jahre als Hausarzt zu arbeiten.
Der konkrete Ort der Arztpraxis ist innerhalb von NRW frei wählbar, muss aber in einer unterversorgten Region, in der Regel auf dem Land, liegen. Bei Vertragsbruch droht eine Strafzahlung in Höhe von 250.000 Euro. Mittlerweile haben zehn weitere Bundesländer ähnliche Modelle für das Medizin-Studium eingeführt.
Mehr Nachrichten zum Gesundheitssystem
- mit Video
- Interview
Milliardenloch der Krankenkassen:DAK-Chef Storm: "Dramatische Finanzlage"
- Interview
Ärztepräsident Reinhardt:Erst zum Hausarzt, dann zum Facharzt
von Svenja Dohmeyer - mit Video
Kliniken und Praxen im Kriegsfall:"Gesundheitswesen nicht ausreichend vorbereitet"
von Dorthe Ferber