Steinmeier: Rassismus entgegentreten ist Botschaft von Hanau
Fünf Jahre nach Hanau-Anschlag:Steinmeier mahnt: Rassismus entgegentreten
|
Fünf Jahre nach den Hanau-Morden hat Bundespräsident Steinmeier gemahnt, sich gegen Rassismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit zu stemmen. Die Tat gehe uns alle an.
Vor fünf Jahren hat ein Mann in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Bundespräsident Steinmeier ruft heute dazu auf, sich Rechtsextremismus entgegenzustellen.19.02.2025 | 1:54 min
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat anlässlich des fünften Jahrestages der rassistischen Morde in Hanau die Menschen in Deutschland dazu aufgerufen, gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit entschlossen einzutreten.
Steinmeier sagte bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Hanau für die dort am 19. Februar 2020 ermordeten neun Bürger aus Einwandererfamilien:
Es ist an uns, für ein gutes Miteinander zu sorgen, jeden Tag und immer wieder aufs Neue. Das ist die Botschaft, die wir heute hier aus Hanau in unser Land senden.
„
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Der Täter von damals habe nicht auf alle Bürgerinnen und Bürger abgezielt, aber seine Tat gehe die gesamte Gesellschaft an, sagte der Bundespräsident.
Hanau-Morde "Anschlag auf unsere offene Gesellschaft"
Die rechtsextremistisch motivierten Morde von Hanau "waren ein Anschlag auf unsere offene Gesellschaft und unsere liberale Demokratie - genau wie die vermutlich islamistisch motivierten Anschläge der vergangenen Monate, zuletzt erst vor wenigen Tagen in München", sagte Steinmeier.
Armin Kurtović verlor beim Anschlag in Hanau 2020 seinen Sohn. Wie ist es ihm ergangen? Wie versucht er, mit der Situation zurecht zu kommen? 19.02.2021 | 6:14 min
Der Bundespräsident appellierte an die Politiker und Behörden, die Hintergründe der Tat aufzuklären, eigene Fehler offenzulegen und Konsequenzen zu ziehen. Er bedauere es zutiefst, dass einige Angehörige der Ermordeten nach der Tat den Eindruck hatten, den Staat erst zur Aufklärung drängen zu müssen. Das Vertrauen in den Staat sei "enttäuscht worden". Steinmeier lobte, dass der hessische Landtag auch dank der Beharrlichkeit von Angehörigen einen Untersuchungsausschuss eingerichtet habe.
Dass Menschen wegen ihrer Herkunft, wegen ihrer Hautfarbe unter Generalverdacht gestellt werden, das dürfen wir nicht zulassen in unserem Land.
„
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Der Bundespräsident rief dazu auf, die Erinnerung an die Ermordeten zu pflegen und in der Debatte um ein zentrales Denkmal für sie in Hanau miteinander im Gespräch zu bleiben.
Am 19. Februar 2020 hatte ein Hanauer acht junge Männer und eine junge Frau aus rassistischen Gründen erschossen, anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst.
Hinterbliebene fordern Aufklärung und Konsequenzen
Bei der Gedenkstunde sprachen auch vier Hinterbliebene vor den etwa 400 geladenen Gästen. Sie forderten ebenfalls ein entschiedenes Einschreiten gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit, aber auch weitere Aufklärung der Tatumstände und personelle Konsequenzen. Emis Gürbüz, Mutter des ermordeten Sedat Gürbüz, bekräftigte die Kritik vieler Angehöriger an Versäumnissen von Polizei und Behörden in der Tatnacht und danach.
Der Attentäter Tobias R. eröffnet gegen 21.55 Uhr das Feuer auf die nebeneinander liegenden Shisha-Bars "La Votre" und "Midnight" am Hanauer Heumarkt - drei Menschen sterben: Kaloyan Velkov und Sedat Gürbüz werden in den Innenräumen von Schüssen getroffen, Fatih Saracoglu auf der Straße.
Anschließend fährt der Täter zum Kurt-Schumacher-Platz: Auf dem Parkplatz tötet er Vili Viorel Paun.
In der "Arena Bar & Café" sowie dem angeschlossenen Kiosk schießt R. um sich: Fünf Menschen sterben: Gökhan Gültekin, Mercedes Kierpacz und Ferhat Unvar im Kiosk, Said Nesar Hashemi und Hamza Kenan Kurtovic in der Bar.
Tobias R. macht sich auf den Weg zu seinem Elternhaus in Hanau. Dort tötet er seine Mutter und suizidiert sich. Der Vater bleibt unverletzt.
Zwischen drei und vier Uhr am Morgen des 20. Februar 2020 durchsucht die Polizei das Haus und entdeckt die beiden Leichen.
Tobias R. hat vor der Tat Schriften und ein Video ins Internet gestellt, aufgrund der Inhalte übernimmt noch in der Nacht die Generalbundesanwaltschaft den Fall. - R. äußerte sich islamfeindlich, antisemitisch und rassistisch.
Einem Gutachten des forensischen Psychiaters Henning Saß im Auftrag der Bundesanwaltschaft zufolge litt R. an einer paranoiden Schizophrenie.
Mai 2020: Die Opfer und Hinterbliebenen erhalten von der Bundesregierung insgesamt rund eine Million Euro an Entschädigungsgeldern.
April 2021: Die hessische Landesregierung verleiht dem getöteten Vili Viorel Paun die Medaille für Zivilcourage - Paun hatte den Attentäter mit dem Auto verfolgt und mehrfach den Notruf gewählt, der nicht erreichbar war. Paun wurde schließlich erschossen.
Dezember 2021: Die Bundesanwaltschaft stellt ihre Ermittlungen zu dem Anschlag ein - unter den Angehörigen der Opfer sorgt das Vorgehen für Kritik.
Juli 2021-November 2023: Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasst sich mit dem Anschlag von Hanau - im Abschlussbericht heißt es: "Sowohl vor als auch nach der Tat sind von Behörden Fehler gemacht worden."