AfD-Politiker Krah als Zeuge im Spionageprozess um Ex-Mitarbeiter

Zeuge im Spionageprozess:AfD-Mann Krah: Widersprüche und neue Seiten

Nicole Diekmann
von Nicole Diekmann
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Im Spionageprozess um seinen ehemaligen Mitarbeiter Jian G. hat heute der AfD-Politiker Maximilian Krah als Zeuge ausgesagt. Mit erstaunlichen Erinnerungslücken - und Details.

Maximilian Krah

Der AfD-Politiker Maximilian Krah sagte als Zeuge im Spionageprozess gegen einen Ex-Mitarbeiter aus. Seit Mai laufen aber auch Ermittlungen gegen ihn selbst, unter anderem wegen Bestechlichkeit.

Quelle: AFP

Man kann viel über Maximilian Krah sagen - aber nicht, dass er die Öffentlichkeit scheuen würde. Der skandalumwitterte AfD-Mann tritt normalerweise sogar dann vor die Presse, wenn es schlecht für ihn läuft.

So gab er noch ein letztes Mal bereitwillig Auskunft, als er als Spitzenkandidat für die Europawahl 2024 für den Rest des Wahlkampfes aus dem Rampenlicht verschwinden musste. Letzter Auslöser dafür war ein Interview, in dem er die Verbrechen der SS relativiert hatte. Eine Entgleisung, die eine Kaskade von Problemen auslöste: Marine Le Pen zitierte AfD-Chefin Alice Weidel nach Paris, las ihr die Leviten und schmiss die AfD kurz darauf aus der gemeinsamen Fraktionsgemeinschaft im Europaparlament.

Krah wiederum verließ kurz drauf den AfD-Parteivorstand und wurde nach der Wahl von seiner eigenen Partei aus der Brüsseler Delegation geworfen. Auch diesen Schritt erläuterte er noch bereitwillig vor der Presse.

Krah sagt im Spionageprozess gegen Ex-Mitarbeiter aus

Heute aber präsentierte Krah eine bisher unbekannte Seite von sich: die unsichtbare. Weder vor noch nach seiner Zeugenvernehmung im Spionageprozess um seinen ehemaligen Mitarbeiter im EU-Parlament sprach der ehemalige EU- und mittlerweile Bundestagsabgeordnete vor den aufgebauten Kameras. Seine knappe Begründung gegenüber dem ZDF in einer Textnachricht: Er wolle der "Wahrheitsfindung nicht vorgreifen" und sei "selbst sehr an umfassender Aufklärung interessiert".

05.08.2025, Sachsen, Dresden: Der Hauptangeklagte Jian G. (2.v.r.) wird vor Prozessbeginn in den Gerichtssaal geführt.

Ein früherer Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah soll für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben. Seit heute steht er vor dem Oberlandesgericht Dresden.

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Womöglich ist das so. Womöglich aber hatte Krah dabei auch (noch) etwas anderes im Hinterkopf: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt seit Mai gegen ihn wegen Bestechlichkeit als EU-Abgeordneter und wegen Geldwäsche im Zusammenhang mit chinesischen Zahlungen.

Heute aber ging es um Krahs ehemaligen Mitarbeiter, den Deutsch-Chinesen Jian G.: Ihm wirft der Generalbundesanwalt vor, als Assistent in Krahs damaligem Abgeordnetenbüro im Europäischen Parlament von 2019 bis 2024 Informationen gesammelt und teilweise vertrauliche Dokumente an chinesische Stellen weitergereicht zu haben. Der als chinafreundlich geltende Krah will davon nichts gewusst haben.

AfD-Mann ungewohnt zurückhaltend

Zu Beginn seiner Vernehmung versuchte Krah, sich auf ein Aussageverweigerungsrecht zu berufen. Dies gab er aber schnell auf, nachdem ihm der Vorsitzende Richter eine anderslautende Auffassung der Rechtslage entgegengesetzt hatte. Es folgten gut zwei Stunden Befragung, die der Richter mit Blick auf die anwesende Presse und Krahs übliches Gebaren mit den Worten angekündigt hatte, sie könnten "trockener ausfallen, als alle es sich erhoffen".

Tatsächlich saß da im Oberlandesgericht Dresden zunächst ein Krah, der wenig an den Social-Media-gewieften Mann erinnerte, der sich gern mal mit Zigarre, markigen Sprüchen und überlegenem Lächeln inszeniert. Zunächst saß da ein Mann, der seine Antworten knapp bemaß und die Finger an seinen meist übereinander gelegten Händen nicht lange stillhalten konnte. Zwischendurch knabberte der gern wie ein Dandy rüberkommende, eloquente Krah gar an den Nägeln.

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Mitarbeiter hatten Zugriff auf Krahs EU-Account

Lange währte diese leicht nervöse Zurückhaltung jedoch nicht. Mehrere Male musste Krah in seinen ausschweifenden Ausführungen vom Richter, aber auch von der Generalbundesanwaltschaft gebremst werden. Und zeichnete dabei ein Bild von sich voller Widersprüche: Einerseits das eines Mannes, der sich lieber vom privaten Laptop aus in Sitzungen von EU-Ausschüssen einwählte, weil er der EU-IT nicht vertraut habe.

Andererseits aber, so Krah, habe er das jeweilige Passwort für seinen persönlichen EU-Account inklusive E-Mail-Postfach und Zugriff auf EU-Dokumente in einer Apple-Cloud gespeichert und das neue Passwort mit seinen Mitarbeitern diskutiert, wenn es aufgrund von Sicherheitsbestimmungen aktualisiert werden musste. Ohnehin habe, wie ihm nun während der Befragung klargeworden sei, sein komplettes Team Zugriff auf sein Passwort gehabt.

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Ein Verstoß gegen die Regeln des EU-Parlaments. "Es mag sein, dass ich eine Belehrung unterschrieben habe", räumte Krah (übrigens Jurist), ein. "Das war mir in der Schärfe nicht bewusst." Er "hasse dieses ganz Zeugs" und sei aufgrund der Arbeitsbelastung auf eine Vorsortierung von Mails und Dokumenten durch sein Team angewiesen gewesen.

Krah: Erinnere mich nicht an Treffen mit Jian G.

Auch in anderen Kontexten warfen Krahs Antworten Fragen auf. Einerseits konnte er sich gut an Reisen von teilweise vor über zehn Jahren erinnern; an Zerwürfnisse in seinem Brüsseler Büro, an das Kennenlernen der Ehefrau eines seiner Mitarbeiter. An ein Treffen mit Jian G. in Prag 2024 allerdings kann er sich nicht erinnern. Auf ein solches Treffen aber bezieht sich G. laut Bundeskriminalamt in einem Dossier, in dem sich teils intime Details über Alice Weidel nachlesen lassen.

Er habe ein bildliches Gedächtnis, so Krah, und könne sich an kein Bild von Jian G. erinnern, etwa in einem Prager Café. "Das muss nicht heißen, dass es nicht stattgefunden hat."

Nicole Diekmann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.

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